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News: Chemische Reaktion in Zeitlupe?

Wenn Stoffe miteinander chemisch reagieren, dann tun sie das in aller Regel blitzschnell, sodass man bislang kaum eine Chance hatte, den Prozess zu beobachten. Mit äußerst kurzen Lichtpulsen wollen Wissenschaftler nun festgestellt haben, wie sich die Elektronen eines Sauerstoffmolekül umgruppiert haben.
Chemie ist, wenn es blitzt, knallt und stinkt. Zwar zeigt nicht jede chemische Reaktion diese charakteristischen Begleiterscheinungen, aber viele künden doch mit plötzlichen Ereignissen von ihrer vollzogenen Reaktion. Und was sich im Großen jäh und schlagartig vollzieht, ist auf atomarer Ebene erst recht ein schneller Prozess. So finden die bindenden Elektronen häufig innerhalb von Bruchteilen einer Pikosekunde einen neuen Partner oder bleiben unbesetzt. Wie auch immer, meist kennt der Chemiker nur die Ausgangsstoffe und die Produkte einer Reaktion und muss dann mühselig auf indirektem Wege erahnen, wie der genaue Reaktionsmechanismus abgelaufen sein könnte.

Erst in den letzten Jahren gelang es, mit ultrakurzen Laserpulsen mehr Licht ins Dunkel zu bringen, und nun haben Wissenschaftler mit ähnlichen Lichtblitzen im extrem ultravioletten Spektralbereich offenbar zum ersten Mal eine komplette Reaktion auf einer Oberfläche beobachtet. Henry Kapteyn untersuchte zusammen mit seinen Kollegen von der University of Colorado in Boulder und der University of Michigan in Ann Abor Sauerstoffmoleküle, die sich bei tiefen Temperaturen von minus 195 Grad Celsius auf einer Platinoberfläche anlagerten.

Mit einem kurzen, 25 Femtosekunden andauernden Laserpuls im Bereich infraroter Wellenlängen regten sie das adsorbierte Molekül energetisch an. Gleichzeitig löste der Puls in einer speziellen Kammer Lichtblitze im extremen UV-Bereich aus, die ebenfalls auf die Probe trafen. Dieses hochenergetische Licht schlug nun Valenzelektronen aus dem Sauerstoffmolekül, deren Energie wiederum ein Detektor bestimmte. Die Ausbeute dieser Photoelektronen bei bestimmten Energien gab nun Aufschluss über die Bindung des Moleküls an der Platinoberfläche.

Es stellte sich heraus, dass bei einer Energie von sechs Elektronenvolt eine Spitze im detektierten Energiespektrum auftrat, die zudem einige Pikosekunden später an Intensität gewann. Die Forscher vermuten, dass sie hiermit direkt beobachten konnten, wie sich die Platin-Sauerstoff-Bindung umgruppierte, was gleichzeitig einer Rotation des Sauerstoffmoleküls auf der Oberfläche entspräche.

Indes gibt es auch Kritik an der Arbeit, so meint William Gadzuk vom National Institute of Standards and Technology in Gaithersburg: "Die Geschichte vom drehenden Sauerstoff stimmt zwar mit den Daten überein, aber die Daten wären noch weit davon entfernt, das auch eindeutig zu beweisen."

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