Nanotechnologie: Das weise Rauschen
Zufall und Information vertragen sich normalerweise nicht sonderlich. Gerade in der unwägbaren Welt des Ultrakleinen haben Forscher es schwer, Inseln der Kalkulierbarkeit zu errichten. Eine solche haben sich jetzt amerikanische Nanotechnologen erschlossen. Ihr Zement: Purer Zufall.
Das Rauschen ist kein Freund des Experimentators. Immer droht es, die wesentlichen Informationen zu verschlucken. Und so sind Physiker und Elektrophysiologen oft lange mit den Feinreglern ihrer Messgeräte beschäftigt, bis es ihnen endlich gelingt, ein optimales Verhältnis zwischen Signal und Hintergrundgeknister abzustimmen.
Mit wie viel Applaus würde nun der Kollege empfangen, der die Versuchsapparatur eifrig mit einer zusätzlichen Rauschquelle verkabelt? Um einen Narren müsste es sich bei dem Störenfried allerdings nicht handeln. Er wäre wohl lediglich Fan eines Phänomens, dessen paradoxer Charme Wissenschaftler seit eineinhalb Jahrzehnten begeistert.
Die Rede ist von der so genannten stochastischen Resonanz. Der Begriff bezeichnet die der Intuition widersprechende Tatsache, dass manchmal eine Extraportion Rauschen dem Informationsgewinn durchaus zuträglich sein kann. Das Rauschen ist indes nur eine von drei nötigen Zutaten für die stochastische Resonanz.
Zweite Zutat sind Signale, die für sich genommen zu schwach sind, um sie mit Beigabe Nummer drei – einem Messgerät mit einer Empfindlichkeitsschwelle – aufzuspüren. Kommt nun das Rauschen hinzu, nämlich zufällig gestreute – eben stochastische – Signale, können diese auch die sinnvollen Signale über die Reizschwelle der Sensoren heben. Die verborgene Melodie wird gleichsam erst durch den Lärm hörbar. Und das gilt nicht nur im Labor.
Inzwischen taucht das Phänomen an allen Ecken und Enden des naturwissenschaftlichen Spektrums auf. So schärft es den elektrischen Sinn des Löffelstörs, der Planktonschwärme nur mit Hilfe des Umgebungsraschelns orten kann. Geologen wiederum entdeckten, dass eiszeitliche Klimakapriolen der gewöhnlichen Schwankung des Wetters bedürfen. Zu den so genannten Dansgaard-Oeschger-Ereignissen kommt es nur dann, wenn ein zufällig besonders warmes Jahr die periodisch auftretende Neigung des Klimas zu kippen verstärkt. Erst dadurch wird der kritische Wert überschritten – andernfalls bleibt die Kapriole aus.
Mit Kapriolen ganz anderer Art sorgt der Nanotechnologe Ray Mohanty von der Universität Boston für Aufsehen. Die Mitarbeiter seiner Nanowerkstatt bauen so weit ins Zwergenreich hinein, dass sich in der Nachbarschaft ihrer Konstrukte bereits quantenmechanischer Spuk abspielt.
Bei der "weltweit kleinsten oszillierenden Nanomaschine", über welche die Zeitungen vor kurzem berichteten, handelt es sich beispielsweise um einen schwingenden Kamm, dessen Zähne zwischen zwei Positionen pendeln. Den Raum, der zwischen den beiden Stellungen liegt, durchqueren die Kammzinken dabei aber gar nicht.
Anfänglich schwang das Objekt ganz harmonisch mit. Je stärker die Wissenschaftler aber den Reiz einstellten, desto mehr begann die Länge des Balkens zu fluktuieren und er zitterte zunehmend chaotisch. Letzlich pendelte die Nanometerlatte zwischen zwei halbwegs stabilen Vibrationsfrequenzen. Der Takt, mit dem das Lättchen seine Schwingungsvorliebe wechselte, blieb dabei unvorhersehbar – purer Zufall.
Das änderte sich als Mohanty und sein Mitarbeiter Robert Badzey die Nanovibration mit so genanntem weißen Rauschen – einer Mischung aller möglichen Frequenzen – störten. Plötzlich pendelte der feine Balken in ebenmäßigem Takt zwischen den beiden Schwingfrequenzen. Die zusätzliche Unordnung zähmte also das Chaos.
