Sardinien: Das Geheimnis des Sardonischen Lachens
Das "Sardonische Lachen" ist grimmig und schmerzvoll – ein trotziges Lachen im Angesicht des Todes. Die Legende besagt, dass es seinen Ursprung in Sardinien hat, wo Sterbenden giftige Kräuter verabreicht wurden, um sie lächelnd ins Jenseits zu bringen. Forscher der Università di Cagliari in Sardinien sind nun auf eine Pflanze gestoßen, deren Gift tatsächlich Muskelkontraktionen auslösen und ein solch grimassenhaftes Lachen bewirken kann: Der röhrige Wasserfenchel.
Er kommt bevorzugt in sumpfigen Gegenden vor und enthält das Gift Oenanthotoxin. Sein Genuss führt zu Krämpfen und einem unnatürlichen Gesichtsausdruck, der einem Lachen gleicht. Die Römer beschrieben es als "Risus sardonicus". Geprägt wurde das "bittere Lachen" aber bereits von den Griechen im 8. Jahrhundert v. Chr. In Homers "Odyssee" lacht Odysseus sardonisch in sich hinein, als er – als Bettler verkleidet – seine Frau mit einem Anderen vorfindet.
Mauro Ballero von der Università di Cagliari erklärt, dass Kulturanthropologen seit langem auf ein besonderes Tötungsritual der alten Sardinier hinweisen: Wie antike Geschichtsschreiber berichteten, wurden schwache, ältere Leute, die sich nicht mehr selbst versorgen konnten, mit dieser Pflanze vergiftet und anschließend von einem hohen Fels gestoßen oder zu Tode geprügelt. "Unsere Entdeckung unterstützt diese Vermutung", sagt Ballero.
Ähnlich grausam könnte es bei den Phöniziern zugegangen sein, die ab dem 9. Jahrhundert v. Chr. Sardinien belagerten: Sie sollen ihren Verurteilten das Gift verabreicht haben, damit diese den Tod mit einem Lächeln begrüßen konnten – denn der bedeutete gleichzeitig den Beginn eines neuen Lebens.
Tabea Rueß
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