Direkt zum Inhalt

Extremely Large Telescope: Endspurt zum größten Teleskop der Welt

In der Atacama begegnen sich Superlative: Die trockenste Wüste der Welt wird der Standort für das größte Teleskop der Erde. Im Jahr 2015 begann die Europäische Südsternwarte ESO auf dem Gipfel des 3046 Meter hohen Bergs Cerro Armazones den Bau des Extremely Large Telescope (ELT). Inzwischen nimmt es sichtbar Formen an. Noch in diesem Jahrzehnt soll es die astronomische Forschung revolutionieren.
Künstlerische Darstellung des Extremely Large Telescope mit acht Laserstrahlen zur Projektion künstlicher Sterne
So wie in dieser Computergrafik soll es aussehen, wenn das Riesenteleskop den Betrieb aufnimmt. Das Extremely Large Telescope (ELT) schießt acht Laserstrahlen aus seinem Inneren und projiziert in der Hochatmosphäre künstliche Sterne in sein Gesichtsfeld. Damit können mit dem Teleskop aufgenommene Bilder gestochen scharf eingestellt werden.

Es ist ein anspruchsvolles Unternehmen, das alles Dagewesene der beobachtenden Astronomie in den Schatten stellt. Die Europäische Südsternwarte ESO treibt seit Jahren ein Projekt in Chile voran, um das größte Teleskop auf diesem Planeten zu errichten (siehe »Vergleich der Dimensionen«). Nach dem Very Large Telescope (VLT) mit seinen 8-Meter-Spiegeln soll es treffenderweise Extremely Large Telescope (ELT, auf Deutsch: extrem großes Teleskop) heißen und über einen segmentierten Hauptspiegel mit 39 Meter Durchmesser verfügen. Motiviert werden größere Teleskope dadurch, dass mit wachsendem Spiegeldurchmesser immer feinere Strukturen am Himmel räumlich aufgelöst sowie fernere und lichtschwächere Objekte abgebildet werden können. Das neue Flaggschiff der ESO sprengt nun den Rahmen des bislang technisch Machbaren. Die Dimensionen der Konstruktion erfasst man erst wirklich, wenn man auf dem Berggipfel direkt neben dem Riesen steht oder, noch besser, sich in dessen Inneres wagt. Der Berg Cerro Armazones, wo sich die Baustelle des ELT befindet, ist ungefähr 25 Kilometer Luftlinie vom Cerro Paranal entfernt (siehe »Ein Berg wird passend gemacht«). Letzterer ist der Hausberg des VLT, das im Jahr 2024 sein 25-jähriges Jubiläum feiert.

Ein Berg wird passend gemacht | In der chilenischen Atacama ragt der Berg Cerro Armazones 3046 Meter auf (links). Er ist in Sichtweite zum Very Large Telescope auf dem Cerro Paranal und fast 500 Meter höher als dieser. Damit der Armazones das moderne Observatorium des ELT tragen kann, wurde im Jahr 2015 begonnen, den Berggipfel abzutragen und einzuebnen (rechts). Die beiden Fotos zeigen die Baustelle, wie sie vor wenigen Jahren aussah.
Vergleich der Dimensionen | Diese Infografik zeigt erdgebundene Teleskope im gleichen Maßstab und führt die enormen Ausmaße des Extremely Large Telescope (ELT) plastisch vor Augen. Andere Großteleskope wirken gegenüber dem ELT wie Miniaturen. Aktueller Rekordhalter ist das Gran Telescopio Canarias (GranTeCan) auf La Palma mit seinem 10,4-Meter-Hauptspiegel. Der Bau des Thirty Meter Telescope (TMT, 30 Meter Spiegeldurchmesser) auf dem hawaiianischen Berg Mauna Kea wurde vorerst mit Protesten von Ureinwohnern gestoppt. Ebenfalls in Planung beziehungsweise im Bau sind das Giant Magellan Telescope (sieben Primärspiegel mit jeweils 8,4 Meter Durchmesser) beziehungsweise das Large Synoptic Survey Telescope (LSST) mit einem 8,4-Meter-Hauptspiegel. Letzteres heißt jetzt Vera C. Rubin Observatory und soll im Jahr 2025 First Light haben.

