Endosymbiose: Das rätselhafte Leben der Hatena
An Japans Stränden lebt ein seltsames Wesen: Mal bleich, mal grün, entpuppt es sich zuweilen als unbarmherziges Raubtier, das arglose Algen verschlingt, dann wieder pflegt es ein friedvolles pflanzliches Dasein. Der wechselhafte Lebensstil öffnet ein Fenster zur Vergangenheit.
Wer etwas nicht selbst erledigen kann, ganz klar, der holt sich Hilfe: Möchte sich beispielsweise Herr Mayer nach Dienstschluss in einem gepflegten Garten erholen, sieht sich aber nicht in der Lage, seine Blumen entsprechend ihren Bedürfnissen zu gießen, so wird er sich nach einem Gärtner umsehen, der das sachgerecht für ihn erledigt. Nun braucht ein Garten aber permanente Pflege – ist Herr Mayer clever, so nimmt er seinen Gärtner bei sich zu Hause auf und bietet ihm im Gegenzug für die Gartenpflege beispielsweise freie Kost und Logis. Von einem solchen symbiontischen Zusammenleben profitieren im Endeffekt beide.
Nach dem gleichen Prinzip entstanden vermutlich auch die Pflanzen. In grauer Urzeit verschlang eine heterotrophe – also von organischem Material lebende – Zelle ein autotrophes – also vom Sonnenlicht lebendes – Bakterium, verdaute es aber nicht, sondern domestizierte es in seinem Inneren: Das Bakterium entwickelte sich dort zum Lichtenergie erntenden Chloroplasten, dem die Wirtszelle ein sicheres Zuhause bietet – die Ausgangszelle der heutigen Pflanzen war geboren.
Dieses Prinzip der freundlichen Übernahme zum Zweck eines Zusammenlebens mit beiderseitigem Nutzen ist derart vorteilhaft, dass zahlreiche Organismen darauf zurückgreifen: Im Darm des Rindes leben Mikroorganismen, die dem Wiederkäuer die Nahrung aufbereiten, Leguminosen lassen sich den für ihr Wachstum benötigten Stickstoff von Knöllchenbakterien liefern und manche Strudelwürmer nehmen als Erwachsene überhaupt keine Nahrung mehr auf, sondern ernähren sich ausschließlich von den Stoffwechselprodukten endosymbiontisch lebender Algen. Auch viele Einzeller wie Geißeltierchen (Flagellatae) beherbergen Algen in ihrem Inneren.
Die Wissenschaftler bedachten das Geißeltierchen mit dem Namen "Hatena", was auf Japanisch rätselhaft bedeutet. Der Flagellat enthält in der Regel eine Alge der Gattung Nephroselmis und trägt einen Augenfleck an der Spitze der Wirtszelle, mit dessen Hilfe sie sich nach dem Licht ausrichten kann.
Hatena wechselt also zwischen einer räuberischen und einer pflanzlichen Generation und lebt damit nach Ansicht der Wissenschaftler in einem frühen Stadium einer Endosymbiose. An ihr lassen sich zum ersten Mal direkt Veränderungen sowohl beim Endosymbionten – das Wachstum des Chloroplasten – als auch beim Wirt – die Aus- und Rückbildung des Fressapparates – beobachten. Hatena erlaubt somit einen indirekten Blick in die Entstehungsgeschichte der Pflanzen. Jetzt gilt es noch herauszufinden, ob zwischen Hatena und Nephroselmis auch ein Genaustausch stattfindet, wie er als entscheidender Schritt in der Evolution moderner Pflanzen und Algen gilt.
Nach dem gleichen Prinzip entstanden vermutlich auch die Pflanzen. In grauer Urzeit verschlang eine heterotrophe – also von organischem Material lebende – Zelle ein autotrophes – also vom Sonnenlicht lebendes – Bakterium, verdaute es aber nicht, sondern domestizierte es in seinem Inneren: Das Bakterium entwickelte sich dort zum Lichtenergie erntenden Chloroplasten, dem die Wirtszelle ein sicheres Zuhause bietet – die Ausgangszelle der heutigen Pflanzen war geboren.
Dieses Prinzip der freundlichen Übernahme zum Zweck eines Zusammenlebens mit beiderseitigem Nutzen ist derart vorteilhaft, dass zahlreiche Organismen darauf zurückgreifen: Im Darm des Rindes leben Mikroorganismen, die dem Wiederkäuer die Nahrung aufbereiten, Leguminosen lassen sich den für ihr Wachstum benötigten Stickstoff von Knöllchenbakterien liefern und manche Strudelwürmer nehmen als Erwachsene überhaupt keine Nahrung mehr auf, sondern ernähren sich ausschließlich von den Stoffwechselprodukten endosymbiontisch lebender Algen. Auch viele Einzeller wie Geißeltierchen (Flagellatae) beherbergen Algen in ihrem Inneren.
Einen Einblick in die einzelnen Schritte bei der Entwicklung einer Endosymbiose gewährt die Entdeckung von Noriko Okamoto und Isao Inouye von der Universität Tsukuba in Japan. Sie fanden an japanischen Stränden einen Einzeller, der offenbar gerade dabei ist, sich einen Endosymbionten einzuverleiben.
Die Wissenschaftler bedachten das Geißeltierchen mit dem Namen "Hatena", was auf Japanisch rätselhaft bedeutet. Der Flagellat enthält in der Regel eine Alge der Gattung Nephroselmis und trägt einen Augenfleck an der Spitze der Wirtszelle, mit dessen Hilfe sie sich nach dem Licht ausrichten kann.
Das ist so weit noch nichts Besonderes. Rätselhaft wird es erst, wenn Hatena zur Fortpflanzung schreitet: Bei der Zellteilung erhält nur eine Tochterzelle die Alge, die zweite Tochterzelle geht leer aus. Diese bildet nun an der Stelle, wo bei der Zelle mit Endosymbiont der Augenfleck sitzt, eine besonderen Fressapparat aus und geht auf die Jagd. Schließlich verleibt sie sich eine neue Nephroselmis-Alge ein. Kaum ergrünt, bildet die Wirtszelle ihren Fressapparat zurück, und im Gegenzug entwickelt sich die Alge weiter: Ihr Chloroplast wächst auf die zehnfache Größe dessen in der freilebenden Artgenossin an.
Hatena wechselt also zwischen einer räuberischen und einer pflanzlichen Generation und lebt damit nach Ansicht der Wissenschaftler in einem frühen Stadium einer Endosymbiose. An ihr lassen sich zum ersten Mal direkt Veränderungen sowohl beim Endosymbionten – das Wachstum des Chloroplasten – als auch beim Wirt – die Aus- und Rückbildung des Fressapparates – beobachten. Hatena erlaubt somit einen indirekten Blick in die Entstehungsgeschichte der Pflanzen. Jetzt gilt es noch herauszufinden, ob zwischen Hatena und Nephroselmis auch ein Genaustausch stattfindet, wie er als entscheidender Schritt in der Evolution moderner Pflanzen und Algen gilt.
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