Energiewende: Wie ein Paradoxon den Netzausbau gefährden kann
Steigende Energiepreise, der verzögerte Ausstieg aus fossilen Energien und die Folgen des russisch-ukrainischen Kriegs machen deutlich: Unsere Energieversorgung steckt in der Krise. Im Jahr 2022 war in der Presse immer wieder von Blackouts die Rede – den gefürchteten landesweiten, lang anhaltenden Stromausfällen, die das Land ins Chaos stürzen würden. Dank eines relativ warmen Winters und schnell eingeleiteter Maßnahmen wie Gaslieferungen mit teilweise moralisch zweifelhafter Herkunft blieben die albtraumhaften Szenarien glücklicherweise aus.
Auch wenn Deutschland inzwischen einen großen Teil seines Stroms durch erneuerbare Energien gewinnt (2022 betrug der Anteil 44 Prozent), sind wir noch auf fossile Energieträger wie Kohle und Gas angewiesen, um eine dauerhafte Stromversorgung auf derzeitigem Niveau sicherzustellen. Denn nicht immer scheint die Sonne oder weht der Wind – und die Speichermöglichkeiten sind bisher ungenügend ausgebaut. Außerdem ist die Verteilung des Stroms schwierig: So kann es sein, dass manche Windkraftanlagen an stürmischen Tagen stillstehen, um das Netz nicht zu überlasten.
Eine der drängendsten Aufgaben der Energiewende ist daher nicht nur der Bau weiterer Windkraft- und Fotovoltaikanlagen, sondern auch der Ausbau des Stromnetzes. Gerade in Norddeutschland gibt es große Windparks, während sich viele Abnehmer im Süden des Landes befinden. Ein Versorgungsnetz zu planen, ist aber nicht immer einfach. Einer der Gründe dafür ist ein Spezialfall des so genannten Braess-Paradoxons: Zusätzliche Leitungen sollten den Stromtransport eigentlich verbessern, doch in manchen Fällen können sie die gegenteilige Wirkung haben und zu einer Überlastung führen.
Anhand der konkreten Ausbaupläne für das deutsche Stromnetz konnten wir das Paradoxon erstmals auf großen Skalen nachweisen. Dafür haben wir mit Arbeitsgruppen verschiedener Bereiche gearbeitet und sowohl experimentelle als auch theoretische Ergebnisse durch aufwändige Simulationen erhalten. Zudem haben wir eine neue, einfache Methode entwickelt, um die Ursachen für das unliebsame Phänomen zu identifizieren. Somit können wir gezielt Netzausbau und stabilen Netzbetrieb unterstützen.
Die Energieträger der Zukunft
Energie betrifft als Thema alle Bereiche unseres Lebens. Ohne genügend Energie zur richtigen Zeit am richtigen Ort funktioniert nichts. Wir können keine Informationen mittels Internet, Telefon, Fernsehen oder Radio austauschen, grundlegende Funktionen im Haushalt fallen aus, kein Licht, kein Herd, kein Kühlschrank, keine Heizung, fast keine Mobilität – weder mit dem Pkw noch mit dem öffentlichen Nah- oder Fernverkehr. Auch der Transport von Gebrauchsgütern und Nahrungsmitteln bricht ein, ebenso wenig lassen sich diese Waren in Landwirtschaft und Industrie produzieren. Alles hängt von einer verlässlichen, vorhersehbaren und bezahlbaren Energieversorgung ab.
Selbst wenn fossile Brennstoffe jederzeit Energie liefern, sind sie nicht zukunftsfähig. Schon allein, weil Ressourcen wie Öl, Gas oder Kohle nur in begrenzter Menge auf der Erde vorkommen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen zudem, dass wir möglichst wenig der vorhandenen fossilen Energieträger verbrennen dürfen, wenn wir einen massiven zusätzlichen Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) vermeiden und die Erderwärmung begrenzen wollen. Außerdem sind die meisten fossilen Ressourcen bloß an bestimmten Orten der Erde verfügbar, weshalb wir in unserem Öl- und Gasverbrauch stark von anderen Ländern abhängen – mit erheblichen Nachteilen, wie wir spätestens durch den russischen Angriff auf die Ukraine feststellen mussten.
