CO2-Bepreisung: Hoher Preis macht Kohlendioxid-Entnahmen überflüssig
Zahlreiche aktuelle Klimaschutzmodelle setzen darauf, dass sich klimaschädliches Kohlendioxid wieder aus der Atmosphäre entfernen lässt. Zum Beispiel, indem man schnell wachsende Pflanzen anbaut und anschließend zur Energiegewinnung verbrennt, wobei das frei werdende CO2 aufgefangen und unterirdisch gespeichert wird. »Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung« oder kurz BECCS lautet der Name für dieses Konzept. Auch durch Wiederaufforstung lässt sich der Atmosphäre CO2 entnehmen. Außerdem kann man das Kohlendioxid auch direkt aus der Luft filtern.
Allerdings, wendet ein Team um Jessica Strefler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung ein, haben diese Maßnahmen schwer wiegende Folgen. Zum Beispiel führt der großflächige Anbau von Energiepflanzen zu Konflikten über die Land- und Wassernutzung.
Nach Berechnungen der Wissenschaftler um Strefler sind all diese Maßnahmen jedoch gar nicht notwendig, wenn der Preis für eine Tonne CO2 richtig gewählt wird. Im Fachmagazin »Nature Communications« rechnen sie vor, dass die Preiskurve möglichst schnell auf hohem Niveau starten, dann weiter ansteigen und schließlich, nachdem CO2-Neutralität hergestellt wurde, abflachen sollte. Diese Preiskurve hat zur Folge, dass es wirtschaftlich vernünftig ist, möglichst schnell den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Später, wenn die Preis kaum noch steigt, ist es weder nötig – noch lohnt es sich finanziell –, die kostspieligen Entnahmetechniken einzusetzen.
Die meisten Modelle zur Kohlendioxid-Bepreisung sähen dagegen ein genau umgekehrtes Verhalten vor: einen zunächst niedrigen Preis, der mit der Zeit immer schneller anwächst. Bei diesen Modellen sei bereits mehr oder weniger offen einkalkuliert, dass die Weltwirtschaft mehr CO2 freisetzt, als erlaubt ist, um die Klimaerwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen. Sprich: Die Menschheit sprengt ihr verbleibendes CO2-Budget.
Diese Preiskurve schafft damit sowohl die Notwendigkeit als auch den finanziellen Anreiz, die fragwürdigen Entnahmetechniken durchzuführen.
Mit Hilfe der Umwelt-Energie-Wirtschaftssimulation REMIND berechnete das Forscherteam verschiedene Bepreisungsszenarien. Die Variante mit dem von Beginn an hohen Preis bezeichnen sie als Win-win-Situation, wie Strefler in einer Pressemitteilung des Instituts zusammenfasst: Man reduziere sowohl die zu erwartende Abhängigkeit von CO2-Entnahmetechniken als auch die wirtschaftlichen Risiken von hohen CO2-Preisen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts.
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