Maschinelles Lernen: Da habt ihr den Salat
Flach am Boden wachsender Eisbergsalat ist für Erntemaschinen schwer greifbar. Zudem mag er nicht zu hart angefasst werden. Deshalb müssen sich immer noch Menschen nach ihm bücken und ihn mit einem Messer abschneiden. Das könnte sich bald ändern, denn ein Team um Fumiya Iida von der University of Cambridge hat einen vollautomatischen Erntehelfer entwickelt. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz erkennt der »Vegebot« auf einem Feld gesunde und reife Salatköpfe. Die erntet er schonend – aber noch recht langsam, berichtet die Arbeitsgruppe nun im Fachblatt »Journal of Field Robotics«.
Viele Obst-, Gemüse- und Getreidesorten werden bereits seit Jahrzehnten maschinell geerntet. Nicht so der sensible Eisbergsalat. Weil er in Europa sehr beliebt ist, überlegten sich die Forscher, wie sie Salatanbauern die Ernte erleichtern könnten. Für einen Roboter ist es verhältnismäßig schwer zu erkennen, was ein guter Salat ist. Damit er ihn überhaupt sehen kann, stattete die Arbeitsgruppe um Iida den Kopf des Roboters mit einer Kamera aus. Ein damit verbundenes Computersystem sucht auf seinen Bildern dann nach Salatköpfen. Das Forscherteam brachte dem Roboter bei, diese in verschiedene Kategorien – zum Beispiel »reif«, »unreif« oder »von Schädlingen befallen« – einzuordnen. Dazu trainierten sie ein neuronales Netzwerk mit Bildern von Salatköpfen – zunächst im Labor. Als dieses gelernt hatte, wie ein guter Eisbergsalat aussieht, setzten sie den damit ausgestatteten Roboter auf ein Salatfeld. »Jedes Feld und jeder Salat ist anders«, sagt Simon Birrell, der Erstautor der Studie. Darum testeten sie den »Vegebot« bei unterschiedlicher Witterung auf über zehn verschiedenen Feldern mit Tausenden von Salatköpfen. In mehr als 90 Prozent der Fälle schätzte »Vegebot« das Gemüse richtig ein. Um dieses am Stamm abzuschneiden und aufzuheben, benutzt er einen Arm, an dessen Ende Greifzangen und ein Messer angebracht sind. Das Team lässt den Roboter dabei nur so fest zupacken, dass er den Salat weder fallen lässt noch zerquetscht.
Das Team um Iida meint, das System ließe sich nicht nur zur Salaternte benutzen, sondern könne auch auf andere Pflanzen trainiert werden. Damit könne man auch vermeiden, dass unreifes Obst und Gemüse bei der Ernte weggeworfen wird. Von Hand wird ein Feld meist nur einmal geerntet – »Vegebot« könnte es hingegen rund um die Uhr tun. Das müsste er wohl auch, denn das aktuelle Modell ist pro Salatkopf etwa eine halbe Minute beschäftigt – ein Mensch braucht dafür nur wenige Sekunden. Das liegt laut den Forschern vor allem daran, dass das Greif- und Schneidwerkzeug des Roboters zu schwer für seinen Arm ist. In künftigen Modellen will die Arbeitsgruppe leichteres Material einsetzen – und den Arm stärker machen. Beim Schneiden produziert der Roboter außerdem zu 38 Prozent Ausschussware.
Wenngleich es daran noch vieles zu verbessern gilt, glaubt das Team um Iida, dass ihr System – sowie künstliche Intelligenz im Allgemeinen – großes Potenzial für die Landwirtschaft hat. In den USA gibt es bereits eine Pflanzenfarm, auf der fast ausschließlich Roboter arbeiten. Auch in Deutschland wird zum Beispiel beim »Vertical Farming« – dem Anbau von Gemüse und Pflanzen in geschlossenen Räumen oder Gebäuden – bereits künstliche Intelligenz eingesetzt.
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