Die Kernenergie fußt ebenfalls auf begrenzten Ressourcen wie Uran, das als Erz lediglich in wenigen Regionen gefördert wird. Damit bleiben wirtschaftliche Abhängigkeiten bestehen. Der Betrieb von Kernkraftwerken erzeugt noch dazu nicht nur radioaktiven und giftigen Sondermüll, von dem niemand weiß, wie man ihn sicher verwahren kann; die Energiegewinnung geht auch mit einem schwer abschätzbaren Risiko einher, so dass bisher kein Versicherungsunternehmen mögliche Betriebsunfälle und deren Folgen abdeckt. Damit verbleibt das ökonomische und gesundheitliche Risiko bei den Bürgerinnen und Bürgern. Kernfusion könnte eine sichere, abfallarme Energiequelle der Zukunft darstellen, steht in den nächsten Jahren und Jahrzehnten aber nicht großskalig zur Verfügung.
Erneuerbare Energien als Herausforderung für das Stromnetz
Die Energiewende gehört daher zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Die Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne, Wasser und Erdwärme bildet die aktuell zugänglichste zukunftsfähige Lösung. Sie sind unbegrenzt verfügbar und vermeiden viele der Nachteile fossiler Energiequellen. Wie unter anderem eine Studie eines Teams um Energieforscher Stefan Bofinger vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik 2010 gezeigt hat, könnte die gesamte europäische Stromversorgung durch erneuerbare Quellen (zum größten Teil durch Windkraft- und Fotovoltaikanlagen) abgedeckt werden.
Allerdings ist die elektrische Leistung erneuerbarer Stromquellen nicht konstant, sondern schwankt. Sie hängt von der Stärke des Winds oder der Sonneneinstrahlung ab und damit von vielen Faktoren wie der Jahres- und Tageszeit und der Wetterlage. Falls es bewölkt ist, die Sonne nur flach über dem Horizont steht oder es sehr heiß ist, liefert eine Fotovoltaikanlage weniger Leistung. Ebenso ungünstig ist es, wenn der Wind bloß schwach weht. Damit sind die Einspeisungen ins Stromnetz schwer vorherzusagen.
Um eine verlässliche Stromversorgung sicherzustellen, müssen die eingespeisten Leistungen jederzeit möglichst genau mit dem Verbrauch übereinstimmen. Nur dann kann der Strom zwischen verschiedenen Orten, insbesondere von den Kraftwerken zu den Verbrauchern, konsistent übertragen werden. Ist diese Balance zwischen Einspeisung und Abnahme nicht gewährleistet, wird das Stromnetz destabilisiert und es kommt möglicherweise zu Ausfällen.
Der Handel mit elektrischer Energie an Strombörsen gleicht das Angebot und die Nachfrage aus. Dabei stellt er ein Gleichgewicht her und glättet Schwankungen, indem der Strom über den Tag hinweg und zwischen verschiedenen Orten ökonomisch sinnvoll verteilt wird.
Das Stromnetz, über das Angebot und Nachfrage zu jedem Zeitpunkt ausbalanciert wird, ist ein vielschichtiges, komplexes dynamisches System. Wenn wir zum Beispiel unser Handy an einer Steckdose laden, erhalten wir nicht einfach den Strom vom nächstgelegenen Kohle-, Kern- oder Windkraftwerk. Vielmehr verbinden wir uns mit einem europaweiten Netzwerk, das sich von Portugal bis in die Türkei und von Sizilien bis Dänemark erstreckt. Verschiedenste Erzeuger speisen Energie ein, von Kohle-, Gas- und Kernkraftwerken bis zu Wasser- und Geothermiekraftwerken sowie Solarparks. Dieser Strom wird von vielen kleinen Haushalten, Industriestandorten sowie mehr und mehr auch von elektrischen Fahrzeugen verbraucht.