Schon von Weitem sichtbar

In den letzten Jahren ging es mit der ELT-Baustelle deutlich voran (siehe »Gewaltiger Dom vor karger Kulisse«). Inzwischen ist schon die Azimut-Plattform des Teleskops vorhanden. Sie dient dazu, die Blickrichtung des Teleskops in der Horizontalen zu schwenken, also nach links und nach rechts. Natürlich muss es auch in der Senkrechten bewegt werden können. Für diese Höhenachse existiert bereits die Struktur des Teleskops mit den runden Halbschalen des Achsenlagers. Zudem wurde die Basisstruktur für die gigantische Spiegelzelle installiert (siehe »Thron für den Spiegelkoloss«).

Gewaltiger Dom vor karger Kulisse | Nach Jahren der Vorbereitungen lassen sich im Juni 2024 konkrete Formen des ELT erkennen. Schon aus größerer Distanz sieht man eine riesige, halbkugelförmige Metallgitterstruktur, die von zahlreichen Kränen umgeben ist. Es ist die Silhouette des größten Teleskops der Erde.
Thron für den Spiegelkoloss | Der 39 Meter große Hauptspiegel (M1) des ELT wiegt 200 Tonnen – ungefähr so viel wie ein Blauwal. Im Juli 2024 entstand dieses Foto mit einer Drohne, das nicht den Spiegel, sondern die mächtige Haltekonstruktion zeigt, welche die enorme Last tragen wird. Sie gewährleistet, dass der Spiegel seine Form behält, damit die Abbildung scharf bleibt. Technisch ist das hochgradig anspruchsvoll, weil unterschiedliche Schwerkraftbelastungen, Windbedingungen, Vibrationen oder Temperaturschwankungen ständig die Abbildungsqualität beeinflussen. Die hier gezeigte M1-Zelle (weiß) verfügt über Öffnungen und begehbare Bereiche unterhalb der Spiegelhalterungen, die den Zugang zu jedem Segment für Wartungszwecke erlauben. Im Loch in der Mitte wird noch ein Turm gebaut werden, der weitere Spiegel des ELT tragen wird.

Aufwand, der sich lohnt

Da ganz Chile ein gefährliches Erdbebengebiet ist, musste beim Design der Kuppel und des Teleskops viel Aufwand für Erdbebenresistenz getrieben werden. Das wird deutlich, wenn man sich unter die Azimut-Plattform begibt, wo riesige seismische Dämpfungselemente installiert sind (siehe »Unter dem Riesen«). Auch die Betonplatte, auf der die gesamte – bei Fertigstellung mehr als 6000 Tonnen schwere – und im oberen Teil drehbare Kuppel steht, ist auf über 100 Gummidämpfungselementen gelagert. Der Aufwand ist jedoch gerechtfertigt, denn die Bedingungen für astronomische Beobachtungen sind hier einzigartig. Große Stahlstrukturen werden im Basecamp am Fuße des Armazones vormontiert und auf einem Spezialfahrzeug über die sich zum Gipfel hinaufwindende Straße direkt zum Teleskop transportiert, um dort mit einem 600-Tonnen-Kran in Position gebracht und verschraubt zu werden. Schwindelfreie Montagearbeiter werden dazu in einem Korb am Kran hängend auf bis zu 80 Meter Höhe gehievt, um die sage und schreibe am Ende 30 Millionen Schrauben anzuziehen. Ist es zu windig am Berg, müssen solche Arbeiten pausieren und bessere Konditionen abgewartet werden. Inzwischen sind auch schon die ersten, aus mehreren thermisch isolierenden Schichten bestehenden Außenverkleidungspaneele der Kuppel installiert, und man kann sich langsam eine Vorstellung davon machen, wie sie einmal aussehen wird.

