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Planetologie: Was fand Curiosity auf dem Mars?

Der NASA-Rover Curiosity erkundet seit seiner Landung 2012 die klimatische Vergangenheit des Roten Planeten. Er hat bereits wichtige Erkenntnisse über eine Zeit geliefert, in der fließendes Wasser für prinzipiell lebensfreundliche Bedingungen gesorgt hat.
Mars Rover Curiosity Selfie

Das Mars Science Laboratory der US-Raumfahrtbehörde NASA ist wohl das am raffiniertesten konstruierte Gerät, das jemals die Umlaufbahn der Erde verlassen hat. Im August 2012 landete der besser unter dem Namen Curiosity bekannte Rover im weitläufigen Krater Gale auf dem Mars. Seither hat er eine mehr als 18 Kilometer lange Route erkundet. Er führt 17 Kameras, mehrere Spektrometer, verschiedene Wettermessgeräte und zwei Miniaturlaboratorien mit sich. Die zentrale Frage der Mission: Eigneten sich die Bedingungen auf dem Mars jemals für Leben?

© Hyperraum.tv
Curiosity (3-min-Teaser)

Veröffentlicht am: 25.06.2018

Laufzeit: 0:03:24

Sprache: deutsch

Hyperraum TV ist ein von der Medienwissenschaftlerin und Wissenschaftshistorikerin Susanne Päch betriebener Spartensender für Wissenschaft und Technologie.

Das setzt erstens flüssiges Wasser als Lösungsmittel für chemische Reaktionen voraus, zweitens Energiequellen sowie organische Verbindungen und drittens eine gewisse Stabilität über einen längeren Zeitraum, damit die entscheidenden Prozesse ungestört ablaufen können. Dafür darf das Wasser weder zu sauer noch zu salzhaltig sein. Außerdem sollte eine dicke Atmosphäre oder ein Magnetfeld die Oberfläche vor schädlicher Strahlung abschirmen.

Bereits vor dem Missionsbeginn waren Geochemiker optimistisch, dass der frühe Mars all diese Anforderungen erfüllt hat. Endgültige Beweise für das einstige Vorhandensein derart günstiger Umweltbedingungen hatten sie in den ältesten Gesteinen des Roten Planeten erwartet. Besonders interessant sind Tonminerale. Satelliten in Marsumlaufbahnen hatten zuvor Hinweise auf solche feinstkörnigen Stoffe gefunden. Diese dürften durch Verwitterung aus Vulkangesteinen hervorgegangen sein, die von neutralem oder alkalischem Wasser durchtränkt waren. In einem solchen Milieu hätte mikrobielles Leben entstehen können. Die Missionsplaner hofften darüber hinaus auf Sedimente, in denen vielleicht organische Moleküle konserviert geblieben sind.

Der um vier Kilometer eingesenkte Gale-Krater (siehe Bild rechts) bot sich als Landeplatz besonders an. Er ist eines der tiefsten Becken auf dem Roten Planeten und liegt unmittelbar südlich des Marsäquators an der Grenze zwischen dem südlichen Hochland und dem nördlichen Flachland. Satellitenbilder hatten Hinweise auf einst vom Rand hinunterfließendes Wasser geliefert, das Schwemmfächer ablagerte. Im Zentrum des Kraters ragt ein fünf Kilometer hoher Berg aus geschichteten Sedimenten auf. Sein offizieller Name lautet Aeolis Mons; das Team der NASA nennt ihn Mount Sharp nach dem kalifornischen Geologen Robert Sharp (1911–2004). Der Mars Reconnaissance Orbiter der NASA hat im Absorptionsspektrum der untersten Gesteinsschichten des Bergs Spektrallinien von Tonmineralen, Sulfaten und dem Eisenoxid Hämatit registriert. Sie alle bilden sich in feuchter Umgebung. Es handelt sich hierbei um die mächtigsten der bisher auf dem Mars gefundenen Sedimentgesteine. Sie sind die Überbleibsel mehrerer Milieus, in denen Leben möglich gewesen sein könnte. Dabei wurden die Bedingungen vom Fuß des Bergs nach oben hin immer trockener. Curiosity sollte diese Gesteine erreichen.

