News: Das 'Ich' sitzt rechts
Um diese Frage zu klären, untersuchte Keenan zusammen mit seinen Kollegen fünf Epilepsie-Patienten, bei denen jeweils eine Hirnhälfte für etwa drei Minuten betäubt wurde. Während der Betäubung sahen die Patienten ein Gesicht, das per Computer aus ihrem eigenen Antlitz und das einer berühmten Person zusammengesetzt war – bei den Männern Bill Clinton oder Albert Einstein, bei den Frauen Marylin Monroe oder Prinzessin Diana. Nach der Betäubung sollten sich die Patienten an das gesehene Gesicht erinnern. War die linke Hemisphäre betäubt, so glaubten alle fünf, nur sich selbst gesehen zu haben. Bei Betäubung der rechten Gehirnhälfte erinnerten sich dagegen vier Patienten nur an das prominente Gesicht.
Ein ähnliches Ergebnis fanden die Wissenschaftler auch bei Gesunden: Bei allen zehn getesteten Versuchspersonen zeigte die rechte Hemisphäre eine erhöhte Aktivität, wenn sie mit Mischgesichtern aus dem eigenen und einem berühmten Konterfei konfrontiert wurden. Bestand das Testgesicht dagegen aus einer Mischung aus Prominenz und einem Bekannten, blieben beide Hirnhälften gleich aktiv (Nature vom 18. Januar 2001).
"Es ist kein Alles-oder-Nichts-Phänomen, aber das Erkennen des eigenen Gesichtes scheint eine bevorzugte Fähigkeit der rechten Hemisphäre zu sein", fasst Keenan die Ergebnisse zusammen. "Keenan und seine Kollegen konnten zeigen, dass man durch die Betäubung der einen oder der anderen Hirnhälfte die Selbsterkenntnis buchstäblich an- oder abschalten kann", meint Gordon Gallup von der State University of New York. Der Mitautor der Studie Alvaro Pascual-Leone gibt sich jedoch etwas vorsichtiger: "Wir können nicht sagen, dass nur dort [in der rechten Hemisphäre] die Selbsterkenntnis sitzt. Solch ein komplexes Phänomen wie die Selbsterkenntnis benötigt die koordinierte Tätigkeit vieler verschiedener Hirnareale."
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 3.1.2001
"Den kenn' ich doch..."
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 30.11.2000
"Spieglein, Spieglein an der Wand"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft 3/97, Seite 25
"Wie wir uns Gesichter merken und an sie erinnern"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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