Zwergplanet: Das Plutosystem mit seinem neuesten Mond vermessen
Der vor wenigen Jahren zum Zwergplaneten erklärte Pluto läuft in so großer Entfernung zur Erde um die Sonne, dass auch das Weltraumteleskop Hubble den Planeten und seine Monde nur klein und unscharf erkennt. Pluto hat einen Durchmesser von rund 2300 Kilometern und wird vom im Verhältnis riesigen Mond Charon (1200 Kilometer Durchmesser) begleitet, den Astronomen im Jahr 1978 entdeckten. Im Jahr 2005 wurden die kleineren Monde Nix und Hydra mit Hubble gefunden. Ihre Durchmesser und Massen waren bislang jedoch nur sehr ungenau bekannt. Im Jahr 2011 spürte das Weltraumobservatorium den vierten Mond des Zwerplaneten auf, der den vorläufigen Namen P4 trägt. Seine Bahn läuft zwischen denjenigen von Nix und Hydra, ein glücklicher Umstand, den Forscher nun ausnutzten, um die Massen dieser beiden Monde genauer als bislang abzuschätzen.
Aus den Hubble-Beobachtungen von P4 ist dessen Bahn um den Massenschwerpunkt des Plutosystems bereits bekannt, doch gewisse Ungenauigkeiten verbleiben. Doch auch mit diesem eingeschränkten Wissen lässt sich das komplizierte Mondsystem des Zwergplaneten erforschen. Andrew Youdin ging mit drei weiteren Astronomen vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics der Frage nach, welche Massen Nix und Hydra haben können und wie elliptisch die Bahn von P4 sein kann. Möglich ist dies, weil Nix und Hydra die Bahn von P4 durch ihre Schwerkraftwirkung beeinflussen. Sind sie sehr massereich, so könnte P4 Pluto nicht langfristig stabil umlaufen. Dass er es dennoch tut, schränkt die maximal erlaubten Massen der beiden größeren Monde ein.
Die Wissenschaftler um Youdin simulierten dazu verschiedene Varianten des Plutosystems im Computer und erfassten, wie lange der simulierte P4 auf einer stabilen Bahn lief. Sie veränderten die Gesamtmasse von Nix und Hydra und die mögliche Bahn von P4 in den Grenzen der aus den Hubble-Beobachtungen verbleibenden Ungenauigkeit. Die Gesamtmasse von Nix und Hydra wurde nach einem festen Verhältnis auf die beiden Monde verteilt, das sich aus den beobachteten Helligkeiten und dem vermutlich sehr ähnlichen Aufbau der beiden Monde ergibt. Sie simulierten das System mit einer Vielzahl von Parametern und extrapolierten daraus die erlaubten Massen von Nix und Hydra und die Exzentrizität der P4-Bahn.
Die Massen lassen sich nicht exakt festlegen, doch die Astronomen bestimmten Obergrenzen. Ihre Ergebnisse sind um einen Faktor 10 bis 20 besser als bisherige Schätzungen. Damit die Bahn von P4 über die letzten rund 4,5 Milliarden Jahre stabil ist, muss Nix eine Masse von weniger als 8 Milliardstel Erdmassen aufweisen und die von Hydra weniger als 15 Milliardstel Erdmassen betragen, das entspricht Maximaldurchmessern von rund 46 Kilometern beziehungsweise 55 Kilometern. Die Exzentrizität der P4-Bahn muss unter e = 0,02 liegen und die Bahn muss knapp außerhalb einer 5:1-Bahnresonanz mit dem größten Mond Charon liegen. Auch das Rückstrahlvermögen, die Albedo, von Nix und Hydra schätzten die Wissenschaftler ab. Mindestens 30 Prozent des einfallenden Sonnenlicht werfen die beiden vermutlich eisreichen Monde ins All zurück.
Mögen die Ergebnisse einer Computersimulation basierend auf den relativ ungenauen Anfangsdaten auch spekulativ erscheinen, so wird es zukünftig mehrere Möglichkeiten geben, sie direkt zu überprüfen. Das Weltraumteleskop Hubble beobachtet P4 weiterhin, um dessen Bahn zunehmend genauer zu ermitteln. Zudem wird mit New Horizons im Juli 2015 erstmals eine Sonde nah am Plutosystem vorbeifliegen und dabei Bilder des Zwergplaneten und seiner vier Monde aufnehmen. Spätestens dann wird sich heraustellen, in wie weit Youdin und seine Kollegen Recht hatten.
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