News: Computermodelle einer Supernova
Da wundert es auch nicht, dass die ersten Versuche, die entfesselten Gewalten zu simulieren, von wenig Erfolg gekrönt waren: Bereits im Jahr 1966 versuchten sich Stirling Colgate und Richard White vom Lawrence Radiation Laboratory in Livermore an dieser Aufgabe. Nicht nur, dass ihre eindimensionalen Modelle wenig realitätsnah waren, sie hatten auch noch einen gravierenden Schönheitsfehler – sie explodierten nur in den seltensten Fällen.
Rund dreißig Jahre später mit deutlich mehr Rechenpower im Rücken versuchte es Colgate zusammen mit dem Astronom Willy Benz von der University of Arizona und den beiden Forscher Marc Herant und Chris Fryer vom Los Alamos National Laboratory noch einmal. Dieses Mal jedoch gleich mit einem zweidimensionalen Modell. Und siehe da, das Resultat war gleich schon viel besser. Ohne all die ganzen physikalischen Eigenschaften eines Sterns im Detail einstellen zu müssen, kam es stets zu wunderschönen Explosionen. Schon damals bemerkten die Wissenschaftler, dass insbesondere Konvektionsprozess, bei denen gasförmige Materie innerhalb der Hülle der einstigen Sonne umgewalzt werden, kritisch für die Explosionen sind.
Aber auch zwei Dimensionen können Wissenschaftler langfristig nicht wirklich beglücken, wenn es darum geht, die simulierten Daten mit realen Beobachtungen zu vergleichen. Und so begaben sich Warren und Fryer schließlich an das ehrgeizige Projekt einer realitätsnahen, dreidimensionalen Modellierung einer Supernovae. Dazu bedienten sich die Forscher eines der schnellsten Rechnersysteme der Welt des IBM RS/6000 SP am National Energy Research Scientific Computing Center in Oakland. Dort entstanden nun mithilfe einer ausgeklügelten Programmierung Bilder der letzten Augenblicke eines fiktiven Sterns.
Anders als beispielsweise bei einer Supernova vom Typ Ia, die durch die thermonukleare Explosion eines Weißen Zwerges ausgelöst wird, beginnt das von Warren und Fryer simulierte Inferno mit dem Kollaps eines massereichen Sterns. Dieser Typ-II-Prozess geschieht im All vermutlich auch viel häufiger, als der vom Typ Ia. Dabei läuft das Leben des Sterns etwa wie folgt ab: Zunächst verbrennt er in einem nuklearen Prozess Wasserstoff, bis die Vorräte an diesem leichten Element erschöpft sind und schwerere Elemente dem Fusionsprozess zugeführt werden. Die Temperaturen steigen, bis schließlich jeglicher Brennstoff zu Eisen fusioniert ist, das dann dem Gravitationsdruck nichts mehr entgegenzusetzen hat und in sich zusammenstürzt.
Während die Eisenatomen so zusammengequetscht werden, steigt die Temperatur des Kerns auf zehn Milliarden Grad Celsius an. Die Gravitationskraft übertrifft schließlich die Abstoßungskraft zwischen den Kernbausteinen, und in einigen Zehntelsekunden schrumpft der Kern des Sterns von ursprünglich halber Erdgröße auf nur 100 Kilometer Durchmesser. Dabei heizt er die ihn umgebende, einfallende Materie mit seinem enormen Neutrinofluss auf. Je näher die Gase dem Kern kommen, desto stärker sind sie dem Neutrinofluss ausgesetzt und um so heißer werden sie.
So kommt es, dass heiße Gase in riesigen Blasen wieder vom Kern aufsteigen und durch kalte nachrückende Gasmassen ersetzt werden. Dieser Energietransfer vom Kern zur Hülle des ehemaligen Sterns resultiert schließlich in der alles überscheinenden Explosion. Zurück bleiben ein Neutronenstern und Reste der einstigen Hülle, die sich mit bis zu 1000 Kilometer pro Sekunde vom Explosionsort wegbewegt.
Offensichtlich spielen also die gleichen Konvektionsprozesse, wie sie die Forscher bereits in zweidimensionalen Modellen gesehen hatten, auch im dreidimensionalen die entscheidende Rolle. Tatsächlich unterscheiden sich die maßgeblichen Parameter der Modellierung wie die Explosions-Energie, der zeitliche Verlauf und die Masse des übrig bleibenden Neutronensterns um weniger als zehn Prozent.
Colgate der als senior fellow in Los Alamos die Fortschritte seiner Kollegen hautnah mitverfolgte meint: "Nun müssen wir eigentlich nur noch die Näherungen aus unseren Modellen verbannen, sodass wir sicher sein können, dass die Simulation auch wirklich die Realität widerspiegelt. In der Astrophysik arrangiert nun mal die Natur das Experiment. Man muss also äußerst aufmerksam die theoretischen und rechnerischen Annahmen prüfen."
Jedenfalls sei mit diesen dreidimensionalen Ergebnissen das letzte Schlachtfeld erreicht und man wäre nun in der Lage, exotischere Probleme wie beispielsweise die Rotation in Angriff zu nehmen.
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