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News: Chemie der Angst

Angst warnt uns vor riskanten Dummheiten - zuviel davon kann jedoch lähmend sein. Dabei entscheidet der Botenstoff Serotonin im Gehirn über das Ausmaß ängstlichen Verhaltens. Fehlt sein Rezeptor unmittelbar nach der Geburt, entwickeln sich Mäuse zu wahren Angsthasen.
Vorsichtig wagt das Mäuschen einen schüchternen Blick aus seinem Bau. Vor ihm liegt eine zu allen Seiten offene Brücke, 50 Zentimeter über dem Erdboden – ein Graus für Dunkelheit-liebende Tiere. Doch die Neugierde überwiegt die Angst, die Maus tastet sich schnuppernd langsam nach vorne – bis es ihr zu unheimlich wird und sie schnell wieder verschwindet.

Mit derartigen Labyrinthen untersuchen Wissenschaftler wie Cornelius Gross und seine Kollegen von der Columbia University in New York das Neugierverhalten von Mäusen. Dabei interessiert die Forscher, welche Substanzen im Gehirn darüber entscheiden, ob sich die Tiere als mutige Helden oder als wahre Angsthasen erweisen.

Bekannt war bereits, dass der Neurotransmitter Serotonin hierbei eine entscheidende Rolle spielt. Tiere, denen das Gen für den Serotonin1A-Rezeptor fehlt, zeigen ihr ganzes Leben ein ausgesprochen ängstliches Verhalten. Bei diesen so genannten Knock-out-Mäusen ist der Rezeptor jedoch ständig abgeschaltet. Damit bleibt unbekannt, welche Rolle der Rezeptor während der Entwicklung der Tiere spielt.

Die Wissenschaftler kreierten daher Mäuse, bei denen das Gen für den Serotonin1A-Rezeptor von dem Antibiotikum Doxycyclin kontrolliert wird. Sobald die Mäuse das Antibiotikum fraßen, schaltete sich – mit einer gewissen Verzögerung – das Gen ab, und der Rezeptor wurde nicht mehr produziert. Dadurch konnten die Forscher die Wirkung eines fehlenden Rezeptors zu verschiedenen Zeitpunkten in der Entwicklung der Tiere testen.

Dabei zeigte sich, dass der Serotonin-Rezeptor offensichtlich nur unmittelbar nach der Geburt darüber entscheidet, ob die Tiere später ein Leben voller Angst erdulden müssen. Fütterten die Wissenschaftler das Gen-blockierende Antibiotikum schwangeren Mäusen, so blieb deren Nachwuchs das ganze Leben lang ängstlich. Schalteten die Forscher dagegen das Gen bei wenige Wochen alten Jungtieren aus, dann entwickelten sich die Tiere völlig normal.

Serotonin scheint somit eine entscheidende Rolle in der Frühphase der Hirnentwicklung zu spielen. Ist die Chemie des Gehirns unmittelbar nach der Geburt gestört, dann kann das dramatische Folgen auslösen, die das gesamte spätere Leben beeinflussen.

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