News: Das kleine Affen-Einmaleins
In früheren Experimenten wurden den beiden Affen 35 Kombinationen von Bildern auf einem berührungssensitiven Bildschirm gezeigt. Jedes Bild enthielt bis zu vier Objekte: zum Beispiel ein Dreieck, zwei Bananen, drei Herzen oder vier Äpfel. Die Anordnung der Bilder auf dem Bildschirm war zufallsgesteuert, damit die Affen den Ort des Bildes nicht mit einem Inhalt in Verbindung bringen konnten oder nur bestimmte Bewegungsfolgen erlernten. Die Eigenschaften der Bilder, die nichts mit der Objektanzahl zu tun hatten, wie etwa Größe, Umriß oder Farbe, variierten ebenfalls nach dem Zufallsprinzip.
Sobald die Versuchstiere die Bilder in der richtigen Reihenfolge berührten, die der Anzahl der dargestellten Objekte entsprach, wurden sie mit Futter belohnt. Sie mußten mit dem Bild anfangen, welches die wenigsten Objekte enthielt, und als letztes auf das mit der größten Anzahl tippen. Zum Beispiel sollten sie zuerst auf ein Quadrat, dann zwei Bäume, danach drei Ovale und schließlich vier Blumen zeigen. Wenn sie einen Fehler machten, wurde der Bildschirm für einige Sekunden dunkel, und danach begann ein neuer Versuchsdurchlauf mit anderen Bildern. Auf diese Weise wurden die Affen darin trainiert, sich ohne verbale Anleitung mit der Bildung von Reihen zu beschäftigen.
Im Verlauf der Versuche mit den 35 verschiedenen Bildzusammenstellungen wurden die Affen immer erfolgreicher. Darufhin folgte ein neues Experiment mit 150 Durchläufen. Diesmal enthielten die Bilder fünf bis neun Objekte. Dies hatte aber keinen Einfluß auf die antrainierten Fähigkeiten von Rosencrantz und Macduff: Sie zeigten ebenso gute Resultate wie bei den Versuchen mit weniger Objekten. Brannon betont, daß "es keinen anderen Weg für die Affen gab, dies zu tun, als einige numerische Regeln zum Anordnen der Bildinhalte gelernt zu haben."
Die Forscher haben auch untersucht, ob die Affen in der Lage waren, Relationen zwischen nicht direkt aufeinanderfolgenden Zahlen zu verstehen: zum Beispiel, daß fünf Objekte mehr als drei sind. Brannon und Terrace zeigten den Versuchstieren zu diesem Zweck Zusammenstellungen mit bis zu neun Objekten pro Bild. Die richtige Lösung dieser Aufgabe war es, zunächst auf das Bild mit der kleineren Objektzahl zu tippen, dann auf dasjenige mit den zahlreicheren Figuren. Rosencrantz und Macduff fanden auch dann die richtigen Antworten, wenn mehr als vier Objekte auf den Bildern zu sehen waren. Brannon beurteilt die Resultate als besonders bemerkenswert, da sie zeigen, daß die Affen ein Verständnis für Zahlen entwickeln, das ihnen nicht von ihren menschlichen Lehrern beigebracht wurde.
Die Wissenschaftler glauben, daß sich Arithmetik und Sprache voneinander getrennt entwickelt haben. Sie nehmen an, die Fähigkeit mit Zahlen zu hantieren, geht der menschlichen Sprache voraus. Terrace hält dies für nachvollziehbar: " Sprache ist eine komplexe soziale Fähigkeit, während das Zählen von Individuen gelernt werden kann. Es ist nützlich bei der Vorratshaltung, beim Einschätzen der Anzahl von Feinden oder beim Ordnen der Zahl von dominanten Männchen in einer Gruppe."
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