Panorama mit Route | Vom höher gelegenen Vera Rubin Ridge aus hat der Rover nach 18 Kilometern Fahrt ein Panorama seiner bisherigen Route angefertigt. Auf dem Bild ist unter anderem die (relativ zur Aufnahmehöhe) 327 Meter tiefer gelegene Landestelle zu sehen. Fast alle Berge am Horizont gehören zum zwei Kilometer hohen Rand des Kraters Gale. Durch die dünne Marsatmosphäre sind hier selbst weit entfernte Objekte besser sichtbar, als wir von irdischen Aufnahmen gewohnt sind; die Skalen geben Längen in verschiedenen Abständen an.

Ein Umweg für die erste große Entdeckung

Um auf Nummer sicher zu gehen, ließ das NASA-Team den Rover auf dem flachen Kraterboden nördlich des Bergs landen, acht Kilometer nordöstlich der zu erkundenden Ziele. Dazwischen lag eine buckelige Ebene mit weniger spannenden Felsen und Böden. Anschließend würde der Weg über einen riskanteren Streifen aktiver Sanddünen führen.

In der Nähe der Landestelle lag ein Bereich mit hellen Gesteinen, Yellowknife Bay genannt. Hier handelt es sich anscheinend um das Ende eines Sedimentfächers, den von Nordwesten in den Krater strömendes Wasser abgelagert hatte. Obwohl die Marssatelliten in der Gesteinsformation keine Tonminerale erkannt hatten, hoffte das NASA-Team, hier feinkörnige, in stehendem Wasser abgesunkene Verbindungen zu finden. Die Yellowknife Bay befand sich allerdings in entgegengesetzter Richtung zur geplanten Route des Rovers. Trotzdem ergriffen die Forscher die Chance, bereits hier einige Missionsziele zu erfüllen. Sie beschlossen, zuerst in Richtung Osten anstatt nach Südwesten zu fahren. Zunächst traf Curiosity dort vor allem isolierte Felsblöcke an. An einigen Stellen ragte aber auch anstehendes Gestein aus dem Untergrund hervor. Speziell ein Sediment-Konglomerat begeisterte die Geologen. Es bestand aus locker miteinander verbundenen Geröllbrocken, die offenbar durch schnell fließendes, 10 bis 100 Zentimeter tiefes Wasser den Kraterhang hinabtransportiert worden waren.

Als Curiosity sich der Yellowknife Bay näherte, betrat er ein geologisches Wunderland. An einem Ort fand er schräg geschichtete, feinkörnige Sandsteine – Teile eines Schwemmfächers und somit Zeugen sedimentreicher Fluten. Anderswo gab es ein dunkles Material unklarer, vermutlich vulkanischer oder sedimentärer Herkunft. Und grober Sandstein enthielt gerundete Körner aus verschiedenen Mineralen, die wohl von Stellen in den Ebenen außerhalb des Kraters stammten und dann gemeinsam in das Becken transportiert und dort abgelagert wurden.

Krater Gale mit Landestelle von Curiosity | Mit Instrumenten an Bord von Satelliten schließen Wissenschaftler auf die Zusammensetzung des Marsbodens. Diese Falschfarbenaufnahme, die der NASA-Orbiter Mars Odyssey von dem Krater Gale machte, codiert beispielsweise durch Wind verwehten Sand als rosa oder olivinreichen Basalt als violett. Solche Bilder haben den Missionsplanern geholfen, interessante Ziele auszuwählen. Die Landestelle von Curiosity befindet sich nordwestlich des zentralen Bergs (Pfeil). Der gesamte Krater hat einen Durchmesser von etwa 150 Kilometern.

Schließlich untersuchte Curiosity am tiefsten Punkt der Formation ein helles, von glänzenden Adern durchzogenes Schichtgestein, dem das Team den Namen Sheepbed gab. Dieses Sediment war so fein, dass selbst Curiositys hochauflösende MAHLI-Kamera, die so nahe wie möglich herangefahren wurde, keine einzelnen Körner unterscheiden konnte. Es dürfte sich ursprünglich um Lehm oder Schlamm gehandelt haben. Winzige Partikel waren wohl im hangabwärts hinunterschießenden Strom in der Schwebe gehalten und in den See hinausgetragen worden, bis sie sich in ruhigem Wasser allmählich am Grund absetzten. Dabei fingen sie anderes, in der Nähe treibendes Material ein, in dem sich vielleicht sogar organische Verbindungen befanden. Ein solches Milieu aufzuspüren war das Ziel der Curiosity-Mission.

