News: Das Spiegelbild der Erde
Genau wie der Mond, so reflektiert auch die Erde das Licht der Sonne und wirft es auf den Mond - von wo es erneut auf die Erde zurückgestrahlt wird. Um die Zeit des Neumonds herum erscheint die Nachtseite des Mondes deshalb schwach erleuchtet - von eben jenem Pendant zum Mondschein: dem Erdschein. Der italienische Universalgelehrte Leonardo da Vinci (1452-1519) war es übrigens, der dies einst ergründete.
In den 20er Jahren begann das wissenschaftliche Interesse an diesem Phänomen, doch erst 1991 beschrieb Steven Koonin vom California Institute of Technology dessen ganzes Potenzial. Schließlich könnte die Bilanzierung des von der Erde zurückgestrahlten Sonnenlichts wichtige Zusammenhänge des globalen Klimas enthüllen, dessen Antrieb ja der absorbierte Teil der Sonnenstrahlung ist.
Einige Jahre später setzten sich Philip Goode vom New Jersey Institute of Technology und seine Mitarbeiter das Ziel, das so genannte aschgraue Mondlicht systematisch zu studieren. Innerhalb zweier Beobachtungszeiträume, die ein beziehungsweise zwei Jahre umfassten, werteten sie den Erdschein von 200 Nächten aus. Mithilfe eines 15,24-Zentimeter-Teleskops am Big Bear Solar Observatory maßen sie dessen Intensität, wobei sie anhand der gerade sichtbaren Sichel auch störende Streueffekte innerhalb unserer Atmosphäre eliminieren konnten. Das Licht dieser Sichel diente ihnen dabei als Referenz.
Auf diese Weise können die Forscher nun sagen, dass die Erde 29,7 Prozent des einfallenden Sonnenlichts wieder in den Weltraum zurückstrahlt. Zum Vergleich: Die dunkle Mondoberfläche reflektiert durchschnittlich nur rund sieben Prozent. Noch interessanter ist indes, dass die Albedo der Erde - ihr Reflexionsvermögen also - im Laufe der vergangenen fünf Jahre stetig um bis zu 2,5 Prozent abnahm. Und je weniger Strahlung reflektiert, umso mehr wird absorbiert. Ergo könnte sich hier ein Maß für die globale Erwärmung verbergen.
In diesem Fall hängt die abnehmende Albedo allerdings direkt mit dem Verlauf des elfjährigen Sonnenzyklus zusammen. Innerhalb jenes Zeitraums stieg die Aktivität des solaren Magnetfelds von ihrem Minimum auf ihr Maximum. Würde sich die Albedo indes um ein weiteres Prozent verringern, hätte dies nach Aussagen der Forscher wohl nachhaltige Folgen für das Weltklima.
Neben den saisonalen Schwankungen, die insbesondere Folge der unterschiedlichen Bedeckung mit hellen Schneeflächen sind, beobachteten die Forscher auch kurzzeitige Veränderungen. Sie sind das Resultat unterschiedlicher Wetterbedingungen. Selbst innerhalb einer Nacht leuchtet der Mond mal schwächer und mal kräftiger. So zeigt sich der Mond in Kalifornien regelmäßig für ein paar Stunden etwas heller als sonst, und das liegt daran, dass um diese Zeit im fernen Asien die Sonne aufgeht. Erreicht die Morgendämmerung, vom lichtschluckenden Pazifik kommend, die kräftig reflektierende Landmasse, spiegelt sich dies im wahrsten Sinne des Wortes im Neumond wider.
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