Roter Planet: Curiosity liefert erste detaillierte Gesteinsanalyse
Der seit mehr als 200 Tagen auf dem Roten Planeten befindliche US-Marsrover Curiosity setzte Anfang Febraur 2013 erstmals seinen Gesteinsbohrer ein, um eine Probe aus einem Sedimentgestein am Messpunkt "John Klein" zu entnehmen (wir berichteten). Nun liegen die ersten Auswertungen des dabei gewonnenen Gesteins vor. Das feine Gesteinspulver enthielt unter anderem Tonminerale und Kalziumsulfat, die sich nur in einer wässrigen Umgebung bilden konnten. Dieses Resultat lässt zumindest den Rückschluss darauf zu, dass in der Frühzeit des Roten Planeten vor rund vier Milliarden Jahren Bedingungen herrschten, bei denen flüssiges Wasser über längere Zeiträume stabil war und mit den Gesteinen der Marskruste in Wechselwirkung treten konnte. Der Ort der Probenentnahme liegt am Ende eines kleinen Flussdeltas und könnte zumindest zeitweise auch der Boden eines flachen Sees gewesen sein. Für die Analysen setzte Curiosity sowohl sein Röntgenspektrometer CheMin (Chemistry & Mineralogy Experiment) als auch sein Massenspektrometer SAM (Sample Analysis at Mars) ein.
Bei einer Pressekonferenz der NASA am Abend des 12. März wurden Ergebnisse des CheMin-Experiments im Diffraktometer-Modus präsentiert. Dabei bestrahlt CheMin die feinpulvrige Gesteinsprobe mit Röntgenstrahlung aus einer speziellen Röntgenröhre mit genau bekannter Wellenlänge und Intensität. CheMin nimmt als Diffraktometer Beugungsdiagramme der im Gesteinspulver enthaltenen Minerale auf. Durch einen Abgleich mit der Röntgendatei aller bekannten Minerale lässt sich daraus der Mineralbestand der Probe klar und eindeutig ermitteln.
Im beigestellten Beugungsbild sind die Resultate von "John Klein" im rechten Teilbild zu sehen. Auffällig ist eine helle Zone in der Mitte am unteren Bildrand nahe des abgeschirmten Primärstrahls, der auf Tonminerale der Smektit-Gruppe zurückgeht. Dies sind Schicht- oder Phyllosilikate, die sich bei der Verwitterung silikathaltiger Minerale in einer wässrigen Umgebung bilden. Dafür muss flüssiges Wasser über längere Zeiträume hinweg, mindestens einige 100 Jahre lang, auf sie einwirken. Smektite sind auf der Erde sehr weit verbreitet und unter anderem ein Hauptbestandteil von Schlamm und tonigen Böden. Neben den nicht weiter spezifizierten Tonmineralen stieß CheMin auf Feldspat der Plagioklas-Gruppe und die Silikatminerale der Pyroxen- und Olivin-Gruppen und etwas Magnetit (Eisenoxid). Bei ihnen handelt es sich um typische Hauptbestandteile von magmatischen Gesteinen, wie sie von Vulkanen gefördert werden. Im linken Teilbild ist das Diffraktogramm einer Probe zu sehen, die Curiosity an anderer Stelle (Rocknest) aus einer kleinen Anhäufung von losem Staub und Sand entnahm. Hier fehlen die Tonminerale völlig, das Lockermaterial besteht nur aus wasserfreien Mineralen.
Mit dem Massenspektrometer SAM wurden die im Gestein enthaltenen leichtflüchtigen Stoffe untersucht. Dafür wurde ein Teil des erbohrten Gesteinsmaterials in einem Ultrahochvakuumofen stufenweise erhitzt und die freigesetzten Gase dem angeschlossenen Instrument zugeführt. Im Diagramm ist am linken Rand die Signalstärke im Massenspektrometer in relativer Höhe dargestellt, am unteren Rand die Temperatur in Grad Fahrenheit. 480 Grad Fahrenheit entsprechen rund 250 Grad Celsius, 1500 Grad Fahrenheit 815 Grad Celsius. Beim Erhitzen werden zunächst Sauerstoff (O2, blau), Kohlendioxid (CO2, rot) und Wasser (H2O, schwarz) ausgetrieben. Dabei ist zu beachten, dass die Höhen der farbig dargestellten Kurven mit unterschiedlichen Faktoren multipliziert wurden, um sie deutlich voneinander hervorzuheben. Insgesamt bestimmte SAM mehr als 500 verschiedene Molekülmassen, hier sind nur fünf ausgewählt worden.
Wasser und Sauerstoff stammen aus den sich zersetzenden Tonmineralen, das Kohlendioxid könnte aus Karbonaten im Marsgestein oder aus der Marsatmosphäre stammen. Die Wasserkurve weist drei Maxima auf: Hier zerfallen bei steigender Temperatur unterschiedlich zusammengesetzte wasserhaltige Minerale. Erst ab Temperaturen oberhalb von etwa 500 Grad Celsius werden unterschiedliche Fraktionen von Schwefel frei, siehe die grünen und olivfarbenen Kurven. Er stammt aus noch nicht näher bestimmten sulfidhaltigen Mineralen und dem bereits nachgewiesenen Kalziumsulfat.
Die Ergebnisse erlauben den Schluss, dass das Gestein von "John Klein", ein feinkörniges Schichtgestein aus magmatischen Mineralen und beigemengten Tonmineralen unter chemisch recht gutartigen Bedingungen nach irdischer Vorstellung entstand. Das Gestein bildete sich in einer feuchten Umgebung, die weder stark oxidierend, extrem sauer oder sehr salzhaltig war. Dies war bei den bislang von anderen Landesonden auf dem Mars untersuchten Gesteinen der Fall. Solch eine Umgebung wäre daher auch durchaus für primitive irdische Bakterien geeignet gewesen.
Aber der Nachweis von potenziell lebensfreundlichen Bedingungen ist noch kein Beleg für Leben. Was bei der Pressekonferenz der NASA nicht erwähnt wurde, war der Nachweis von komplex aufgebauten organischen Molekülen, also Verbindungen von Kohlenstoff mit Wasserstoff, Stickstoff und anderen Atomen. Sie sind aber eine Grundvoraussetzung für Leben, wie wir es kennen. Nach wie vor ist also die Frage, ob es jemals Leben auf dem Mars gegeben hat oder gibt, unbeantwortet.
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