Sucht: Dämpft ein Stresshormon das Verlangen nach Heroin?
Das Stresshormon Cortisol kann möglicherweise das Bedürfnis, Heroin zu konsumieren, bei Suchtkranken reduzieren, wie ein Team um Marc Walter von der Universität Basel im Fachmagazin "Translational Psychiatry" berichtet. Die Forschenden verabreichten 29 Heroinabhängigen, die die Droge im Rahmen eines kontrollierten Entzugs weiterhin in bestimmten Mengen einnahmen, vor der Heroinabgabe entweder eine Cortisoltablette oder ein Placebo. Nach ein bis drei Wochen wiederholten sie das Prozedere, dieses Mal allerdings mit vertauschten Gruppen. Dabei stellten sie fest, dass das subjektive Verlangen der Teilnehmer nach dem Suchtmittel nach Einnahme von Cortisol im Durchschnitt um rund 25 Prozent sank im Vergleich zur Placebosituation.
Das Team um Walter vermutet, dass dieser Effekt zu Stande kommt, weil das Stresshormon das Suchtgedächtnis hemmt. Bereits in früheren Untersuchungen hatten Wissenschaftler entdeckt, dass die vermehrte Ausschüttung von Cortisol sich auf die Fähigkeit des Gehirns auswirkt, gespeicherte Erinnerungen abzurufen. Allerdings stellte sich die suchtmildernde Wirkung in der aktuellen Studie lediglich bei solchen Patienten ein, die nur eine geringe Heroindosis pro Tag benötigten. Bei schwer abhängigen Probanden half die Hormontablette nicht, was die Belastbarkeit der Ergebnisse in Anbetracht der ohnehin schon geringen Teilnehmerzahl zumindest fraglich erscheinen lässt. Zudem ist unklar, inwiefern sich das verminderte Verlangen auch tatsächlich auf das Alltagsverhalten der Betroffenen auswirkt – ob es also wirklich dafür sorgt, dass sie länger abstinent bleiben oder mit niedrigeren Mengen der Droge auskommen. Das wollen die Forschenden nun in weiteren Studien untersuchen. Dabei wollen sie auch der Frage nachgehen, ob Cortisol vielleicht ebenso das Verlangen nach anderen Substanzen zu mildern vermag – etwa nach Nikotin oder Alkohol.
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