Mikrotechnologie: Das Einmaleins der Luftbläschen
Luftblasen in Flüssigkeiten - das interessiert nicht nur mit Strohhalm bewaffnete Sprösslinge, sondern auch ausgewachsene Wissenschaftler. Sie bringen den Bläschen bei, was der Nachwuchs erst noch lernen muss: das Rechnen.
Schaltkreise bestehen aus Silizium, Bits aus elektrischen Strömen – so jedenfalls gilt es für den gewöhnlichen Computerchip. Es geht aber auch anders. Stattdessen verwendeten zwei Forschergruppen jetzt nämlich winzige Gasbläschen in Flüssigkeitskanälen. Dabei nutzen sie aus, dass ein Bläschen an einer Kreuzung den Weg meidet, auf dem der Flüssigkeit ein Widerstand entgegenwirkt, zum Beispiel in Form eines anderen Bläschens oder eines engeren Kanals. Wo ein Bläschen ist, dahin geht nur ungern ein zweites – genauso wie es für Elektronen gilt. Unter geschickter Berücksichtigung dieser Regel konstruierten die Forscher programmierbare Systeme aus Flüssigkeitskanälen, die nur Bruchteile von Millimetern dick sind.
Aber nicht nur die chemische Analytik soll profitieren, sondern auch Medizin und Biotechnologie, die oft mit einer Unzahl möglicher Stoffkombinationen kämpfen. Mit der neuen Methode könnten verschiedenste Substanzen in einem Chip gespeichert und entsprechend einem vorgegebenen Programm verteilt werden. Denn obgleich die Forscher in ihrer Studie nur Stickstoffbläschen in Wasser verwendeten, ließe sich das Prinzip auf alle flüssig-gasförmigen oder flüssig-flüssigen Stoffkombinationen anwenden, die sich nicht mischen. Wenn nur geringe Mengen zur Verfügung stehen, wie etwa bei teuren oder gefährlichen Stoffen, zahlt sich zudem die Sparsamkeit der Flüssigkeitsschaltungen aus.
Um Kryptographie geht es den Forschern dabei allerdings nicht, vielmehr um die Dynamik nichtlinearer Systeme. Als so genannte chaotische Systeme werden sie oft mit irreversiblen, also nicht umkehrbaren, Prozessen in Verbindung gebracht. Die Abläufe in den Kanalschleifen machen da jedoch eine Ausnahme: Sie sind sowohl nichtlinear als auch umkehrbar. Anhand ihres Aufbaus wollen die Wissenschaftler nun den Übergang zwischen reversiblem und irreversiblem Verhalten untersuchen, ein Hauptproblem in der Chaosforschung. Außerdem könnte die Signalumwandlung in rechnenden Miniaturlabors von Nutzen sein, ähnlich dem MIT-Chip.
In beiden Experimenten verwischen rechnende Substanzen die Grenze zwischen Chemie und Computer und eröffnen ein völlig neues Forschungsfeld. Siliziumchips werden die Bläschenrechner zwar kaum ersetzen, doch das tragbare Chemielabor für die Westentasche soll schon in wenigen Jahren Wirklichkeit werden.
Manu Prakash und Neil Gershenfeld vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) pressten Glaskanälchen auf einen Chip und imitieren damit einen, wenn auch primitiven, Computer [1]. Ein Bläschen im Kanal entspricht dem logischen "1"-Zustand, ein fehlendes Bläschen der "0". Eine kleine Platinheizung erzeugt die Gasbläschen, indem sie die Oberflächenspannung der Flüssigkeit so weit erniedrigt bis Luft eindringt. Bewegte Teile wie Schalter oder Ventile werden nicht benötigt. Stattdessen nutzten die Forscher allein die Wechselwirkung zwischen den Gasbläschen und Druckunterschiede, die die Flüssigkeit in Bewegung halten – genau wie Spannungsunterschiede im Silizium-Pendant. Je nach Kanalgeometrie führen die Bit-Bläschen die gleichen logischen Operationen AND, OR und NOT aus, die auch die Grundlage aller Rechenoperationen im Computer sind. Durch Verknüpfung dieser elementaren Recheneinheiten entwarfen die Wissenschaftler Zähler, Oszillatoren und Speicher.
Was zunächst nach Spielerei klingen mag, hat vielfältigste Anwendungsmöglichkeiten, etwa als chemische Miniaturlabore. Solche Systeme sind bereits seit den 1990er Jahren im Einsatz. Die Kontrolle der chemischen Reaktionen übernehmen hier computergesteuerte Ventile, was die Apparate langsam und oft unhandlich macht. Stattdessen steuern die Bläschen mit den Chemikalien jetzt automatisch durch die Kanäle – und arbeiten damit hundertmal schneller. Auch Verschleiß ist nicht zu befürchten.
Aber nicht nur die chemische Analytik soll profitieren, sondern auch Medizin und Biotechnologie, die oft mit einer Unzahl möglicher Stoffkombinationen kämpfen. Mit der neuen Methode könnten verschiedenste Substanzen in einem Chip gespeichert und entsprechend einem vorgegebenen Programm verteilt werden. Denn obgleich die Forscher in ihrer Studie nur Stickstoffbläschen in Wasser verwendeten, ließe sich das Prinzip auf alle flüssig-gasförmigen oder flüssig-flüssigen Stoffkombinationen anwenden, die sich nicht mischen. Wenn nur geringe Mengen zur Verfügung stehen, wie etwa bei teuren oder gefährlichen Stoffen, zahlt sich zudem die Sparsamkeit der Flüssigkeitsschaltungen aus.
Einen ganz ähnlichen Ansatz verfolgten George Whitesides und Michael Fuerstman an der Universität Harvard zusammen mit Piotr Garstecki an der Polnischen Akademie der Wissenschaften [2]. Gemeinsam entwarfen sie einen Flüssigkeitskanal mit asymmetrischen Schleifen, die den Gasbläschen zwei alternative Wege bieten. Normalerweise bevorzugen diese den kürzeren Pfad – nicht jedoch, wenn sich dort bereits ein Bläschen befindet. Damit gelang es den Forschern, ein Eingangssignal in Form einer bestimmten Bläschenabfolge zu verschlüsseln, das heißt ohne Informationsverlust in ein anderes Signal umzuwandeln. Wenn sie die Flussrichtung umkehrten oder die Bläschen durch eine zweite Schleife leiteten, erschien wieder das alte Signal.
Um Kryptographie geht es den Forschern dabei allerdings nicht, vielmehr um die Dynamik nichtlinearer Systeme. Als so genannte chaotische Systeme werden sie oft mit irreversiblen, also nicht umkehrbaren, Prozessen in Verbindung gebracht. Die Abläufe in den Kanalschleifen machen da jedoch eine Ausnahme: Sie sind sowohl nichtlinear als auch umkehrbar. Anhand ihres Aufbaus wollen die Wissenschaftler nun den Übergang zwischen reversiblem und irreversiblem Verhalten untersuchen, ein Hauptproblem in der Chaosforschung. Außerdem könnte die Signalumwandlung in rechnenden Miniaturlabors von Nutzen sein, ähnlich dem MIT-Chip.
In beiden Experimenten verwischen rechnende Substanzen die Grenze zwischen Chemie und Computer und eröffnen ein völlig neues Forschungsfeld. Siliziumchips werden die Bläschenrechner zwar kaum ersetzen, doch das tragbare Chemielabor für die Westentasche soll schon in wenigen Jahren Wirklichkeit werden.
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