Große Leistungsmengen fließen auf langen Strecken durch Hochspannungsleitungen auf so genannten Übertragungsnetzen, an die Mittelspannungsnetze angekoppelt sind, die wiederum mit lokalen Verteilnetzen verbunden sind. Daran knüpfen einzelne Abnehmer wie Häuser oder Industrieanlagen an. Um die verschiedenen Spannungsebenen in Einklang zu bringen und den Strom über große Distanzen zu übertragen, hat sich Ende des 19. Jahrhunderts der Wechselstrom durchgesetzt. In Europa nutzen wir eine Netzfrequenz von 50 Hertz.
Dieser Wert ist aber nur ein Idealwert. In Wirklichkeit sorgt das Ungleichgewicht zwischen Einspeisung und Abnahme ständig für kleine Abweichungen. Das lässt sich mit einer Waage veranschaulichen: Ist zu einem Zeitpunkt die insgesamt eingespeiste Leistung höher als die Gesamtabnahme, liegt die Frequenz oberhalb von 50 Hertz (die rechte Seite der Waage ist zu schwer). Ist die eingespeiste Leistung hingegen geringer als die abgenommene, fällt die Frequenz auf unter 50 Hertz (die linke Seite der Waage ist zu schwer). Auf den ersten Blick scheinen Schwankungen von bis zu 0,1 Hertz wie im Jahr 2017 nicht allzu bedeutend. Allerdings entspricht das einem Überschuss von 1 bis 1,5 Gigawatt, also der Leistung eines Blocks in einem Kernkraftwerk. Daher werden bereits bei kleinen Abweichungen zahlreiche Gegenmaßnahmen ergriffen, um den Stromnetzbetrieb zu stabilisieren. Zum Beispiel kann man ein Ungleichgewicht durch Zwischenspeicher wie große Batteriesysteme oder Pumpspeicherkraftwerke ausgleichen.
Erneuerbare Energiequellen führen nicht nur zu stärkeren Schwankungen, sondern sind als dezentrale Quellen großflächiger verteilt und oft nicht nahe an den Verbrauchsstellen. Das gilt insbesondere für Offshore-Windparks am Meer, aber auch für Windenergie- und Fotovoltaikanlagen an Land. Gleichzeitig steigt in Wohnorten die Anzahl der Fotovoltaikanlagen auf Hausdächern und Balkonen, die ebenfalls Strom ins Netz einspeisen. Aus reinen Konsumenten werden damit auch Produzenten.
Wegen all dieser Faktoren wird das Stromnetz auf verschiedenen Netzebenen ausgebaut: vom Übertragungsnetz mit Hochspannung bis hin zum Verteilnetz mit Niederspannung. So soll der Strom über lange Strecken sicher und stabil übermittelt werden, etwa vom Offshore-Windpark in der Nordsee bis nach Bayern.
Instabilität durch zusätzliche Leitungen
Das seit den 1880er Jahren historisch gewachsene Energieversorgungssystem in Europa steht damit vor einem seiner größten Umbauten. In Deutschland sind im April 2023 zunächst die Kernkraftwerke vom Netz gegangen, und bis spätestens 2038 sollen alle Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Überall sind Fotovoltaik und Windstrom auf dem Vormarsch.
Eigentlich würde man erwarten, dass eine neue Verbindung in einem Netzwerk zu einem stabileren Betrieb führt – sich der Stromfluss über das Netz also besser verteilt. Das ist aber nicht immer so. Fügt man eine Leitung an der falschen Stelle hinzu, kann das ein System destabilisieren, bis hin zum kompletten Zusammenbruch. Dieses Phänomen ist als Braess-Paradoxon bekannt, auf das der Mathematiker Dietrich Braess bereits 1968 stieß, als er Straßennetzwerke theoretisch untersuchte. Kurz darauf wurde das Paradoxon tatsächlich beobachtet, unter anderem in Stuttgart, wo eine neue Straße zu zäherem Verkehrsfluss um den Schlossplatz führte.
Denn nicht jede zusätzliche Straße bewirkt, dass die Verkehrsteilnehmer schneller an ihr Ziel gelangen. Zum Beispiel ist wissenschaftlich erwiesen, dass neue Straßen insgesamt mehr Verkehr anziehen. Aber selbst wenn man von diesem sozialen Phänomen absieht und annimmt, dass die Gesamtzahl der Fahrzeuge konstant bleibt, können neue Straßen zu Stau führen.
