News: Computer urteilt schnell aber unflexibel
Das EKG (Elektrokardiogramm) ist ein Verfahren zur Aufzeichnung der bei der Herztätigkeit entstehenden elektrischen Vorgänge. Anhand der abgebildeten Kurven kann der Arzt eine Störung am Herzen feststellen. Die rasante Entwicklung in der Computertechnik hat zur Erstellung von Programmen beigetragen, die das EKG gleichzeitig aufzeichnen, abbilden und deuten können. Bei der Untersuchung von Vor- und Nachteilen der neuen Technologie sollten vor allem die Auswirkungen auf die Sicherheit und Therapie des Patienten im Vordergrund stehen.
Die Grundlage jeder ärztlichen Diagnostik besteht darin, daß von den Symptomen oder den Ergebnissen der durchgeführten Untersuchungen auf die Diagnose geschlossen wird. Dabei kann es an verschiedenen Stellen zu Beeinträchtigungen kommen, die das Ergebnis verfälschen. Das Computerprogramm bietet, so der Kölner Mediziner, den Vorteil, daß die Ergebnisse sehr rasch vorliegen. Ein weiteres Plus ist eine gleichbleibende verläßliche Bewertung durch den Computer. Dieser Pluspunkt birgt gleichzeitig den Nachteil der Unflexibilität. Besonders schwierig ist hier die korrekte Beurteilung altersbedingter Veränderungen im EKG. Desweiteren ist die Software anfällig für äußere Störungen, und es kann zu Fehlinterpretationen kommen. So kommt beispielsweise bei Patienten mit einer Vermehrung der Herzmuskelmasse eine bestimmte Veränderung im EKG-Muster häufig vor. Diese Variante wird vom Computerprogramm nicht selten fälschlicherweise als Infarktzeichen gedeutet. Bei der Diagnose eines Herzinfarktes schneidet das Computerprogramm generell schlechter ab als der Arzt. Die ärztliche Beurteilung des EKG hat den großen Vorteil, daß der aktuelle Zustand des Patienten, sein Alter sowie die übrigen Krankheitszeichen bei der Auswertung berücksichtigt werden können. In diesem hohen Maß an Flexibilität liegt zugleich auch ein Nachteil, denn unterschiedliche Interpretationskriterien verschiedener Ärzte können zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Der längere Zeitbedarf bei der Auswertung der Meßdaten ist ein weiterer Minuspunkt bei der Diagnose des EKG durch den Arzt.
Eine besondere Situation stellt der Klinikalltag dar. Hier ergeben sich für das EKG spezielle Nachteile, die ein Ergebnis negativ beeinflussen können. So kann es zu einer fehlerhaften Diagnose kommen, wenn beispielsweise ein Arzt ein technisch mangelhaft aufgenommenes EKG akzeptiert. Häufig fehlen in der Klinik notwendige Informationen über den Patienten, wie etwa Daten zu seiner medizinischen Vorgeschichte. Zumeist hat der Klinikarzt auch keinen Zugriff auf bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgenommene EKGs, so daß er keine Vergleichsmöglichkeiten hat. Hier wäre der Einsatz der neuen Computerprogramme von Vorteil. Als weiteres Anwendungsgebiet wäre die Forschung denkbar, denn auch hier ist eine einfache Archivierung der Daten nützlich. Nicht zuletzt könnte eine Nutzung für die Lehre sinnvoll sein. Zukünftige Krankenschwestern und Ärzte könnten so gezielt die Beurteilung von EKGs erlernen.
Wo immer die neuen Computerprogramme angewendet werden, muß sichergestellt sein, daß sie nicht als isolierte Technik eingesetzt werden. Die gewonnenen Ergebnisse, so der Kölner Mediziner, bedürfen immer der zusätzlichen Auswertung und Beurteilung durch einen erfahrenen Arzt.
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