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Gesellschaft: Das weibliche Körper-Seele-Problem

Der Klamotten-Kauf gilt neben Schokolade als ein perfekter weiblicher Seelentröster. Eine fatale Fehleinschätzung, denn nach einer Shopping-Tour fühlen sich Frauen häufig schlechter als vorher. Eine englische Forscherin hat jetzt untersucht, wieso - und wie man der Shopping-Depression entgehen kann.
Picasso - Frau mit Spiegel
Es gibt Probleme auf der Welt, die verdienen eine sehr genaue Betrachtung und Analyse. Zahlreiche Menschen sind betroffen, die wirtschaftlichen Auswirkungen sind enorm, Abhilfe ist eine unmittelbare Notwendigkeit. Nehmen wir zum Beispiel weibliches Einkaufsverhalten: Nein, es geht nicht um die immer noch unbeantwortete Frage, warum Frauen andauernd teure Schuhe kaufen – obwohl diese Zwangshandlung nun wirklich einer umfassenden Feldstudie bedürfte.

Die Problematik, der sich eine aktuelle englische Studie annimmt, liegt viel tiefer, ist sozusagen manifestiert im weiblichen Selbst überhaupt: das feminine Körperempfinden beim Shopping.

Bisherige Untersuchungen, beschreibt Kulturgeografin Rachel Colls von der Universität Liverpool, hätten ergeben, dass das Einkaufen von Kleidung negative Effekte auf die emotionale Gesundheit von Frauen habe. Das gleiche gelte für Diäten. Und dabei erklärt uns die Werbung immer, shoppen mache glücklich.

Aber warum fühlen sich Frauen nach dem Shopping-Bummel schlechter als vorher? Liegt es an der Reizüberflutung durch eine zu große Auswahl an Klamotten? Oder an den Standardgrößen, die jede Saison um einige Zentimeter enger zu werden scheinen und so gar nicht dem Körperbau normalsterblicher Menschen angepasst sind? Oder an den langen Schlangen an der Kasse, dicht gedrängt und schwitzend zwischen kreischenden Teenagern und gelangweilten und erschöpften männlichen Einkaufstüten-Trägern? Weit gefehlt. Es liegt an den Spiegeln. Und den Umkleidekabinen. Insgesamt also an der Raumstruktur der Kleiderläden. Das jedenfalls enthüllt die aktuelle englische Studie.

Colls verglich die Beziehung von weiblichem Körperempfinden mit der räumlichen Ausstattung von Klamottengeschäften sowie dem Umgang der Frauen mit ihrem veränderten Selbstwertgefühl. Das Ergebnis: Gibt es viele Spiegel in den Geschäftsräumen, fühlen sich Frauen unwohl. Sie werden, so die Forscherin, überwältigt vom Anblick ihres eigenen Körpers, der überall im Laden gespiegelt wird. Die vielen Spiegel konfrontieren sie nicht nur mit ihrem aktuellen Erscheinungsbild, sondern fordern auch einen Vergleich mit den früheren Körpermaßen. Augenblicklich folgt aus dieser Kopplung ein Wunsch für den Körper der Zukunft. Vielleicht entsteht in diesem Augenblick zum wiederholten Male der Entschluss, mit der nächsten Brigitte-Diät endgültig die gesellschaftlich verkündeten Traummaße zu erreichen. Klar, dass solche Gedanken für schlechte Stimmung sorgen.

Doch Frauen sind klug. Sie lassen sich von der Realität nicht beirren. Ihr emotionales Schutzschild in diesem Moment lautet: Verdrängen. Das Problem des allzu realen Körpers lösen die Damen mit der Konzentration auf nur einzelne Körperteile, so Forscherin Colls. Schönheit liegt eben im Detail. Und wenn alles nicht hilft, gibt es immer noch schlankmachende Spiegel, den neuen Trend im Klamottengeschäft. Schöne neue Shopping-Welt.

Doch nicht nur die Spiegel stellen ein Hindernis dar zum glücksbringenden Einkaufsbummel, auch die Umkleidekabinen sind oft ein Graus. Zu klein, zu nah am großen Geschäftsraum sind sie oft, auch das Licht in ihnen ist meist nicht erbaulich. Wollen die Damen zudem das neue Kleidungstück auch ihrem Partner zeigen, müssen sie oft die Kabine verlassen und sich ungeschützt den Blicken aller Kunden preisgeben. Ein unhaltbarer Zustand.

Frauen jedoch denken positiv: Sie suchen sich Geschäfte mit großen Kabinen, verstellbarem Licht und einem gemütlichen Sitz für den Liebsten, der sich dann gleichzeitig auch vom Einkaufsstress erholen kann. Qualität und Stil der Ware sind da sicherlich zweitrangig. Schließlich geht es um das eigene körperlich-geistige Wohlbefinden. Und das erhält frau eben nicht durch Vernunftgebrauch, Selbstliebe oder individuelle Prioritätensetzung, sondern durch das Kontrollieren der Shopping-Umwelt. Das nennt man dann wohl Postfeministische Ära.

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