Zweimal bohrte der Rover in das Sheepbed-Gestein. Eine erste Analyse durch die Sample Analysis at Mars (SAM) genannte Instrumentenreihe wies auf Schlammstein aus etwa 20 Prozent Tonmineralen hin, die sich in direktem Kontakt mit Wasser gebildet hatten. Allerdings handelte es sich nicht um saures, sulfatreiches Wasser – auf das hatten die Marsrover Spirit und Opportunity viele Jahre zuvor an anderen Orten Hinweise gefunden. Vielmehr war es neutral, also weder sauer noch alkalisch. Es dürfte sich um einen ruhigen und lebensfreundlichen Kratersee gehandelt haben. Nach diesem ersten Erfolg wollte das NASA-Team erkunden, in welcher Beziehung die Yellowknife Bay zu dem Berg im Kraterzentrum steht. Ist sie älter oder jünger? Wie unterschieden sich die Umweltbedingungen? Wie viele Klimaumschwünge der Marsgeschichte sind in den geologischen Schichten des Gale-Kraters archiviert?

Doch inzwischen war Eile geboten, denn die Messkampagne in Yellowknife Bay hatte sieben Monate in Anspruch genommen. Der Rover würde rund 200 Marstage (»Sol«, etwa 24 Stunden und 39 Minuten) reine Fahrzeit für die acht Kilometer zum Fuß des Aeolis Mons benötigen. Inklusive Zwischenstopps war mit rund einem Erdjahr zu rechnen. Aber die Dauer der Mission war überhaupt nur auf zwei Jahre veranschlagt.

Zügig näherte sich Curiosity dem Berg und legte fast die Hälfte der Distanz in der zweiten Jahreshälfte 2013 zurück. Während der Fahrt prüfte SAM in regelmäßigen Zeitabständen auf der Suche die Marsluft auf Methan. Die Sonnenstrahlung zerstört das Gas innerhalb von etwa 300 Jahren. Ein etwaiger Methangehalt in der Atmosphäre sollte also allmählich abnehmen. Tatsächlich wurden aber von der Erde aus und von Sonden in der Umlaufbahn hin und wieder kurzzeitige Konzentrationsspitzen beobachtet. Also wird Methan auf dem Mars freigesetzt – biologisch oder nicht biologisch.

Bei den ersten von Curiositys Messungen lag der Methananteil in der Atmosphäre durchweg unterhalb von 1,3 Teilen pro Milliarde (ppb). Doch an Sol 466 schnellte der Methangehalt auf 5,5 ppb hoch und stieg innerhalb der nächsten 60 Marstage weiter an. An Sol 573 war der Wert wieder auf weniger als 1 ppb zurückgefallen.

Die Yellowknife Bay | Das erste Ziel des Rovers war eine Yellowknife Bay genannte Gesteinsformation. An der am tiefsten gelegenen Stelle (»Sheepbed«, Pfeil) hat der Rover in den Fels gebohrt und Proben zur Analyse genommen. Das Bild entstand am 137. Marstag nach der Landung.

Wie genau es zu der Methanspitze kam, wissen die Forscher nicht. Sie haben seither Messungen in regelmäßigen Abständen vorgenommen und festgestellt, dass der Methangehalt mit den Jahreszeiten schwankt. Die niedrigsten Konzentrationen (etwa 0,3 ppb) fanden sich um die südliche Wintersonnenwende. Im Südsommer stieg der Gasgehalt auf Werte um 0,8 ppb. Das SAM-Team glaubt nicht an Mikroorganismen als Ursache. Vielmehr ist die Methankonzentration an saisonale Schwankungen der ultravioletten Sonnenstrahlung geknüpft, die organische Verbindungen am Boden zerstört. Geringe Mengen kohlenstoffreichen Materials regnen das ganze Jahr in Form von Mikrometeoriten hinab. Wenn der Mars der Sonne im Südsommer am nächsten steht, zersetzt das UV-Licht es in viele kleine Moleküle, darunter Methan.

