Neurochemie: Chemisches Stoppsignal
Immer wieder müssen wir im Alltag bereits begonnene Bewegungen abstoppen - wenn wir gerade durch eine Tür gehen wollen und einer entgegenkommenden Person den Vortritt lassen oder am Buffet die Hand zurückziehen, wenn gleichzeitig jemand anderes nach derselben Speise greift. Das Signal, das den Bewegungsfluss ins Stocken bringt, ist ein Neurotransmitter im Gehirn.
Herr Müller ist wieder einmal spät dran: Mit wehender Jacke rennt er zur Bushaltestelle – zum Glück steigen gerade noch Leute in den Bus ein, er wird es schon schaffen! Nur noch schnell über diese viel befahrene Straße, dann ist's geschafft. Doch da springt die Ampel auf rot um, Herr Müller stoppt abrupt ab, und schon brausen die Autos an ihm vorüber – er wird den nächsten Bus nehmen müssen.
Eine derartige Bewegungsunterbrechung wie Herrn Müllers Nothalt wird in einem bestimmten Teil des Gehirns gesteuert, dem präfrontalen Kortex. Dort regulieren verschiedene Botenstoffe die Nervenaktivität und damit auch kognitive Vorgänge wie diese Reaktionshemmung, bei der ein erlerntes Signal ("die Ampel ist rot, also muss ich stehen bleiben") die gerade ablaufende Bewegung unterbricht. Dopamin ist beispielsweise verantwortlich für das Arbeitsgedächtnis und für die Aufmerksamkeit. Über die Rolle der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin bei Aufmerksamkeit, Motorik und Impulskontrolle ist weniger bekannt. Samuel Chamberlain und seine Kollegen von der Universität Cambridge nahmen nun deren Aufgabe bei der Impulskontrolle genauer unter die Lupe.
Dazu testeten die Wissenschaftler die Reaktionsgeschwindigkeit von Probanden mit Hilfe eines einfachen Computertests: Auf dem Bildschirm erschien ein nach rechts oder links zeigender Pfeil, und die Versuchsteilnehmer sollten daraufhin so schnell wie möglich einen auf der entsprechenden Seite liegenden Knopf drücken. Erklang jedoch gleichzeitig zum Pfeil ein akustisches Signal, sollten sie die Finger vom Knopf weglassen – die initiierte Bewegung sollte also unterbrochen oder sogar vollständig unterbunden werden – ganz ähnlich, wie Herr Müller seinen Lauf an der roten Ampel plötzlich stoppte.
Bevor sie den Test durchführten, verabreichten die Forscher den Testpersonen jedoch eine von drei verschiedenen Substanzen: Entweder den Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer Atomoxetin, der die Menge an Noradrenalin im präfrontalen Kortex erhöht, oder den Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer Citalopram, der dort den Serotoninspiegel ansteigen lässt, oder ein Placebo.
Die Medikamente beeinflussten die Reaktionsgeschwindigkeit der Probanden eindeutig: Atomoxetin verkürzte deren Reaktionszeit deutlich, Citalopram hingegen zeigte keinerlei Wirkung darauf. Bei einem hohen Noradrenalinspiegel funktionierte also die Impulshemmung am besten. Demnach scheint Noradrenalin – nicht aber Serotonin – eine wichtige Rolle bei der Reaktionshemmung zu spielen.
Probleme mit der Unterbindung unpassender Aktivitäten haben Patienten mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Atomoxetin hilft den Betroffenen – die Beobachtungen von Chamberlain und seinem Team erklären warum. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass ihre Ergebnisse die Entwicklung besserer Behandlungsmethoden für ADHS-Patienten ermöglichen.
Eine derartige Bewegungsunterbrechung wie Herrn Müllers Nothalt wird in einem bestimmten Teil des Gehirns gesteuert, dem präfrontalen Kortex. Dort regulieren verschiedene Botenstoffe die Nervenaktivität und damit auch kognitive Vorgänge wie diese Reaktionshemmung, bei der ein erlerntes Signal ("die Ampel ist rot, also muss ich stehen bleiben") die gerade ablaufende Bewegung unterbricht. Dopamin ist beispielsweise verantwortlich für das Arbeitsgedächtnis und für die Aufmerksamkeit. Über die Rolle der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin bei Aufmerksamkeit, Motorik und Impulskontrolle ist weniger bekannt. Samuel Chamberlain und seine Kollegen von der Universität Cambridge nahmen nun deren Aufgabe bei der Impulskontrolle genauer unter die Lupe.
Dazu testeten die Wissenschaftler die Reaktionsgeschwindigkeit von Probanden mit Hilfe eines einfachen Computertests: Auf dem Bildschirm erschien ein nach rechts oder links zeigender Pfeil, und die Versuchsteilnehmer sollten daraufhin so schnell wie möglich einen auf der entsprechenden Seite liegenden Knopf drücken. Erklang jedoch gleichzeitig zum Pfeil ein akustisches Signal, sollten sie die Finger vom Knopf weglassen – die initiierte Bewegung sollte also unterbrochen oder sogar vollständig unterbunden werden – ganz ähnlich, wie Herr Müller seinen Lauf an der roten Ampel plötzlich stoppte.
Bevor sie den Test durchführten, verabreichten die Forscher den Testpersonen jedoch eine von drei verschiedenen Substanzen: Entweder den Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer Atomoxetin, der die Menge an Noradrenalin im präfrontalen Kortex erhöht, oder den Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer Citalopram, der dort den Serotoninspiegel ansteigen lässt, oder ein Placebo.
Die Medikamente beeinflussten die Reaktionsgeschwindigkeit der Probanden eindeutig: Atomoxetin verkürzte deren Reaktionszeit deutlich, Citalopram hingegen zeigte keinerlei Wirkung darauf. Bei einem hohen Noradrenalinspiegel funktionierte also die Impulshemmung am besten. Demnach scheint Noradrenalin – nicht aber Serotonin – eine wichtige Rolle bei der Reaktionshemmung zu spielen.
Probleme mit der Unterbindung unpassender Aktivitäten haben Patienten mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Atomoxetin hilft den Betroffenen – die Beobachtungen von Chamberlain und seinem Team erklären warum. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass ihre Ergebnisse die Entwicklung besserer Behandlungsmethoden für ADHS-Patienten ermöglichen.
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