Gentechnik: CRISPR/Cas gegen Sichelzellenanämie
Eine Forschergruppe um Mitchell Weiss aus Memphis stellt eine Strategie vor, wie man Sichelzellenanämie und ähnliche Blutkrankheiten mit Hilfe der CRISPR/Cas-Methode heilen könnte. Erste Tests an Zellen im Labor gelangen ihr bereits.
Bei der Sichelzellenanämie produzieren die roten Blutkörperchen ein defektes Hämoglobin. Dieses fängt unter Sauerstoffmangel an zu verkleben. Es bildet dann lange Stränge und verzieht die roten Blutkörperchen in die berühmte Halbmondform. Die verformten roten Blutkörperchen werden dadurch beschädigt und bleiben leicht in Blutgefäßen hängen, was zu gefährlichen Durchblutungsstörungen führen kann. Die Wissenschaftler machten sich nun die heilende Wirkung des fetalen Hämoglobins zu Nutze. Denn Feten produzieren eine spezielle Form dieses Sauerstofftransporters. Es bindet Sauerstoff viel stärker als das erwachsene Hämoglobin und gewährleistet so, dass der Fetus während der Schwangerschaft ausreichend versorgt ist. Ein halbes Jahr nach der Geburt stellen Babys seine Produktion langsam ein und wechseln zur erwachsenen Form.
Bei manchen Menschen sorgt allerdings eine genetische Veränderung dafür, dass das fetale Hämoglobin ein Leben lang weiterproduziert wird. Diese als HPFH (kurz für Hereditäre Persistenz fetalen Hämoglobins) bezeichnete Veränderung scheint keine direkten Nachteile zu haben. Im Gegenteil: Bei Menschen, die zusätzlich an Sichelzellenanämie leiden, sorgt das fetale Hämoglobin für eine höhere Sauerstoffkonzentration im Blut und verhindert so das Verkleben des defekten erwachsenen Hämoglobins. Dadurch unterdrückt es jegliche Symptome der Krankheit.
Basierend auf diesem Phänomen entwickelten Forscher schon vor Jahren die Idee, dass man die Sichelzellenanämie heilen könnte, indem man die roten Blutkörperchen dazu bringt, fetales Hämoglobin herzustellen. Mehrere Forschungsgruppen arbeiten daran, dies mit Hilfe von Gentechnik zu erreichen.
Das Team um Mitchell Weiss nutzte jetzt die CRISPR/Cas-Methode, um gezielt einen Prozess auszuschalten, der normalerweise die Produktion des fetalen Hämoglobins in Erwachsenen verhindert. Die Wissenschaftler ahmten dazu die genetische Veränderung nach, die bei Menschen mit HPFH auftritt. Dafür entnahmen sie Blutstammzellen aus Patienten mit Sichelzellenanämie und zerstörten bei diesen eine spezifische DNA-Sequenz. Der Eingriff sorgte dafür, dass die Zellen plötzlich fetales Hämoglobin produzierten. Anschließend ließen sie die Blutstammzellen im Labor zu roten Blutkörperchen reifen und stellten fest, dass die Symptome der Sichelzellenanämie geheilt waren. Selbst bei starkem Sauerstoffmangel bildeten sich kaum halbmondförmige Zellen.
Der nächste Schritt wäre jetzt, die geheilten Zellen wieder den Patienten zuzuführen. Dafür bedarf es allerdings noch weiterer Experimente, vor allem um auszuschließen, dass der Eingriff Nebenwirkungen auslösen könnte.
Nahe liegend wäre es auch, die Gentechnik zu nutzen, um das defekte erwachsene Hämoglobin zu reparieren. Doch dazu müsste man eine ganz spezifische, punktgenaue Mutation generieren, was viel schwieriger ist, als den Schalter zu zerstören, der die Produktion von fetalem Hämoglobin unterbindet.
Schreiben Sie uns!
1 Beitrag anzeigen