Meeresorganismen: Das Meer ist voller Membrankügelchen
Das Cyanobakterium Prochlorococcus ist einer der häufigsten Organismen im Meer. Noch häufiger allerdings, hat jetzt ein Team um Sallie Chisholm vom MIT entdeckt, sind Prochlorococcus-Attrappen. Wie die Forscherinnen feststellten, schnüren die Mikroorganismen kontinuierlich kleine Membranblasen von ihrer Zellhülle ab, die mit Proteinen und DNA gefüllt sind. Die Kügelchen haben mit 70 bis 100 Nanometer Durchmesser nur etwa ein Tausendstel des Volumens der Mutterzellen, sind aber nach den Messungen bis zu zehnmal so häufig. Ihre Funktion ist aber bislang völlig ungeklärt.
Chisholm und ihre Kolleginnen fanden die Vesikel nicht nur im Laborversuch, sondern auch im Wasser nahe der Küste und im offenen Meer. Mit einigen Hunderttausend bis mehreren Millionen Vesikeln pro Kubikzentimeter kommen die Membrankörperchen in ähnlichen Mengen vor wie lebende Zellen, ein Indiz dafür, dass sie auch in freier Wildbahn von Mikroorganismen abgegeben werden. Wegen der gigantischen Mengen an schwimmenden Zellen spielen die Vesikel eine erhebliche Rolle im Kohlenstoffhaushalt der Ozeane. Allein Prochlorococcus gibt auf diesem Wege bis zu 100 000 Tonnen organischen Kohlenstoff ins Meer ab – pro Tag.
Bei einer Reihe von Bakterien, darunter E. coli, sind solche Vesikel beteiligt, wenn Zellen Erbgut austauschen. Möglicherweise haben die Membrankugeln auch bei den Cyanobakterien eine ähnliche Funktion. Die abgegebenen Stoffe könnten aber auch dazu dienen, Bakterien anzulocken und zu kultivieren – Prochlorococcus und andere Cyanobakterien wachsen besser in bakterienreichen Gewässern. Zusätzlich zeigte sich, dass die Membrankugeln Viren wie zum Beispiel Bakteriophagen abfangen – es könnte sich also auch um einen Schutzmechanismus handeln, so die Wissenschaftlerinnen.
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