Unter dem Riesen | Die Plattform des Teleskops ist auf Säulen mit Dämpfungselementen gelagert, damit das Teleskop Erdbeben in Chile standhalten kann. Es muss ein mulmiges Gefühl sein, unter der tonnenschweren Konstruktion zu stehen.
Ein Sechseck wird vorbereitet | In der Fertigungshalle bearbeiten zwei Angestellte ein einzelnes Spiegelsegment des ELT-Hauptspiegels.

Erste Spiegelsegmente in Chile

Gegenüber auf dem Paranal ist bereits das Gebäude namens ETF (ELT Technical Facility) fertig gestellt worden. In seinem Inneren befinden sich zwei spezielle Spiegelbeschichtungsanlagen sowie scheinbar endlose Lagergestelle. Bis Mitte Mai 2024 waren schon die ersten 90 der insgesamt 798 sechseckigen (hexagonalen) Spiegelelemente für den Hauptspiegel des ELT per Schiff aus Europa eingetroffen, und regelmäßig kommen weitere Segmente an. Alle Segmentrohlinge wurden inzwischen vom deutschen Konzern SCHOTT als runde Scheiben gegossen (siehe »Ein Sechseck wird vorbereitet«); die Firma Safran Reosc in Frankreich ist dabei, sie in ihre hexagonale Form zu schneiden und zu polieren. Das Team in Paranal hat mit der routinemäßigen Beschichtung begonnen. In einem riesigen Reinraum im ETF durchlaufen die einzelnen, 1,5 Meter großen Segmente verschiedene Prozesse. Nach einer ersten Inspektion und Vortests erfolgt die Reinigung der Zeroduroberfläche mit Alkohol. Eine Maschine prüft im Anschluss, ob die Spiegelfläche perfekt sauber ist, bevor das Segment in die Beschichtungsanlage hineinfährt. Dort werden im Hochvakuum durch Kathodenzerstäubung mehrere verschiedene Lagen auf die polierte Glaskeramik aufgetragen. Neben der reflektierenden Schicht aus Silber enthält die Beschichtung zusätzliche Lagen aus Nickel-Chrom und Siliziumnitrid, um die Haftung am Spiegelrohling zu verbessern und das Silber vor dem Anlaufen durch Sauerstoff und Schwefel in der Luft zu schützen.

Danach erfolgt ein Qualitätscheck, bei dem die Reflexion der beschichteten Oberfläche gemessen wird. Zum Schluss werden noch die Kantensensoren (englisch: edge sensors) integriert, zwei an jeder der sechs Seiten. Sie ermöglichen später im Teleskop, die Segmente relativ zueinander auf milliardstel Meter (Nanometer) genau in allen drei Achsen auszurichten. Nur so können die 798 Segmente wirklich wie ein einziger Gesamtspiegel funktionieren. Schließlich wird das fertige Segment per Kran wieder in seine Transportbox gelegt und verbleibt dann im Lager, bis es im ELT installiert werden kann. Bereits jetzt durchlaufen zwei Segmente pro Tag praktisch wie in einer industriellen Produktionsstraße die einzelnen Arbeitsstationen, und mehrere dutzend Spiegelsegmente sind schon fertig. Der Prozess wird so lange fortgesetzt, bis alle 798 sowie die Ersatzsegmente verspiegelt und einsatzbereit sind. Später, wenn das ELT in Betrieb ist, werden hier weiterhin routinemäßig täglich zwei Spiegelsegmente mit einer neuen Beschichtung versehen, um eine kontinuierlich hochwertige optische Qualität des Hauptspiegels zu gewährleisten. Zudem gibt es mehr als 100 zusätzliche Segmente, die den täglichen Austausch für die Neuverspiegelung ermöglichen, da sie sofort durch vorbereitete Segmente aus der Reserve ersetzt werden können.

