Wahrnehmung: Das Ausblenden ausblenden
Bewusst wird es uns fast nur im Schlussspurt des Blick-Duells "Wer zuerst blinzelt, hat verloren": Unser Lidschlag ist so selbstverständlich, dass wir ihn nur in Ausnahmesituationen überhaupt wahrnehmen. Warum eigentlich?
Stellen Sie sich vor, Sie würden in einem durchschnittlichen Acht-Stunden-Arbeitstag nicht, wie üblich, zehn bis fünfzehn Mal pro Minute blinzeln, sondern nur genau einmal – zum Ausgleich aber insgesamt ebenso lange die Augen geschlossen halten, wie sich durch das übliche wiederholte Kurzzeitblinzeln im Laufe der selben Zeit ansammeln würde. Das wäre dann eine knappe Viertelstunde lang völliger Dauerdunkelheit, während der man dann allerdings besser bewegungslos in sitzender Position verharren sollte. Vielleicht in der Mittagspause? Vielleicht ein Gedankenanstoß für zukünftige Arbeitszeit-Nutzungsoptimierung?
Blinzeln, mithin also pro Minute immer mal wieder 100 bis 150 Millisekunden blinder Ausfallzeit, kann allerdings beim besten Willen eines entgegenkommenden Arbeitsplatzinhabers nicht wegrationalisiert werden. Wie so oft kommt dem auf den ersten Blick potenzialhaltigen Vorschlag die unerfreulich optimierungsresistente Biologie dazwischen: Der regelmäßige Lidschlag ist und bleibt notwendig, um die Hornhaut mit ausreichend sauerstoffhaltiger Flüssigkeit zu durchfeuchten. Eigentlich komisch, dass sich über die permanenten lidschlagbedingten Fehlzeiten noch keiner beschwert hat.
Zum Beispiel unser Gehirn. Auch seine visuellen Zentren müssten sich doch eigentlich am Blinzeln, einer ständig wiederholten Unterbrechung der visuellen Informationsflut, stören. Warum bemerken wir durchaus ein Flimmern schneller Schatten und Lichtwechsel, nicht aber die noch drastischeren kurzen Augenblicke selbstverschuldeter Blinzelblindheit, wenn immer und immer wieder für kurze Zeit ein Vorhang vor unser Auge fällt?
Davina Bristow und ihre Kollegen des University College London haben sich dieser Fragen angenommen. Dabei setzten sie zunächst an einer seit den 1980er Jahren vermuteten Gehirnblockade an, die ein Lidschlag im visuellen Kortex auslöst: Immer, wenn ein Lidschlag unmittelbar bevorsteht, wird die optische Empfindlichkeit des Gehirns wohl heruntergeregelt. Wie und wo genau dies vonstatten geht, war allerdings aus einem einleuchtenden Grund nicht geklärt: Im Gehirn sind beim Lidschlag zwar gewisse Aktivitäten zu beobachten, unklar blieb allerdings bislang immer, ob dies mit einem vorauseilenden "Achtung, gleich wird es dunkel" mitdenkender Gehirnverarbeitungsregionen zu tun hat – oder einfach die Reaktion von visuellen Verarbeitungszentren darauf darstellt, dass es tatsächlich dunkel wird.
Trotzdem war bei jedem Blinzeln aber noch eine deutliche Reaktion in den visuellen Zentren des Gehirns zu beobachten. Zeitgleich wurden auch Regionen im Scheitellappen und dem präfrontalen Kortex gedämpft, die eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber Veränderungen der Umwelt anzeigen.
Ein Lidschlag geht also immer einher mit einem kurzfristigen Abschalten aller Beteiligten an der visuellen Informationsverarbeitung. Gleichzeitig wird wohl auch die Empfänglichkeit des Auges gegenüber Berührungsreizen radikal heruntergeregelt – verhindert wird so, dass wir uns jedes Mal über das Reiben des sich senkenden Lids über den Augapfel erschrecken. Kurz zusammengefasst: Zwar verpassen wir immer etwas, wenn wir blinzeln – werden uns dem aber wenigsten nicht unangenehm bewusst.
