Spektrum unterwegs: Das Böse wird poppig
Der Teufel hat in Bremen Einzug gehalten. Er ist der Star der aktuellen Ausstellung "All about Evil", die unseren Umgang mit dem Bösen thematisieren will. Und so wimmelt es im Bremer Überseemuseum von Dämonen, Hexen und Mephistophelen. Wer jedoch eine kritische Auseinandersetzung sucht, wird enttäuscht.
![Rangda-Maske aus Bali Rangda-Maske aus Bali](https://static.spektrum.de/fm/912/f2000x857/Ranga_GabrieleWarnke_werbe.jpg)
© Garbriele Warnke/ Überseemuseum Bremen (Ausschnitt)
© Irene de Groot/KIT Tropenmuseum Amsterdam (Ausschnitt)
Dämon Kala Sungsang | Das Bild des Dämons Kala Sungsang wird über die Tür gehängt, um das Haus und seine Bewohner vor allem Bösen zu beschützen. Dieses Bild stammt aus der Sammlung des Tropenmuseums Amsterdam und ist etwa 65 Jahre alt.
Die Hölle ist ein Ort in Rot und Schwarz
Doch wie gelangt man eigentlich hinein in die Folterwerkstatt der Sünder? Durch den Schlund einer riesigen Fledermaus, die fordernd ihre gespaltene Zunge ausstreckt. Rot leuchtend sticht sie aus dem weißen Vorraum der Sonderausstellung heraus. Bevor sich der Besucher in die vermeintliche Hölle hineinwagt, wird er jedoch noch einmal eindringlich aufgefordert, mit dem Blick in den Spiegel in sich zu gehen: War ich gut oder böse? Eine entscheidende Frage für all jene, die sich anschicken, dem Wächter der Unterwelt entgegenzutreten. Von Ferne ertönt leise das Geheul eines Wolfes.
© Ingo Wagner/ Überseemuseum Bremen (Ausschnitt)
Fasnachtsmasken | Diese Fasnachtsmasken aus Süddeutschland und Österreich zeigen Teufel und Dämonenfratzen.
Welches Gesicht hat das Böse?
Über 500 Exponate aus allen Kontinenten haben die Kuratoren des Völkerkundemuseums zusammengetragen, um einen Einblick in unseren Umgang mit dem Bösen zu geben. Die Ausstellung unterteilt sich dabei in drei Bereiche: Woher kommt das Böse? Welches Gesicht hat es? Und wie gehen wir damit um? Die Zeitspanne der Antworten reicht vom frühen Altägypten bis in unsere Zeit.
© Gabriele Warnke/ Überseemuseum Bremen (Ausschnitt)
Zaubermittel aus Togo | Der Bremer Missionar Carl Spieß sammelte und beschrieb bei seinem Aufenthalt in Togo um 1900 unter anderem diese Zaubermittel der Einwohner, mit denen sie sich gegen das Böse wappnen wollten. Die Photographie dieser Schnüre stammt aus dem frühen 20. Jahrhundert.
Und so muss man doch sehr genau hinsehen, wenn man das wirklich Bösartige in der Schau entdecken möchte. Kriege, Folter oder Aggression und Gewalt werden kaum thematisiert – ein paar politische Plakate zeugen von dem Wunsch, die eigenen Feinde zu dämonisieren, Musikvideos und Horrorfilmsequenzen zeigen die Tendenz der aktuellen Popkultur, mit dem Bösen zu flirten. Ansonsten: Hexen, Dämonen und das Böse als metaphysische Kategorie der Weltreligionen.
Von teuflischen Hummeln und Hexenfurz
© Ingo Wagner/ Überseemuseum Bremen (Ausschnitt)
Tiergehege im Überseemuseum | Tiere galten lange Zeit als Boten oder gar als Erscheinungsformen des Teufels. Selbst so harmlose Tiere wie Eichhörnchen und Hase waren im Mittelalter suspekt – erstere aufgrund ihres roten Felles, das allzu sehr an die Farbe des Teufels erinnerte, letztere wegen ihrer gemeinschaftlichen Treffen zur Abenddämmerung, die als Hexenversammlungen gedeutet wurden.
Manch anderem Wesen wurde das Teuflische gar gleich im Namen mitgegeben: So trägt eine nordeuropäische Hummelart die wenig schmeichelhafte Bezeichnung Bombus polaris diabolicus, ein winziger Kolibri aus den USA heißt wegen seiner leuchtenden Halsfedern gar Calothorax lucifer. Auch sie sind bei "All about Evil" in Sicherheitsverwahrung.
© Ingo Wagner/ Überseemuseum Bremen (Ausschnitt)
Hexenküche | Auch im Pflanzenreich findet sich reichlich Teuflisches: Ob Gewächse mit diabolischem Namen oder mit tödlicher Wirkung – die Hexenküche im Bremer Überseemuseum hat die höllischen Pflanzen versammelt.
Gegen Ende der Ausstellung begegnet man schließlich dem Bösen im Kinderzimmer und auf dem Familientisch: Musikindustrie, Jugendkultur und Lebensmittelhersteller sind längst einen teilweise makabren Flirt mit dem Bösen eingegangen – inklusive Teufelsbier, höllischem Käse und anderen Schmackhaftigkeiten aus dem gemeinen Supermarktregal. Der Teufel als Pop-Ikone.
Angst vor der Auseinandersetzung
© Gabriele Warnke/ Überseemuseum Bremen (Ausschnitt)
Mexikanisches Teufelspaar | Der Teufel als Reiter auf einem Pferd. Der Beelzebub kam mit den Spaniern nach Mexiko, heute ist er ein beliebtes Motiv beim alljährlichen Tag der Toten an Allerheiligen und Allerseelen, wo dem Volksglauben nach die Toten ein paar Tage mit dem Lebenden verbringen. Die Pappmaché-Figur stammt aus dem Jahr 1985.
Das ist schade. Eine kritische Reflexion des Themas zumindest im Begleitprogramm hätte der amüsanten Annäherung bei "All about Evil" durchaus gut getan. So ist der Rundgang informativ und witzig, aber leider nicht erhellend.
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