Chemische Analysen für unterwegs

Während der Fahrt führte das wissenschaftliche Team von SAM verschiedene Analysen an Sedimenten durch, die Curiosity bei Yellowknife Bay in einige seiner Probenbehälter gefüllt hatte. Über den Gehalt an Kalium-40 und dessen radioaktives Zerfallsprodukt Argon ermittelten die Forscher für die Gesteine ein Alter von 4,2 Milliarden Jahren mit einer Messunsicherheit von 350 Millionen Jahren. Diese Zahl bezieht sich auf die Originalgesteine, die einst im Hochland und am Kraterrand anstanden, dann abgetragen und schließlich abgelagert wurden.

Zugleich identifizierte das SAM-Team Edelgasisotope, die entstanden, als kosmische Strahlung oberflächennahe Atome bombardierte. Daraus leiteten die Forscher ab, dass die Sedimente nur rund 80 Millionen Jahre frei gelegen hatten. Also sind die Gesteine im Gale-Krater – zumindest am untersuchten Fundort – sehr alt, gelangten aber erst in jüngerer Zeit an die Oberfläche. Vermutlich wirkte der Wind wie ein Sandstrahlgebläse. Die nur kurzzeitige Exposition erleichtert die Suche nach organischen Verbindungen, denn Sonnenlicht und kosmische Strahlung hatten weniger Gelegenheit, etwaige interessante Moleküle zu zerstören.

Tatsächlich fanden sich organische Moleküle im Material, beispielsweise Chlorbenzol. Es entstand vermutlich bei der Reaktion von im Gestein vorhandenen Perchlorationen mit Kohlenwasserstoffmolekülen. Bereits 2008 hatte die Landesonde Phoenix Perchlorat im Marsboden aufgespürt. Es ist ein starkes Oxidationsmittel, das in Wasser organische Moleküle zersetzt. Sollte vor Jahrmilliarden Leben existiert haben, könnten Belege dafür damals ebenso eingeschlossen worden sein. Der Fund ist also viel versprechend für künftige Missionen.

Die Fahrt in Richtung Mount Sharp forderte dem Rover einiges ab. So stellte das NASA-Team schwere Schäden an den Aluminiumrädern fest. Der Wind hatte harte aufragende Steinstacheln frei gelegt, die an Haizähne erinnern. Unter dem Gewicht des Rovers zerbrachen sie nicht – stattdessen durchbohrten sie die Reifenflächen. Die Ingenieure lenkten den Rover nun vorsichtiger durch weniger gefährliche sandige Täler und untersuchten das Problem näher. Die neue Route war kurvenreicher als diejenige über die Plateaus und begrenzte die Sicht des Rovers. Das reduzierte die mögliche Geschwindigkeit erheblich.

Währenddessen steuerten die Forscher Curiosity auf eine gestreift aussehende Gesteinseinheit zu, die sie Kimberley-Formation nannten. Die Streifen entpuppten sich als schräg gestellte, erodierte Sandsteinlagen. Nach langer Diskussion kamen die Wissenschaftler zum Schluss: Die Schichten mussten sich schon in dieser geneigten Ausrichtung gebildet haben. Sie wären an den Mündungsarmen eines Deltas entstanden, als sich ein Strom in einen stillen Wasserkörper ergoss und dort die mitgeführten Sandkörner fallen ließ. Wie eine radioaktive Altersbestimmung zeigte, sind die Gesteine schon seit einigen zehn Millionen Jahren exponiert.

Probleme mit der "Bereifung" | Curiositys Räder (mit etwa 50 Zentimeter Durchmesser) wurden immer wieder von spitzen, fest im Untergrund sitzenden Steinen durchstochen. Dadurch riss die Aluminiumstruktur auf. Seit das Problem bekannt ist, meiden die NASA-Kontrolleure riskante Strecken.

Curiosity erreichte Mount Sharp Ende 2014, kurz nachdem die Mission verlängert worden war. Auf Fotos erschien der Gipfel so weit entfernt wie zuvor, doch die Wissenschaftler hatten es ohnehin nur auf die geschichteten Sedimente an seinem Fuß abgesehen.

