Medikamentenwirkung : Contergan-Wirkstoff schädigt besonders unreife Blutgefäße
Ein halbes Jahrhundert nach der Contergan-Tragödie haben Forscher die Ursache der typischen Nebenwirkungen des verantwortlichen Schlafmittels genauer entschlüsseln können. Die darin enthaltene Substanz Thalidomid verhindert demnach besonders die Entwicklung von Armen und Beinen im Embryo, weil der Wirkstoff in einem kritischen Zeitfenster während der Extremitätenbildung dort unreife Blutgefäße verödet, berichten Neil Vargesson von der University of Aberdeen und seine Kollegen
Bis Anfang der 1960er Jahre hatten Schwangere, die das Schlafmittel Contergan einnahmen, besonders häufig Kinder mit missgebildeten Extremitäten geboren. Bislang war unklar, warum die fruchtschädigende Wirkung von Thalidomid sich derart spezifisch auswirkt; aufgeklärt war nur, dass die Bildung neuer Blutgefäße gestört wird. Die Forscher zeigten nun durch Experimente in verschiedenen Tieren und menschlichen Zelllinien, dass ein künstlich gebildetes Analog der Substanz nur sich neu bildende, nicht aber reife Blutgefäße angreift. Sich entwickelnde Extremitäten enthalten über einen vergleichsweise langen Zeitraum ein Netz solcher anfälliger angiogener, noch unreifer Gefäße. Die fehlende Sauerstoffversorgung und die unterbrochene Signalweiterleitung in den unterversorgten Extremitätenknospen löst dann den programmierten Zelltod aus und deformiert die späteren Arme oder Beine.
Thalidomid-Analoga wirken besonders auf Zytoskelettelemente der Deckzellen von Gefäßen, ermittelten die Forscher, weswegen die Adern nicht weiter auswachsen können und unbeweglich werden. Bei schon ausgebildeten Adern habe ein zeitweiser Mobilitätsverlust kaum Auswirkungen auf die normale Entwicklung, so die Wissenschaftler.
Thalidomid wird trotz der bekannten fruchtschädigenden Nebenwirkungen wieder verstärkt als Medikament eingesetzt, etwa zur Behandlung von Leprakranken. Aufgrund der Gefäßbildung unterdrückenden Wirkung setzen Mediziner es auch mit einigem Erfolg gegen die besonders bösartige Krebsart des multiplen Myeloms ein.
Vor gut 50 Jahren war die Substanz als angeblich besonders gut verträgliches Schlafmittel auf den Markt gekommen, auch viele Schwangere hatten es eingenommen. Erst spät war Thalidomid als Ursache von Missbildungen bei Neugeborenen erkannt worden. In der EU ist der Wirkstoff seit April 2008 unter Auflagen zugelassen. (jo)
Bis Anfang der 1960er Jahre hatten Schwangere, die das Schlafmittel Contergan einnahmen, besonders häufig Kinder mit missgebildeten Extremitäten geboren. Bislang war unklar, warum die fruchtschädigende Wirkung von Thalidomid sich derart spezifisch auswirkt; aufgeklärt war nur, dass die Bildung neuer Blutgefäße gestört wird. Die Forscher zeigten nun durch Experimente in verschiedenen Tieren und menschlichen Zelllinien, dass ein künstlich gebildetes Analog der Substanz nur sich neu bildende, nicht aber reife Blutgefäße angreift. Sich entwickelnde Extremitäten enthalten über einen vergleichsweise langen Zeitraum ein Netz solcher anfälliger angiogener, noch unreifer Gefäße. Die fehlende Sauerstoffversorgung und die unterbrochene Signalweiterleitung in den unterversorgten Extremitätenknospen löst dann den programmierten Zelltod aus und deformiert die späteren Arme oder Beine.
Thalidomid-Analoga wirken besonders auf Zytoskelettelemente der Deckzellen von Gefäßen, ermittelten die Forscher, weswegen die Adern nicht weiter auswachsen können und unbeweglich werden. Bei schon ausgebildeten Adern habe ein zeitweiser Mobilitätsverlust kaum Auswirkungen auf die normale Entwicklung, so die Wissenschaftler.
Thalidomid wird trotz der bekannten fruchtschädigenden Nebenwirkungen wieder verstärkt als Medikament eingesetzt, etwa zur Behandlung von Leprakranken. Aufgrund der Gefäßbildung unterdrückenden Wirkung setzen Mediziner es auch mit einigem Erfolg gegen die besonders bösartige Krebsart des multiplen Myeloms ein.
Vor gut 50 Jahren war die Substanz als angeblich besonders gut verträgliches Schlafmittel auf den Markt gekommen, auch viele Schwangere hatten es eingenommen. Erst spät war Thalidomid als Ursache von Missbildungen bei Neugeborenen erkannt worden. In der EU ist der Wirkstoff seit April 2008 unter Auflagen zugelassen. (jo)
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