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News: Das Mäuschen hat laut 'piep' gesagt

Große Erdbeben sind manchmal noch in Tausenden Kilometern Entfernung vom Epizentrum zu spüren. Doch das ist nichts im Vergleich zu den Distanzen, über welche sich die Auswirkungen von Beben auf Magnetaren ausbreiten. Normalerweise sind diese exotischen Neutronensterne nur sehr schwer am Himmel zu lokalisieren. Aber im August erreichte eine so intensive Welle von Gamma- und Röntgenstrahlen die Erde, daß es in der Ionosphäre für fünf Minuten gleichsam Tag wurde. Und im September konnte die Quelle im Radiowellenbereich lokalisiert werden.
Am Ende seines Lebens kann ein Stern, der schwerer ist als die Sonne, seiner eigenen Gravitationskraft nichts mehr entgegensetzen. Er kollabiert, wobei sich eine expandierende Schockwelle durch das umgebende Gas ausbreitet. Nach der Supernova bleibt ein extrem dichtes Objekt mit nur rund 15 Kilometern Durchmesser übrig, das immer noch mehr Masse als unsere Sonne besitzt – ein Neutronenstern.

Magnetare sind Neutronensterne mit einem extrem starken Magnetfeld. Ihre Existenz wurde im Jahre 1992 vorhergesagt, um Objekte erklären zu können, die immer wieder Ausbrüche von Gammastrahlen zeigten. Seit 1986 hat man vier solcher soft gamma-ray repeaters (SGR) entdeckt. Ihr enormes Magnetfeld hat verschiedene Folgen: Zum einen bremst es die Rotation des Neutronensterns. Zum anderen verursacht es vermutlich die Sternenbeben, in deren Verlauf die feste Hülle der Neutronensterne aufbricht. Nach der Theorie wird dabei Energie in Form von Gamma- und Röntgenstrahlung sowie als kinetische Energie subatomarer Teilchen frei. Während der Strahlungsausbruch nur Minuten währt, verursachen die Materieströme bei ihrer Interaktion mit dem Magnetfeld Radiosignale, die über einige Tage zu beobachten sind.

In der Nacht vom 27. August 1998 erreichte eine fünf Minuten andauernde Welle von Gamma- und Röntgenstrahlung die Erdatmosphäre. Nach Aussage von Umran Inan von der Stanford University wurde die Ionosphäre in 60 bis 80 Kilometern Höhe von der ruhigen Nacht in einen chemisch reaktiven Scheintag versetzt. Die elektrische Aktivität und Ionisationsrate erreichten Werte wie bei voller Sonneneinstrahlung. Mit den Meßstationen der Very Low Frequency Research Group konnten Inan und seine Mitarbeiter das Phänomen verfolgen und eine Intensitätschwankung mit einer Periode von 5,16 Sekunden Dauer feststellen – passend zur Rotationszeit des Neutronensterns SGR 1900+14.

Die Energie der Strahlung lag etwas unter der Dosis, wie sie zum Beispiel von Zahnärzten zum Röntgen eingesetzt wird. Dennoch war dies nach Angabe der Wissenschaftler "das erste Mal, daß ein extrasolares Phänomen meßbar einen Teil der irdischen Umgebung beeinflußt hat."

Nur wenige Tage nach der erhöhten Gamma- und Röntgenstrahlung entdeckten Astronomen des National Radio Astronomy Observatory in Socorro, New Mexico, das "Nachglühen" der subatomaren Teilchen, die der Magnetar ausgeschleudert hatte. Dale Frail und seine Kollegen entdeckten mit dem Very Large Array Radio Telescope Radiowellen, welche von dem seltsamen Objekt in 15 000 Lichtjahren Entfernung stammten. Die Emission stammt von den Partikeln, die mit dem Magnetfeld wechselwirken und ebensoviel Energie tragen wie die elektromagnetische Strahlung. Somit verlangsamt auch der "Teilchenwind" die Rotation des Neutronensterns wesentlich.

Nach nur einer Woche war die Radiowellenemission beendet. Mit Hilfe der Beobachtungsdaten konnte aber die Position der Quelle endlich genau bestimmt werden, um weitere Untersuchungen mit stärkeren Teleskopen zu ermöglichen. Während die Teilchen sich nämlich auf Spiralbahnen im Magnetfeld bewegen, emittieren sie Strahlung und bilden einen ausgedehnten Nebel, der Plerion genannt wird. Und in dem stecken alle Informationen über die Geschehnisse im Magnetar, so hoffen die Wissenschaftler.

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