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Magnetische Monopole: CERN-Ergebnisse erhärten Verdacht eines asymmetrischen Universums

Sie könnten viele Rätsel des Universums erklären, bloß fehlt von ihnen jede Spur: Am CERN wurden keine einzelnen magnetischen Pole erzeugt. Doch Physiker geben die Hoffnung nicht auf.
Eine Kugel mit Geschwurbel drum herum
Existieren einzelne magnetische Pole? Physiker hoffen darauf.

Die Natur ist nicht so symmetrisch, wie Physiker es gerne hätten. Ein Paradebeispiel dafür liefert der Elektromagnetismus. Während es völlig natürlich wirkt, dass Ladungen einzeln auftauchen (etwa in Form von Elektronen, ohne die es keinen elektrischen Strom gäbe), treten Magnete immer mit ihrem Gegenstück auf. Es scheint keine Möglichkeit zu geben, den Nordpol eines Magneten von seinem Südpol zu trennen. Das bestätigt nun auch eine Untersuchung, die im Fachmagazin »Physical Review Letters« veröffentlicht wurde. In dieser haben Fachleute um Bobby Acharya vom King's College in London die Messdaten von Experimenten am CERN nach magnetischen Monopolen durchsucht – jedoch erfolglos. Damit können sie nun die Eigenschaften dieser hypothetischen Strukturen weiter eingrenzen.

Nicht nur aus Symmetriegründen hoffen Fachleute auf magnetische Monopole. Solche Strukturen könnten sogar tiefer liegende Geheimnisse unserer Welt lüften. So zeigte der Physiker Paul Dirac bereits 1931, dass die Existenz von magnetischen Monopolen erklären würde, warum frei vorkommende elektrische Ladung immer dem Vielfachen einer Elektronenladung entspricht – also gequantelt auftaucht. Dirac hat auch die kleinstmögliche magnetische Ladung berechnet, die 1 gD beträgt (die Einheit gD steht für die so genannte Dirac-Ladung); theoretisch könnte sie aber auch größer sein. Darüber hinaus könnten einzelne magnetische Pole Einblicke in das frühe Universum geben, denn einigen Theorien zufolge entstanden während der beschleunigten Ausdehnung des Kosmos zahlreiche Monopole. Überdies sagen einige spekulative Quantengravitationstheorien einzelne magnetische Ladungen voraus.

»Diese Motivation hat zu einer Reihe von verschiedenen Untersuchungen geführt«, schreibt das Team um Acharya in der aktuellen Veröffentlichung. »Allerdings waren viele dieser Suchen auf kleine magnetische Ladungen beschränkt.« Falls ein Monopol eine starke magnetische Ladung hat, reagiert er stark mit seiner Umgebung: Er kann beispielsweise Teilchen um sich herum ionisieren, wodurch der Monopol selbst Energie verliert und nicht mehr detektiert werden kann. Falls die kleinste magnetische Ladung also recht groß ist, wären Monopole instabil – was erklären würde, weshalb sie bisher noch nie beobachtet wurden.

Hinweise in Teilchenkollisionen

Deshalb hat die Gruppe um Acharya die Messdaten von Experimenten am CERN untersucht, bei denen Bleikerne aufeinandergeschossen wurden. Wenn die Kerne sehr nah aneinander vorbeifliegen, entstehen starke elektromagnetische Felder, die magnetische Monopole erzeugen könnten. 2022 hatten die Fachleute bereits nach solchen Spuren in den Messergebnissen des Large Hadron Collider (LHC) gesucht – und waren leer ausgegangen. Damit konnten sie damals Monopolladungen mit bis zu 10 gD ausschließen. Allerdings könnte es durch den Messaufbau des LHC schnell zu Ionisierungen durch Monopole kommen. Als unempfindlicher gegen diesen Effekt erweisen sich Teilchenkollisionen am Compact Muon Solenoid (CMS), weshalb die Fachleute nun die 2011 dort durchgeführten Experimente unter die Lupe nahmen. In diesen Daten haben sie die Chance, stärkere magnetische Monopole zu finden, die im LHC-Experiment verborgen bleiben würden.

Doch auch die am CMS aufgezeichneten Daten enthalten keine Spur von magnetischen Monopolen. »Wir können mit einem 95-prozentigem Konfidenzintervall die Existenz zusammengesetzter oder punktförmiger magnetischer Monopole mit Massen bis zu 80 Gigaelektronvolt ausschließen – und liefern die stärkste verfügbare Einschränkung für magnetische Ladungen von 2 bis 45 gD«, schreiben die Forschenden. Mit ihrer Analyse haben sie die vermuteten Eigenschaften möglicher Monopole erheblich eingeschränkt. Ganz ausräumen lassen sich die hypothetischen Strukturen dadurch aber nicht; neue Erkenntnisse können nur weitere Experimente liefern.

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  • Quellen
Acharya, B. et al.: MoEDAL search in the CMS beam pipe for magnetic monopoles produced via the Schwinger effect. Physical Review Letters 133, 2024

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