Die Spiegel des ELT | Das optische System des ELT besteht aus den fünf Spiegeln M1 bis M5. Der größte von ihnen ist der segmentierte Hauptspiegel M1 mit 39 Meter Durchmesser. Er setzt sich aus 798 sechseckigen Elementen zusammen, die ständig in eine ideale Form gebracht werden müssen. Der Sekundärspiegel M2 senkrecht über M1 ist mit 4,2 Meter Durchmesser schon deutlich kleiner. Die weiteren Spiegel reflektieren das Licht und leiten es weiter. Dabei erfüllen die letzten Spiegel M4 und M5 eine wichtige Funktion: Ihre schnellen Bewegungen gleichen die turbulenten Strömungen in der Erdatmosphäre oberhalb des Teleskops aus. Nur so wird das ELT gestochen scharfe Bilder liefern können. Die Spiegel der ELT-Optik sind entweder flach oder nach innen (konkav) beziehungsweise nach außen gewölbt (konvex).

Adaptive Optik

Die Bildauflösung eines Teleskops ist theoretisch direkt proportional zu seinem Durchmesser. In der Praxis wird das jedoch bei erdgebundenen Teleskopen durch die Luftunruhe der Atmosphäre eingeschränkt. Mit Hilfe modernster Technik, der adaptiven Optik, die von der ESO am Very Large Telescope schon lange eingesetzt wird, lässt sich dieser Nachteil allerdings abstellen, und so kann man heute die volle beugungsbegrenzte Bildauflösung erreichen.

Wellenfrontsensoren messen permanent die bildverzerrenden Turbulenzen der Luftschichten über dem Teleskop und verformen einen flexiblen Spiegel genau entgegengesetzt, wodurch das Bild wieder scharf abgebildet wird. Im ELT wird dazu der größte jemals gebaute adaptive Spiegel eingesetzt. Es ist der vierte Spiegel (englisch: mirror) namens M4 im Spiegelsystem des ELT (siehe »Die Spiegel des ELT«). Der flache und nur knapp zwei Millimeter dünne M4-Spiegel hat einen Durchmesser von 2,4 Metern und wird von 5000 Magneten im Abstand der Dicke eines Menschenhaars über einer Referenzplatte in der Schwebe gehalten. Die Magnete dienen in Verbindung mit elektromagnetischen Spulen nach dem Lautsprecherprinzip als Aktuatoren, um die Spiegelfläche laufend kontrolliert zu verformen. Zum Vergleich: Der adaptive M2 des VLT hat einen Durchmesser von 1,1 Metern und verfügt über 1170 Aktuatoren. Neben den Luftturbulenzen korrigiert der M4 auch eventuelle durch Wind verursachte Vibrationen des Teleskops.

Um die für die Ansteuerung des flexiblen Spiegels benötigten Messdaten zu erhalten, wird das ELT mit bis zu acht starken Lasern ausgestattet (siehe »Gigant in Aktion«). Das Laserlicht regt Natriumatome in einer Atmosphärenschicht zum Leuchten an, die sich in 90 Kilometer Höhe befindet. Die extrem schnellen Rechner der adaptiven Optik analysieren die Bilder der so erzeugten künstlichen Sterne und berechnen daraus 1000-mal pro Sekunde neue Korrekturwerte für die Aktuatoren.

Obwohl das ELT etwa 25 Kilometer Luftlinie von Paranal entfernt liegt, ist geplant, die nächtlichen Beobachtungen vom existierenden Kontrollraum auf Paranal aus durchzuführen, von dem aus auch das VLT bedient wird. Dazu wird schon heute der Betrieb des VLT optimiert, so dass das neue Teleskop nahtlos in den laufenden Betrieb integriert werden kann.

Instrumente in neuen Dimensionen

Ein wichtiges Forschungsfeld des ELT wird die direkte Beobachtung von Exoplaneten aller Größenklassen bis hin zu erdähnlichen Gesteinsplanenten sein. Dabei möchte man auch herausfinden, woraus die Atmosphären der Exoplaneten bestehen. Aus diesem Grund sind gleich mehrere der ELT-Instrumente darauf ausgelegt, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Zeitgleich mit dem Bau des Teleskops in der Atacama-Wüste wird in Europa gerade die erste Generation von Instrumenten für das ELT entwickelt. Bedingt durch die langen Vorlaufzeiten sind auch Instrumente der zweiten Generation bereits in Planung.