Weiterhin lagen Dünen auf dem Weg. Sie hatten bei ihrer Wanderung über den Kratergrund eine 14 Meter dicke Gesteinsschicht frei gelegt, den untersten und ältesten an die Oberfläche tretenden Teil des Bergs. Dort lag ein weiterer, sehr feinkörniger Schlammstein, die so genannte Murray-Formation. Die Entdeckung bestätigte, dass sich im Zentrum des Kraters vor Jahrmilliarden ein Gewässer befunden hatte, das sich allmählich mit Ablagerungen gefüllt hat.

Die Murray-Formation verzahnte sich mit schräg einfallenden Schichten von Flussdeltas, die der Kimberley-Formation ähnelten, lag aber auch über ihnen. Also war sie jünger. Der Rover bohrte an drei Stellen. Die Murray-Schichten waren extrem dünn und regelmäßig. Sie erinnerten an Lagen, die sich auf der Erde bilden, wenn sich stoßweise herbeigeführtes, sehr feines Sediment langsam im stillen Wasser eines Sees absetzt. Aus der Anzahl der Schlammschichten lässt sich schließen, dass der See im Gale-Krater über Jahrmillionen hinweg existierte, möglicherweise mit Unterbrechungen.

Weiterhin gab es hier Belege für die Einwirkung von Wasser auf das Gestein nach dessen Ablagerung: Es war von einem Netz dünner Adern aus dem mit Borverbindungen gemischten Salz Kalziumsulfat durchzogen. Dies könnte auf eine durch Verdunstung entstandene, konzentrierte Sole hindeuten.

Curiosity fuhr anschließend in Richtung Westen und allmählich nach oben. Dabei entdeckte der Rover ein ungewöhnliches Silikatmineral namens Tridymit. Auf der Erde bildet es sich im Zusammenhang mit niedrigem Druck, aber extrem hohen Temperaturen, typischerweise bei explosiven, siliziumdioxidreichen Vulkanausbrüchen. Solche Vulkane waren auf dem Mars nicht vermutet worden, doch Geologen können sich die Entstehung von Tridymit nur so erklären – ein zusätzlicher Schlüssel zur Vergangenheit des Roten Planeten.

Nicht weit davon traf der Rover auf groben Sandstein, wahrscheinlich durch Wind abgelagert. Die Stimson genannte Formation überdeckt Murray »diskordant« beziehungsweise unregelmäßig: Die Murray-Sedimente wurden abgelagert, verschüttet, zu Gestein verfestigt, frei gelegt und in einem trockenen Milieu erodiert, wo vom Wind herbeigetragener Sand sie schließlich zudeckte. Sedimentologen fanden sogar im unteren Teil der Stimson-Schichten Fetzen von Murray-Gestein. Wahrscheinlich trennt ein großer Zeitraum die Entstehung beider Verbände. Bei Stimson könnte es sich um das jüngste Gestein handeln, das Curiosity erkunden wird.

Der Rover fuhr die Formation hinauf und überquerte einen Sandsteinrücken nach dem anderen. Brüche zerschneiden die zu Tage tretenden Stimson-Gesteine, gesäumt von hellen Streifen, so genannten Halos. In einem solchen fand das Analyseinstrument ein Gestein, das fast ausschließlich aus siliziumdioxidreichen Tonen besteht. Seine weiteren Komponenten waren ausgewaschen worden, wie es auf der Erde manchmal mit sehr saurem Grundwasser vorkommt. Aus mehreren Gründen konnte das Wasser, das den Stimson-Sandstein auslaugte, nicht mit demjenigen identisch sein, das für die Sulfatadern in den Murray-Schlammsteinen verantwortlich war. Wie oft waren diese Gesteine zugedeckt und durchtränkt worden? Wie viel Zeit war zwischen den verschiedenen feuchten Episoden vergangen?

Die letzte Frage können die Instrumente von Curiosity nicht zuverlässig beantworten. Bislang wurde kein spezielles Gerät zur Altersdatierung zum Mars geschickt. Der geplante NASA-Rover Mars 2020 soll Proben für eine eventuelle Rückkehr zur Erde auch deshalb sammeln, um mit genaueren irdischen Untersuchungen die relativen Daten einzuordnen.

