Miniaturisierung: Dampfmaschine funktioniert auch im Mikromaßstab
Dampfmaschinen existieren schon seit Jahrhunderten. 1824 beschrieb der Physiker Sadi Carnot erstmals theoretisch, wie man darin Energie optimal in mechanische Arbeit umsetzt – und begründete damit die Thermodynamik. Um zu testen, ob die klassischen Gesetze auch in winzigen Dimensionen halten, konstruierten zwei Forscher der Universität Stuttgart nun eine mikrometergroße Wärmekraftmaschine. Das Ergebnis: Auch ein mikroskopisch kleiner Stirlingmotor funktioniert.
In der von Robert Stirling erfundenen Wärmekraftmaschine wird ein mit Gas gefüllter Zylinder periodisch erhitzt und abgekühlt, so dass sich das Gas darin ausdehnt und wieder zusammenzieht. Dadurch lässt sich ein Kolben im Zylinder bewegen und dessen mechanische Arbeit nutzen – beispielsweise um ein Rad anzutreiben. In dem winzigen Nachbau von Valentin Blickle und Clemens Bechinger tritt ein drei Mikrometer großes und in Wasser schwebendes Kunststoffkügelchen an die Stelle des Arbeitsgases.
Den Kolben ersetzen die beiden Physiker durch einen fokussierten Laserstrahl, der das Kunststoffteilchen gewissermaßen einfängt. Indem sie die Intensität des Lasers nun periodisch variieren, kann sich das Kunststoffteilchen einmal stärker und einmal weniger stark bewegen – analog zur Kompression und Expansion des Gases im herkömmlichen Modell. Laut den Regeln der Thermodynamik müssen diese beiden Prozesse bei unterschiedlichen Temperaturen stattfinden, damit die Maschine nach einem Zyklus tatsächlich Arbeit leistet. Blickle und Bechinger erhitzen das Wasser um das Plastikteilchen deshalb während des "Expansionsprozesses" mit einem weiteren Laserstrahl.
Der so betriebene, kleinste Stirlingmotor der Welt erfüllt seine Aufgabe, auch wenn sich die geleistete Arbeit derzeit noch nicht nutzen lässt, berichten die Forscher. "Zu erwarten war das nicht unbedingt, weil die Maschine so klein ist, dass ihre Bewegung von mikroskopischen Prozessen gestört wird, die in der Makrowelt keine Rolle spielen", erläutert Clemens Bechinger.
Beeinträchtigt wird das winzige Kunststoffkügelchen in der Mikromaschine durch die thermische Bewegung der Wassermoleküle. Ständig stößt es mit den umgebenden Molekülen zusammen und gewinnt auf diese Weise Energie dazu oder aber verliert welche – und das in derselben Größenordnung wie die von der Maschine in Arbeit umgewandelte Energie. "Dieser Effekt führt dazu, dass die gewonnene Energiemenge von Zyklus zu Zyklus stark variiert und die Maschine im Extremfall sogar zum Stillstand kommt", erklärt Blickle. Trotz der schwankenden Leistung laufe der winzige Motor aber unter Volllast mit derselben Effizienz wie das makroskopische Gegenstück. Demnach gibt es also keine prinzipiellen thermodynamischen Hindernisse für Wärmekraftmaschinen im Mikromaßstab.
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