Genetik: Das Heil liegt in den Genen
Schwere Depressionen lassen sich mit einer ganzen Reihe von Medikamenten behandeln. Doch nicht alle Substanzen wirken bei jedem Patienten. Über Erfolg oder Misserfolg entscheidet einziger Genbaustein.
Viele Patienten, die unter einer schweren Depression leiden, verzweifeln, wenn sie nach einem wirksamen Antidepressivum suchen. Tatsächlich führen die Arzneimittel nach acht bis zwölf Wochen nur bei sechzig Prozent der Betroffenen zu einer vollständigen Heilung.
Wovon hängt dieser Therapieerfolg ab? Wissenschaftler wie Manfred Uhr vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München suchen die Antwort in Gensequenzen von Faktoren, die eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Krankheit und in der Wirksamkeit der Medikamente spielen könnten. Seine Arbeitsgruppe richtete ihr Augenmerk auf das Gen ABCB1, das an einer entscheidenden Stelle im Gehirn eingreift: der Blut-Hirn-Schranke.
Dieser Schutzmechanismus kontrolliert, welche Stoffe in welchen Mengen zum höchsten Steuerungsorgan gelangen, und verhindert damit das Eindringen von schädlichen körperfremden Substanzen. Das gilt auch für Medikamente. Spezielle Transporter-Moleküle erlauben den kontrollierten Zutritt sowie den aktiven Rücktransport und gewährleisten physiologisch wirksame Konzentrationen im Gehirn. Das ABCB1-Gen kodiert für solch ein Transportmolekül: das P-Glykoprotein, welches wie eine Pumpe Substanzen aus der Hirnflüssigkeit ins Blut zurück transportiert.
An 443 Patienten mit einer Depression untersuchten Manfred Uhr und seine Kollegen, ob der Therapieerfolg der Antidepressiva mit individuellen genetischen Unterschieden des ABCB1-Gens zusammenhängt. Von 95 Versionen des Gens verbesserten tatsächlich mehrere den Therapieerfolg von Antidepressiva, die vom P-Glykoprotein transportiert werden: Patienten, welche an einer bestimmten Position den Genbaustein Cytosin trugen, hatten eine 2,5-fach höhere Wahrscheinlichkeit, nach vier bis sechswöchiger Behandlung wieder gesund zu werden als Nicht-Cytosin-Träger.
Die Forscher vermuten, dass die unterschiedliche Wirkung von Antidepressiva bei depressiven Patienten mit den identifizierten Unterschieden im ABCB1-Gen zusammenhängt.
"Mit diesen Ergebnissen kommen wir einer personalisierten Therapie für die Depression einen weiteren Schritt näher", meint der Direktor des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie, Florian Holsboer. Künftige Gentests könnten eine kostenintensive und vor allem unwirksame Therapie samt eventuellen Nebenwirkungen vermeiden.
Die Wissenschaftler fordern, dass bei allen im Gehirn wirkenden Medikamenten untersucht werden sollte, ob sie als Substrat des P-Glykoproteins dienen – und zwar schon bevor sie ihre Wirksamkeit in klinischen Studien beweisen müssen: "Viele in der Entwicklung stehende Substanzen könnten die notwendigen hohen Wirkprofile und geringere Nebenwirkungen zeigen, wenn sie ausschließlich an Patienten getestet würden, die auf Grund ihres Genprofils auf diese Substanzen positiv reagieren können." Bleiben die genetischen Unterschiede der Probanden in klinischen Studien unberücksichtigt, dann fallen möglicherweise manchen Wirkstoffe durch, die durchaus bestimmten Patienten helfen könnten.
Wovon hängt dieser Therapieerfolg ab? Wissenschaftler wie Manfred Uhr vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München suchen die Antwort in Gensequenzen von Faktoren, die eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Krankheit und in der Wirksamkeit der Medikamente spielen könnten. Seine Arbeitsgruppe richtete ihr Augenmerk auf das Gen ABCB1, das an einer entscheidenden Stelle im Gehirn eingreift: der Blut-Hirn-Schranke.
Dieser Schutzmechanismus kontrolliert, welche Stoffe in welchen Mengen zum höchsten Steuerungsorgan gelangen, und verhindert damit das Eindringen von schädlichen körperfremden Substanzen. Das gilt auch für Medikamente. Spezielle Transporter-Moleküle erlauben den kontrollierten Zutritt sowie den aktiven Rücktransport und gewährleisten physiologisch wirksame Konzentrationen im Gehirn. Das ABCB1-Gen kodiert für solch ein Transportmolekül: das P-Glykoprotein, welches wie eine Pumpe Substanzen aus der Hirnflüssigkeit ins Blut zurück transportiert.
An 443 Patienten mit einer Depression untersuchten Manfred Uhr und seine Kollegen, ob der Therapieerfolg der Antidepressiva mit individuellen genetischen Unterschieden des ABCB1-Gens zusammenhängt. Von 95 Versionen des Gens verbesserten tatsächlich mehrere den Therapieerfolg von Antidepressiva, die vom P-Glykoprotein transportiert werden: Patienten, welche an einer bestimmten Position den Genbaustein Cytosin trugen, hatten eine 2,5-fach höhere Wahrscheinlichkeit, nach vier bis sechswöchiger Behandlung wieder gesund zu werden als Nicht-Cytosin-Träger.
Die Forscher vermuten, dass die unterschiedliche Wirkung von Antidepressiva bei depressiven Patienten mit den identifizierten Unterschieden im ABCB1-Gen zusammenhängt.
"Damit kommen wir einer personalisierten Therapie einen weiteren Schritt näher"
(Florian Holsboer)
Zuvor hatten sie bei Mäusen bereits nachgewiesen, dass das P-Glykoprotein einzelne Medikamente wie Citalopram, Paroxetin, Venlafaxine und Amitriptylin aus dem Gehirn transportiert, während es andere Antidepressiva wie etwa Mirtazapine nicht als Substrat erkennt. (Florian Holsboer)
"Mit diesen Ergebnissen kommen wir einer personalisierten Therapie für die Depression einen weiteren Schritt näher", meint der Direktor des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie, Florian Holsboer. Künftige Gentests könnten eine kostenintensive und vor allem unwirksame Therapie samt eventuellen Nebenwirkungen vermeiden.
Die Wissenschaftler fordern, dass bei allen im Gehirn wirkenden Medikamenten untersucht werden sollte, ob sie als Substrat des P-Glykoproteins dienen – und zwar schon bevor sie ihre Wirksamkeit in klinischen Studien beweisen müssen: "Viele in der Entwicklung stehende Substanzen könnten die notwendigen hohen Wirkprofile und geringere Nebenwirkungen zeigen, wenn sie ausschließlich an Patienten getestet würden, die auf Grund ihres Genprofils auf diese Substanzen positiv reagieren können." Bleiben die genetischen Unterschiede der Probanden in klinischen Studien unberücksichtigt, dann fallen möglicherweise manchen Wirkstoffe durch, die durchaus bestimmten Patienten helfen könnten.
© Max-Planck-Gesellschaft/spektrumdirekt
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