Aufstieg nach langem Anlauf

Schließlich konnte Curiosity an Sol 1369 (12. Juni 2016) durch eine Lücke in den Sanddünen direkt den Berg hinauffahren, anstatt ihn zaghaft zu umrunden. Im Verlauf des Sommers 2016 steuerte er durch die spektakulären Landschaften der Murray Buttes, Kuppen von Murray-Schlammstein, die von Stimson-Sandstein gedeckelt werden.

Nach vier Forschungsjahren verstand das Wissenschaftlerteam allmählich die Geschichte des Gale-Kraters. Über Jahrmillionen hinweg hatte sich dort ein See befunden, der vorwiegend neutrales Wasser enthielt. Von Zeit zu Zeit war er ausgetrocknet. Dabei könnte einsickerndes mineralreiches Grundwasser noch über einige zehn bis hundert Millionen Jahre hinweg für ein lebensfreundliches Milieu gesorgt haben. Obwohl dieses zeitweise sauer war, lag die Existenz von Mikroorganismen anscheinend weiterhin im Bereich des Möglichen. Doch die Suche nach Lebensspuren bleibt einer künftigen Mission vorbehalten.

Curiosity hatte das Dünenfeld überquert und nach rund einem Kilometer über Murray-Gesteine auch diese hinter sich gelassen. Die nächste Herausforderung war der Vera Rubin Ridge. Dieser steile Rücken stellt einen Bruch sowohl in der Topografie als auch in der Mineralogie dar. Sein Gestein enthält reichlich Hämatit, ein Eisenoxid, das unter feuchten Bedingungen entsteht. Nach Überquerung des Rückens steuerte Curiosity ein Gestein an, dessen hoher Tongehalt schon von Spektrometern an Bord von Orbitern erkannt wurde. Der Rover verbrachte den Rest seiner zum zweiten Mal um zwei Jahre verlängerten Mission in den beiden Regionen und war dabei von einigen technischen Problemen geplagt, insbesondere mit seinem Bohrer.

Falls die Curiosity-Mission Ende 2018 zum dritten Mal verlängert wird und sich der Rover weiter den Hang emporarbeitet, dürfte er auf eine Stelle treffen, wo einst ein Fluss den Mount Sharp durchschnitt und sich in den ehemaligen See ergoss. Dabei entstand eine Fächerform. Die abgelagerten Sedimente und das Flussbett, aus dem sie stammten, verwandelten sich in Gesteine, die der Erosion größeren Widerstand boten als der Rest des Mount Sharp. So ragt das Flussbett nach einem langen Zeitraum der Verwitterung heute über die Umgebung heraus. Curiosity könnte diesen Kanal als Rampe benutzen, um den Berghang zu erklimmen. Er würde damit diejenigen Gesteine hinter sich lassen, die von einer Zeit in der Marsgeschichte erzählen, als Tonminerale aus neutralem Wasser ausfielen, und zu sulfatreicheren Gesteinen aus einer trockeneren Periode gelangen.

Oder auch nicht. Verschiedene Faktoren könnten sich auf die Lebenszeit des Rovers auswirken. Seine Räder sind noch das geringste Problem – bei einiger Vorsicht sollten sie lange genug durchhalten. Mehrere Instrumente zeigen jedoch Anzeichen von Altersschwäche. So sind etwa wichtige Komponenten des Bohrers bereits defekt, und er lässt sich nur noch eingeschränkt verwenden. Vor allem zerfallen die Radioisotope in der Batterie unaufhaltsam. Nach Ablauf von insgesamt 14 Jahren – das entspricht etwa dem Alter des noch immer funktionsfähigen, solarbetriebenen Marsrovers Opportunity – dürfte nicht einmal mehr genügend Energie bereitstehen, um die Grundfunktionen von Curiosity aufrechtzuerhalten. Spätestens das wird der Entdeckungstour des Rovers ein Ende setzen.

Weblinks

Die NASA Marsmissionen-Website gibt einen Überblick über den Status von Missionen zum Roten Planeten und liefert aktuelle Informationen zum Rover Curiosity.

In ihrem Blog schreibt die Autorin Emily Lakdawalla Hintergrund-berichte über die jüngsten Missionsfortschritte.

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