Auf jeweils einander gegenüberliegenden Seiten des Primärspiegels befinden sich zwei tennisplatzgroße Nasmyth-Plattformen. Sie sind benannt nach dem Nasmyth-Fokus, der seitlich neben der Hauptachse liegt, die von den Spiegeln M1 und M2 gebildet wird. Auf jeder Nasmyth-Plattform finden drei riesige Instrumente Platz. Welche das sind, soll im Folgenden erklärt werden.

ANDES (ArmazoNes high Dispersion Echelle Spectrograph), ein hochauflösender Echelle-Spektrograf, der später am ELT hinzukommen soll. Mit ihm soll unter anderem nach Spuren von Leben auf Exoplaneten gesucht und die beschleunigte Expansion des Universums gemessen werden. Bei Echelle-Spektrografen wird die Strahlung mit Hilfe eines Gitters in seine Farbanteile aufgespalten. Echelle-Spektren bestehen aus fast parallel verlaufenden Beugungsbändern. Sie ähneln Sprossen einer Leiter (französisch: échelle).

HARMONI (High Angular Resolution Monolithic Optical and Near-infrared Integral field spectrograph) ist ein weiteres ELT-Instrument, ein so genannter Breitband-Integralfeldspektrograf für das Nahinfrarot. Derartige Instrumente kommen auch am VLT zum Einsatz. Sie liefern auf einen Schlag Spektren von sämtlichen Quellen im Gesichtsfeld. Dem Instrument ist MORFEO vorgeschaltet, eine Einheit für die adaptive Optik. Nur so werden feine Details mit Winkelgrößen im Bereich von Millibogensekunden sichtbar. Anschaulich lässt sich das so beschreiben: Wenn man von München aus im 500 Kilometer entfernten Berlin eine Hand anvisiert, so kann man mit HARMONI noch die einzelnen Finger auflösen.

METIS (Mid-infrared ELT Imager und Spectrograph) wird ebenfalls zum First Light seinen Betrieb aufnehmen. Mitte Mai 2024 hat es als erstes der ELT-Instrumente eine wichtige Hürde genommen, die abschließende Prüfung des Entwurfs (englisch: final design review); seine Bauphase hat daher begonnen. Es wird das einzige Instrument für das mittlere Infrarot sein, also für Wellenlängen, die etwas größer sind als im Nahinfrarot. Es ist unter anderem darauf ausgerichtet, in der Entstehung befindliche Planetensysteme zu untersuchen und mit Hilfe eines Koronografen Exoplaneten und deren Atmosphären zu analysieren. Um im Wellenlängenbereich des mittleren Infrarots beobachten zu können, müssen die Optiken und Detektoren in einem Vakuumgefäß auf –230 Grad Celsius abgekühlt werden. Es können damit auch kühlere Objekte bis hin zu Gesteinsplaneten erfasst und analysiert werden. Der Koronograf ist eine Art Blende und deckt das Licht des zentralen Sterns ab, welcher die Planeten mit seinem millionenfach helleren Licht sonst hoffnungslos überstrahlen würde. Vergleichen lässt sich das mit der Aufgabe, ein Glühwürmchen direkt neben dem Scheinwerfer eines Leuchtturms sichtbar machen zu wollen – und das, wenn der Leuchtturm Hunderte von Kilometern entfernt ist.

MICADO (Multi-AO Imaging Camera for Deep Observations) ist eines der Instrumente, die beim First Light die ersten Bilder liefern sollen. Mit seinem Gewicht von 20 Tonnen und einer Höhe von sechs Metern wirken selbst die größten VLT-Instrumente vergleichsweise klein dagegen. MICADO besteht aus einer bildgebenden Kamera sowie einem Spektrografen und wird im Nahinfrarot eingesetzt. In Verbindung mit adaptiver Optik wird man mit diesem Instrument eine bis zu sechsmal bessere Bildschärfe als mit dem James-Webb-Teleskop erreichen. Erforscht werden sollen damit unter anderem Exoplaneten, feine Strukturen in entfernten Galaxien sowie einzelne Sterne in nahen Galaxien. Auch die Umgebung des Schwarzen Lochs in unserem Milchstraßensystem wird man mit bisher nicht gekannter Präzision untersuchen können.