Blinzeln, mithin also pro Minute immer mal wieder 100 bis 150 Millisekunden blinder Ausfallzeit, kann allerdings beim besten Willen eines entgegenkommenden Arbeitsplatzinhabers nicht wegrationalisiert werden. Wie so oft kommt dem auf den ersten Blick potenzialhaltigen Vorschlag die unerfreulich optimierungsresistente Biologie dazwischen: Der regelmäßige Lidschlag ist und bleibt notwendig, um die Hornhaut mit ausreichend sauerstoffhaltiger Flüssigkeit zu durchfeuchten. Eigentlich komisch, dass sich über die permanenten lidschlagbedingten Fehlzeiten noch keiner beschwert hat.
Zum Beispiel unser Gehirn. Auch seine visuellen Zentren müssten sich doch eigentlich am Blinzeln, einer ständig wiederholten Unterbrechung der visuellen Informationsflut, stören. Warum bemerken wir durchaus ein Flimmern schneller Schatten und Lichtwechsel, nicht aber die noch drastischeren kurzen Augenblicke selbstverschuldeter Blinzelblindheit, wenn immer und immer wieder für kurze Zeit ein Vorhang vor unser Auge fällt?
Davina Bristow und ihre Kollegen des University College London haben sich dieser Fragen angenommen. Dabei setzten sie zunächst an einer seit den 1980er Jahren vermuteten Gehirnblockade an, die ein Lidschlag im visuellen Kortex auslöst: Immer, wenn ein Lidschlag unmittelbar bevorsteht, wird die optische Empfindlichkeit des Gehirns wohl heruntergeregelt. Wie und wo genau dies vonstatten geht, war allerdings aus einem einleuchtenden Grund nicht geklärt: Im Gehirn sind beim Lidschlag zwar gewisse Aktivitäten zu beobachten, unklar blieb allerdings bislang immer, ob dies mit einem vorauseilenden "Achtung, gleich wird es dunkel" mitdenkender Gehirnverarbeitungsregionen zu tun hat – oder einfach die Reaktion von visuellen Verarbeitungszentren darauf darstellt, dass es tatsächlich dunkel wird.
Leicht herauszufinden, meinten Bristow und Kollegen – und sorgten dafür, dass ein Blinzeln im Auge eben nicht mehr zu Dunkelheit führt. Dazu beleuchteten sie das Mundinnere von Probanden, deren Gehirnaktivität sie zugleich mit Hilfe eines Magnetresonanztomografen beobachteten. Als Lichtquelle richteten sie dabei extrem helle Glasfaserkabel auf den Gaumen der Kandidaten. Selbst wenn diese dann die Augen schlossen, fiel durch die Knochen und Gewebe des Munddachs immer noch ebenso viel Licht auf die Retina des Auges wie bei geöffneten Augen.
Trotzdem war bei jedem Blinzeln aber noch eine deutliche Reaktion in den visuellen Zentren des Gehirns zu beobachten. Zeitgleich wurden auch Regionen im Scheitellappen und dem präfrontalen Kortex gedämpft, die eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber Veränderungen der Umwelt anzeigen.
Ein Lidschlag geht also immer einher mit einem kurzfristigen Abschalten aller Beteiligten an der visuellen Informationsverarbeitung. Gleichzeitig wird wohl auch die Empfänglichkeit des Auges gegenüber Berührungsreizen radikal heruntergeregelt – verhindert wird so, dass wir uns jedes Mal über das Reiben des sich senkenden Lids über den Augapfel erschrecken. Kurz zusammengefasst: Zwar verpassen wir immer etwas, wenn wir blinzeln – werden uns dem aber wenigsten nicht unangenehm bewusst.
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