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Teotihuacan: Das älteste Schminkköfferchen Mittelamerikas

Wer zur Oberschicht von Teotihuacan gehörte, trug offenbar auf Gesicht und Körper Schminke auf – und das im Leben wie im Tod, so das Ergebnis spanischer Anthropologen. Sie untersuchten verschiedene Pigmentpulver aus einem rund 1700 Jahre alten Grab, bei denen es sich nach Ansicht der Forscher um die ältesten bislang bekannten Kosmetika Mittelamerikas handelt. Überdies waren einige Bestandteile des luxuriösen Schminksets von weither in die ehemalige Metropole im heutigen Mexiko eingeführt worden.

In Teopancazco, einem Stadtbezirk von Teotihuacan, stießen Archäologen unter einem Tempel auf das Grab von zwei jungen Männern, neben denen 20 tönerne Stempel mit Farbresten sowie 31 kleine Keramikgefäße gefüllt mit bunten Pulvern lagen. Mit Hilfe verschiedener Spektroskopieverfahren sowie der Elektronenmikroskopie konnte Maria Teresa Doménech-Carbó von der Universitat Politècnica de València die chemischen Verbindungen der Substanzen ermitteln. Neben vulkanischen Gesteinen, die vor allem zur Gewinnung von roten und orangenen Farben zerrieben wurden, fanden sich Holzkohle, Kiefernharz sowie die Minerale Bleiglanz, Jarosit und Glimmer. Anders als die übrigen Pigmente stammen letztgenannte nicht aus der unmittelbaren Gegend von Teotihuacan, sondern aus weiter entfernten mesoamerikanischen Zentren. Sie geben Hinweis auf die weit reichenden Handelsverbindungen der Stadt zwischen 200 und 350 n. Chr. hin.

Da die Farbreste an den Tonstempeln mit Pigmenten aus den Pulvertöpfchen übereinstimmen, vermutet Doménech-Carbó, dass die Toten im Zuge des Bestattungsrituals mit bunten Motiven dekoriert wurden. "Wir wissen, dass mesoamerikanische Völker häufig die Körper von Verstorbenen, die der Oberschicht angehörten, mit kosmetischen Pigmenten bemalten", so die Anthropologin. Die Farbminerale aus Teopancazco lieferten somit auch den ältesten bekannten Nachweis für Kosmetika in Mesoamerika. Für die Verwendung als Schminke spräche auch, dass in einem der Gefäße Bleiglanz mit Holzkohle vermischt wurde, um so den Giftgehalt des Minerals zu senken. Den Einwohnern von Teotihuacan war offenbar bekannt, dass einige Substanzen der Haut schaden können.

Doménech-Carbó zufolge lassen die Kosmetika auf eine hohe gesellschaftliche Stellung der Toten schließen – womöglich Krieger. Möglich sei aber auch, dass es sich um Musiker, Tänzer oder Sänger handelte, die sich zu Lebzeiten mit den Farbpulvern festlich herrichteten.

Ähnliche Materialien dienten auch in anderen antiken Kulturen als Schminke. So zogen die alten Ägypter mit dem Holzkohle-Bleiglanz-Gemisch den Lidstrich. Das häufig verwendete grüne Augen-Makeup gewannen sie hingegen aus Malachit, einem Kupferkarbonat von der Sinai-Halbinsel.

  • Quellen
Journal of Archaeological Science 39, 2012, S. 1043–1062

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