Galaxienentwicklung: Das kosmologische Rätsel der fehlenden Zwerggalaxien
Astronomen um Alejandro Benítez Llambay an der Universidad Nacional de Córdoba in Argentinien haben mit dem "Cosmic Web Stripping" einen Erklärungsansatz dafür gefunden, warum die Anzahl beobachteter Zwerggalaxien viel kleiner ist als von theoretischen Modellen vorhergesagt. Ausgehend von einem Universum, das hauptsächlich aus kalter Dunkler Materie und Dunkler Energie besteht, stellt das Problem der "fehlenden Zwerggalaxien" eines der größten Rätsel für das Verständnis der Galaxienentwicklung dar.
Astronomische Beobachtungen haben in den letzten beiden Jahrzehnten gezeigt, dass unser Universum zu etwa 75 Prozent aus Dunkler Energie, zu 20 Prozent aus Dunkler Materie und nur zu fünf Prozent aus normaler, direkt beobachtbarer Materie aufgebaut ist. Computersimulationen legen zudem nahe, dass die Anzahl von Zwerggalaxien – also Galaxien mit nur einem Tausendstel der Masse der Milchstraße – in solch einem Universum sehr hoch ausfallen sollte. Doch dem widersprachen die tatsächlichen Beobachtungen.
Während ihrer Untersuchungen bisheriger Simulationen haben die Astronomen um Llambay nun entdeckt, dass einige weit entfernte Zwerggalaxien der so genannten Lokalen Gruppe sich mit solch hohen Geschwindigkeiten relativ zum kosmischen Netz ("Cosmic Web") bewegen, dass sie einen Großteil ihres Gases bei der Durchquerung der lokalen Netzstrukturen verlieren. Die Forscher nennen diesen Mechanismus daher "Cosmic Web Stripping". Das kosmische Netz beschreibt die großräumige Struktur des Universums als ein riesiges "Gespinst" aus Filamenten und flachen, scheibenartigen Strukturen Dunkler Materie.
Diese Zwerggalaxien bewegen sich so schnell, dass ihr Gas sogar bei der Durchquerung extrem dünner Strukturen weggerissen wird. Nach einer solch starken Reduktion des Gasreservoirs wäre die Sternentstehungsrate in diesen Zwerggalaxien schon vor einigen Milliarden Jahren stark abgesunken, so dass sie sich heute praktisch nicht mehr beobachten lassen.
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