Braess hat das nach ihm benannte Paradoxon erstmals in einem einfachen mathematischen Modell von Verkehrsflüssen nachgewiesen. Eine schnell befahrbare, zusätzliche Straße sorgte dafür, dass alle Autos länger zu ihrem Ziel brauchten.
Unser Stromnetz braucht einen Ausbau in Form von Leitungen, um elektrische Energie von den Erzeugern zu den Verbrauchern zu transportieren. Ähnlich wie im Beispiel des Verkehrs sorgt allerdings nicht jede hinzugefügte Stromleitung automatisch für eine Verbesserung. Auch in diesem Fall kann nämlich eine neue Verbindung zu höheren Flüssen in anderen Leitungen führen und damit zu größeren Verlusten im Gesamtsystem oder gar zu einem Stromausfall.
Bereits 2012 hat einer der Autoren, Marc Timme, zusammen mit seinem Kollegen Dirk Witthaut das Braess-Paradoxon in Wechselstromnetzen vorhergesagt. In dieser Arbeit konnten sie mathematisch nachweisen, dass eine neue Verbindung in Stromnetzen zu einem Stromfluss führen kann, der andere Leitungen im Netz überlastet. Vier Jahre später haben die Elektrotechniker Ladimer Nagurney und Anna Nagurney von der University of Massachusetts Amherst diesen Effekt in sehr kleinem Maßstab für Gleichstromnetze im Labor nachgewiesen.
Das Braess-Paradoxon im Labor
Wie bereits im Verkehr stellt sich die Frage: Tritt das Braess-Paradoxon auch in der Realität auf oder handelt es sich um eine Kuriosität mathematisch konstruierter Modelle?
Um das herauszufinden, haben wir zunächst Laborversuche an unterschiedlichen Wechselstromschaltungen durchgeführt. Engagierte Kollegen von der Technischen Universität Clausthal und am nahe gelegenen Energieforschungszentrum Niedersachsen (EFZN) in Goslar haben das ermöglicht. Gemeinsam planten wir die Experimente dort bis ins Detail, um Schäden an der teuren Ausrüstung zu vermeiden. In verschiedenen Konstellationen von Verbrauchern und Erzeugern veränderten wir den Wechselstromwiderstand, um einen höheren Stromfluss zu ermöglichen. Und tatsächlich konnten wir beobachten, dass die Verbesserung einer Leitung zu zusätzlicher Belastung in einem anderen Teil des Netzes führen kann und damit dessen Stabilität gefährdet.
Als zweiten Schritt haben wir realistische Situationen im europäischen Verbundnetz simuliert. Insbesondere haben wir geprüft, ob das Paradoxon auch im zentralen deutschen Teil des Übertragungsnetzwerks auftreten könnte. Kollegen am Forschungszentrum Jülich haben umfangreiche Computersimulationen für Deutschland entwickelt und beachteten dabei die genauen technischen Gegebenheiten des aktuellen Stromnetzes, fügten aber auch bereits im Bau befindliche oder geplante Leitungen ein. Ausgesprochen interessant: Wir konnten gemeinsam verschiedene Szenarien mit Erzeugern und Verbrauchern testen und somit feststellen, welche der geplanten Leitungen Probleme verursachen können.
Um den Strom von den Windturbinen im Norden in den Süden zu transportieren, sind etwa »Stromautobahnen« geplant, die als Hochspannungs-Gleichstrom-Leitungen (HVDC, vom Englischen: high-voltage direct current) den Strom besonders verlustarm über große Distanzen übertragen. Wie sich herausstellte, liegt das Problem, wie auch im Beispiel des Verkehrs, nicht in der Überlastung der neuen Verbindungen, sondern in der Überlastung bestimmter Zubringer. Soll viel Strom über die Stromautobahn fließen, müssen alle umliegenden Leitungen mehr Last schultern. Einige werden dadurch möglicherweise überlastet, was im schlimmsten Fall zu Stromausfällen führen könnte. Daran zeigt sich: Man sollte nicht über Einzelmaßnahmen diskutieren, sondern das System ganzheitlich durchdenken und entsprechend stärken. Sogar die genaue zeitliche Reihenfolge der gebauten Leitungen kann eine wichtige Rolle spielen.
