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Utopia Planitia: Chinesischer Mars-Rover findet Spuren gigantischer Fluten

Radardaten des chinesischen Rovers Zhurong zeigen zwei dicke Schichten mit auffälliger Struktur. Auf der Erde entstehen sie durch Wasser - aber sie sind auf dem Mars.
Tianwen-1

Der größte bekannte Marskrater erlebte einst womöglich zwei gigantische Überschwemmungen. Darauf deuten Radardaten des chinesischen Marsrovers Zhurong aus der Region Utopia Planitia hin. Wie ein Team um Chao Li vom Institut für Geologie und Geophysik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften berichtet, befindet sich unter der Oberfläche ein mehr als 70 Meter dicker Stapel aus zwei klar abgegrenzten Sedimentschichten. Die Daten legten nahe, dass jede dieser Schichten entstand, als eine große Überschwemmung mitgeführtes Material auf dem Boden des mehr als 3000 Kilometer großen Einschlagbeckens ablagerte, schreibt das Team in »Nature«.

Seit Jahren spekulieren Fachleute, dass Utopia Planitia in grauer Vorzeit mit Wasser bedeckt war – ein Ozean, so breit wie das Arabische Meer zwischen Indien und Afrika. Teile der Oberfläche sind mit dutzenden Kilometer großen Vielecken übersät, die jenen ähneln, die beim allmählichen Zusammensacken von Schlamm unter Wasser entstehen. Kegelförmige Landformen im Landegebiet von Zhurong werden als mögliche Reste von Schlammvulkanen interpretiert. Manche Fachleute wollen sogar Spuren einstiger Küstenlinien in den Landschaftsformen rund um das Gebiet erkennen. Bis heute ist das Gebiet reich an Eis und Landschaftsformen, die man mit Eis in Verbindung bringt.

Der im Mai 2021 gelandete Rover trägt ein Radarsystem, das Strukturen im Untergrund bis in rund 100 Meter Tiefe abbildet. Auf der Strecke von 1171 Metern, die der Rover seither zurücklegte, führte er immer wieder Messungen durch. Der nun veröffentlichte Schnitt durch den Marsboden zeigt an der Oberfläche eine ungefähr zehn Meter dicke Schicht, die sich vermutlich über die Jahrmillionen aus Einschlagtrümmern und verwehtem Staub angesammelt hat. Darunter liegen zwei Schichten mit einer charakteristischen Struktur. Das Material der Schichten wird von unten nach oben immer feiner.

Sortierung deutet auf einstige Fluten

Diese Sortierung, bei der die dicksten Brocken unten zu liegen kommen, ist charakteristisch für Material, das von Wasser transportiert wurde und sich dann absetzte. Große Steine sinken zuerst zu Boden, dann, wenn das Wasser ruhiger wird, folgen kleinere Steine, Kies, Sand und Schlamm. Die obere, derartige Schicht ist etwa 20 Meter dick, die darunter rund 50 Meter. Die Radardaten deuten nach Ansicht der Arbeitsgruppe darauf hin, dass in der untersten Lage in 80 Meter Tiefe bis zu mehrere Meter große Felstrümmer liegen könnten.

Das Alter der mutmaßlichen Flutablagerungen bestimmte das Team um Li indirekt. Anhand der Zahl und Größe der Krater in der Region kommt es zu dem Schluss, dass vor rund 1,6 Milliarden Jahren eine Schicht von rund 40 Meter Dicke die Region bedeckte. Das passt gut zur oberen der beiden sortierten Schichten, die sich demnach abgelagert hätte, als der Mars bereits ein relativ kühles und trockenes Klima besaß. Die untere, dickere Schicht könnte – auf der Basis ähnlicher Schätzungen anhand großer Krater – etwa 3,2 Milliarden Jahre alt sein. Unter beiden liegt die noch ältere Vastitas-Borealis-Formation, die als möglicher Rückstand eines einstigen, dauerhaften Nordozeans gehandelt wird.

Die Befunde des Bodenradars legen damit eine mögliche Chronologie des Wassers in Utopia Planitia nahe. Einst hätte demnach ein gigantischer Ozean das Tiefland der nördlichen Marshemisphäre bedeckt. Als der Mars immer kälter und trockener wurde, verschwand das Meer. Doch noch zweimal füllten gewaltige Fluten, die Schlamm und Geröll mit sich rissen, das Gebiet vorübergehend mit Wasser. Schließlich blieb eine eisige, trockene Ebene, in der nur noch Spuren den Kundigen von der feuchten Vergangenheit berichten.

Das Problem an der Geschichte ist bloß, dass alles daran Spekulation ist. Ob einst ein Ozean die Nordhalbkugel bedeckte, ist hochumstritten. Viele Fachleute sehen die einstigen »Uferlinien« und andere Indizien kritisch. Und für die gigantischen Überschwemmungen in Utopia Planitia gibt es bisher als einzigen Hinweis die Radaraufnahmen von Zhurong. Und deren Interpretation der Arbeitsgruppe um Li ist keineswegs die einzig mögliche. Alternative Modelle müssten noch genauer betrachtet werden, schreibt sie dann auch in ihrer Veröffentlichung. Dazu passt ebenso, was das Radar des Rovers im Boden von Utopia Planitia eben nicht gefunden hat: flüssiges Wasser.

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