MORFEO (Multi-conjugate adaptive Optics Relay For ELT Observations): Das Instrument wird nicht für eigenständige Beobachtungen genutzt, sondern ist vielmehr ein System für die adaptive Optik, um höchste Auflösungen zu erzielen.

MOSAIC (Multi-Object Spectrograph) ist ebenfalls ein Spektrograf. Eine Spezialität dieses Instruments wird die Analyse von nahen und fernen Galaxien sein. So kann auf die Verteilung von Dunkler Materie geschlossen werden.

Für Design, Entwicklung und Bau von ELT-Instrumenten spielen auch deutsche Forschungseinrichtungen und Universitäten eine wichtige Rolle. So sind beispielsweise das Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, die Landessternwarte Heidelberg, das Zentrum für Astronomie an der Universität Heidelberg, das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching, die Universitäts-Sternwarte München, die Thüringer Landessternwarte Tautenburg, das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam, die Universität Göttingen und die Hamburger Sternwarte an der Universität Hamburg beteiligt.

Die ESO stellt die Instrumente des ELT auf der Website https://elt.eso.org/instrument/ sehr detailliert vor und gibt Spezifikationen nach dem aktuellen Planungsstand an. Außerdem gibt es Werkzeuge, um Beobachtungen mit dem jeweiligen Instrument zu simulieren.

Das First Light des neuen Riesenteleskops ist für das Jahr 2028 geplant. Das ELT wird aller Voraussicht nach das erste Teleskop in dieser vollkommen neuen Größenklasse sein und verspricht bahnbrechende astronomische Entdeckungen und neue Erkenntnisse.

Die Spannung steigt

Zusammen mit dem im Jahr 2021 gestarteten James-Webb-Weltraumteleskop wird das ELT die Astronomie in völlig neue Dimensionen katapultieren. Allein die Größe des Hauptspiegels stellt sicher, dass hellere und schärfere Bilder von allen möglichen kosmischen Objekten erwartet werden dürfen. So wird das ELT die Erforschung des Sonnensystems genauso nachhaltig beeinflussen wie die Beobachtungen von Sternen und ihren Exoplaneten, von Galaxien und ihren Schwarzen Löchern sowie der Kosmologie.

Aktuelle Entwicklungen

Kurz vor Redaktionsschluss veröffentlichte die ESO eine Pressemitteilung, die das ELT betrifft. Am 3. September hat das in diesem Beitrag erwähnte ELT-Instrument MICADO die abschließende Designprüfung – im internationalen Fachjargon final design review genannt – bestanden. Das ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Fertigstellung der Kamera.

Nur einen Tag später wurde bei der spanischen Firma Sener, die ihren Sitz in der Nähe Barcelonas hat, die Spiegelzelle für den Spiegel M5 fertiggestellt. Es ist zwar der kleinste Spiegel in der Optik des ELT, aber der größte Kippspiegel, der jemals für ein Teleskop gebaut wurde.

WEITERLESEN MIT »SPEKTRUM +«

Im Abo erhalten Sie exklusiven Zugang zu allen Premiumartikeln von »spektrum.de« sowie »Spektrum - Die Woche« als PDF- und App-Ausgabe. Testen Sie 30 Tage uneingeschränkten Zugang zu »Spektrum+« gratis:

Jetzt testen

(Sie müssen Javascript erlauben, um nach der Anmeldung auf diesen Artikel zugreifen zu können)

  • Quellen
Althaus, T.: Bau des ELT macht weitere Fortschritte. Sterne und Weltraum 2/2023, S. 12
Müller, A.: Neue Direktorin am MPI für Astronomie. Interview mit Laura Kreidberg. Sterne und Weltraum 10/2020, S. 42 – 43

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.