Eine intuitive Erklärung
Aber nicht immer sind solche detaillierten Netzsimulationen möglich, da sie sehr aufwändig sind. Um dennoch herauszufinden, welche Verbindungen zum Braess-Paradoxon führen könnten, haben wir ein neuartiges Verfahren entwickelt, das ohne viel Rechenzeit auskommt. Statt den gesamten Einfluss einer zusätzlichen Leitung zu untersuchen, haben wir die Stromflüsse im Netzwerk modelliert, die sich durch kleine Änderungen ergeben, indem man etwa eine existierende Leitung leicht verstärkt oder eine sehr schwache neue Verbindung hinzufügt.
Dafür haben wir zunächst so genannte Kreisflüsse untersucht. Ein Beispiel hierfür ist ein kreisförmiges Netzwerk, das aus vier Punkten besteht und die Gesamtleistungsabnahme ganzer Länder wie Deutschland, der Schweiz, Österreich und Tschechien darstellt.
Angenommen, es fließt zu einem Zeitpunkt mehr Strom durch eine neue Leitung von Deutschland in die Schweiz, weil wir gerade zu viel Wind- und Sonnenenergie erzeugen und die Schweiz einen Pumpspeicher auffüllt. Bleibt der Gesamtverbrauch der Schweiz konstant, dann bezieht sie mehr Strom von uns und weniger aus Österreich. Das ist, als hätten wir einen kleinen positiven Stromfluss in die Leitung Schweiz-Österreich in unserem Netzwerk addiert. Diese Argumentation lässt sich für alle Leitungen wiederholen: Österreich exportiert weniger Strom in die Schweiz, weshalb nun mehr Strom nach Tschechien fließt. Darum bezieht Tschechien weniger Strom aus Deutschland (was gut passt, weil ja Deutschland mehr Strom in die Schweiz schickt). Insgesamt hat der zusätzliche Strom zwischen Deutschland und der Schweiz einen Kreisfluss im gesamten Netzwerk ausgelöst: Deutschland → Schweiz → Österreich → Tschechien → Deutschland.
Diese simple Überlegung beschreibt zwar nicht vollständig die Vorgänge im realen System, hilft uns jedoch, schnell zu beurteilen, welche neuen Verbindungen das Braess-Paradoxon verursachen könnten: Zeigt der Kreisfluss in die gleiche Richtung wie der ursprüngliche Fluss in der Leitung, steigt die Belastung, und es kann zur Überlastung kommen. In einem solchen Fall muss man sicherstellen, dass genügend Kapazität frei ist, um einen stabilen Weiterbetrieb zu garantieren. Erhöht sich die Last in der bereits am stärksten belasteten Verbindung, sollte man sehr vorsichtig sein: Denn hier droht am ehesten ein Stromausfall.
Das Konzept des Kreisflusses ist einfach zu berechnen und lässt sich auch auf große vernetzte Systeme wie das deutsche Stromnetz übertragen. Es liefert zudem ein intuitives Verständnis für das Braess-Paradoxon. Führt der neue Kreisfluss zu mehr Belastung an einer Schwachstelle im Netz, kann das Paradoxon auftreten, sonst nicht.
Glücklicherweise verfügen die meisten Stromnetze über ausreichende Reservekapazitäten, um dem Braess-Paradoxon standzuhalten. Außerdem gehen die Netzbetreiber vor dem Bau neuer Leitungen und während des Betriebs gewissenhaft viele mögliche Szenarien durch. Dennoch stehen nicht immer genügend Ressourcen und Zeit zur Prüfung aller Eventualitäten zur Verfügung. Zudem kann sich die Reihenfolge des Ausbaus verschiedener Netzteile durch finanzielle oder politische Faktoren ändern. In solchen Fällen ist ein intuitives Verständnis des Braess-Paradoxons wichtig, um Planungs- und Betriebsentscheidungen zu erleichtern oder sogar zu leiten. Dann können die Stromnetze, die einen wachsenden Anteil erneuerbarer Energien enthalten, stabiler und damit insgesamt zukunftsfähiger werden.
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