Direkt zum Inhalt

Essverhalten: Das Ende der Apfelsaft-Diskussion

Trink jeden Tag ein Bier! Du brauchst dein Obst nicht zu waschen, bevor du es isst! Und vor allem: Nimm um Gottes Willen nicht ab! Hätte mir je ein Ernährungsberater solche Ratschläge gegeben, ich wäre sofort seine beste Kundin geworden. Nur bin ich nicht davon ausgegangen, dass solche Tipps meiner Gesundheit förderlich sind. Bis jetzt, denn seit das "Lexikon der populären Ernährungsirrtümer" seinen Weg in meine Hände gefunden hat, ist alles anders. In der neuen Auflage räumen Udo Pollmer und Susanne Warmuth gründlich auf mit Parolen wie "Abnehmen verlängert das Leben", die ich nicht nur tausendmal gehört, sondern auch noch vergleichbar oft in grauenhaften Frauenzeitschriften gelesen habe.

Warmuth ist Biologin, Pollmer leitet das Europäische Institut für Lebensmittel- und Ernährungs-wissenschaften (EuLE). Da habe ich ausgewiesene Experten in der Hinterhand, wenn ich demnächst mit meiner Mutter das Apfelsaftproblem endgültig ausdiskutiere. Bei uns gab es nämlich immer nur trüben, ergo gesunden Saft zu trinken, was ich mit Boykottversuchen quittierte. Dass die Brühe auch nur aus Konzentrat hergestellt, mit Aromastoffen versehen und künstlich getrübt wird, wusste meine Mutter offensichtlich nicht. Ich dagegen scheine mit meiner kindlichen Intuition richtig gelegen zu haben. Genauso wie in den Momenten, als ich meine Äpfel lieber am T-Shirt abrieb, statt sie zu waschen. Das hatte stets einen empörten Aufschrei zufolge, dem ich heute entgegensetzen kann: Die "gefährlichen" Schwermetalle und Spritzmittel sind so tief in der Wachsschicht drin, dass es nichts nützt, Wasser darüber laufen zu lassen. Reiben allerdings schon.

Kriminelle Moleküle?

Schon allein für diese Fakten gebührt den Autoren ewiger Dank. Weitere Lorbeeren verdienen sie, weil sie anders als mancher Diät-Guru ihre Ausführungen am Ende jedes Abschnittes mit Studien belegen. So liest es sich ganz unbeschwert in alphabetischer Reihenfolge von Cholesterin über Mediterrane Kost bis zur Vollwerternährung. Zwischen den Irrtümern und den dazugehörigen Richtigstellungen finden sich zudem immer wieder Kästen, die Themenkomplexe umfassend erklären. Da wird ein Molekül, dem ein Elektron fehlt, mal eben gleichgesetzt mit einem Gangster, dem sein Geldkoffer geklaut wurde – und schon ist jedem klar, wie Radikale funktionieren: "Wie die Gangster" entfalten sie nämlich "beachtliche Energie", um das schmerzlich vermisste Teil wiederzugewinnen. Trotz aller Nonchalance bleibt das wissenschaftliche Niveau dabei aber hoch, so dass keine Langeweile aufkommt.

Alles in allem also ein Volltreffer, den die Autoren da gelandet haben. Ich habe das Buch meiner Mutter zu Weihnachten geschenkt – um zu verhindern, dass sie mir während der Feiertage mit mediterraner Kost ankommt. Hat funktioniert.

Josephina Maier

Dieser Beitrag ist Teil eines Projektes der Studenten des 3. und 5. Semester Wissenschaftsjournalismus der Hochschule Darmstadt zum Thema "Ernährung":
Das große Fressen

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.