"Im Prinzip kann man mit diesem System Information speichern", meint Mohanty, der sich den Nanooszillator in ähnlicher Form als Element von Quantencomputern vorstellen kann. "Dabei entsprechen die beiden stabilen Schwingungen den binären Zuständen 0 und 1."
Wer nun zweifelt und denkt, dieser Dreh mit dem Sinn stiftenden Unsinn sei zwar ganz kurios, habe aber im professionellen Informationswesen nichts verloren, täuscht sich. Denn vor drei Jahren stießen japanische Wissenschafler auch beim Wahrnehmungs-Management im menschlichen Hirn auf stochastische Resonanz.
Mit wie viel Applaus würde nun der Kollege empfangen, der die Versuchsapparatur eifrig mit einer zusätzlichen Rauschquelle verkabelt? Um einen Narren müsste es sich bei dem Störenfried allerdings nicht handeln. Er wäre wohl lediglich Fan eines Phänomens, dessen paradoxer Charme Wissenschaftler seit eineinhalb Jahrzehnten begeistert.
Die Rede ist von der so genannten stochastischen Resonanz. Der Begriff bezeichnet die der Intuition widersprechende Tatsache, dass manchmal eine Extraportion Rauschen dem Informationsgewinn durchaus zuträglich sein kann. Das Rauschen ist indes nur eine von drei nötigen Zutaten für die stochastische Resonanz.
Zweite Zutat sind Signale, die für sich genommen zu schwach sind, um sie mit Beigabe Nummer drei – einem Messgerät mit einer Empfindlichkeitsschwelle – aufzuspüren. Kommt nun das Rauschen hinzu, nämlich zufällig gestreute – eben stochastische – Signale, können diese auch die sinnvollen Signale über die Reizschwelle der Sensoren heben. Die verborgene Melodie wird gleichsam erst durch den Lärm hörbar. Und das gilt nicht nur im Labor.
Inzwischen taucht das Phänomen an allen Ecken und Enden des naturwissenschaftlichen Spektrums auf. So schärft es den elektrischen Sinn des Löffelstörs, der Planktonschwärme nur mit Hilfe des Umgebungsraschelns orten kann. Geologen wiederum entdeckten, dass eiszeitliche Klimakapriolen der gewöhnlichen Schwankung des Wetters bedürfen. Zu den so genannten Dansgaard-Oeschger-Ereignissen kommt es nur dann, wenn ein zufällig besonders warmes Jahr die periodisch auftretende Neigung des Klimas zu kippen verstärkt. Erst dadurch wird der kritische Wert überschritten – andernfalls bleibt die Kapriole aus.
Mit Kapriolen ganz anderer Art sorgt der Nanotechnologe Ray Mohanty von der Universität Boston für Aufsehen. Die Mitarbeiter seiner Nanowerkstatt bauen so weit ins Zwergenreich hinein, dass sich in der Nachbarschaft ihrer Konstrukte bereits quantenmechanischer Spuk abspielt.
Bei der "weltweit kleinsten oszillierenden Nanomaschine", über welche die Zeitungen vor kurzem berichteten, handelt es sich beispielsweise um einen schwingenden Kamm, dessen Zähne zwischen zwei Positionen pendeln. Den Raum, der zwischen den beiden Stellungen liegt, durchqueren die Kammzinken dabei aber gar nicht.
Einen anderen Trick bringt Mohanty bei seiner jüngsten Nanoskulptur zum Einsatz – nämlich den mit der Extraportion Rauschen. Das neue Werk seines Labors kommt zunächst einmal ganz schlicht daher, ein Siliziumbalken von 8 Mikrometern Länge und 200 Nanometern Breite, jeweils an den Enden verankert. Die Forscher kühlten das Objekt bis knapp über den absoluten Nullpunkt ab und reizten es mit einem radiofrequenten Stimulus.
Anfänglich schwang das Objekt ganz harmonisch mit. Je stärker die Wissenschaftler aber den Reiz einstellten, desto mehr begann die Länge des Balkens zu fluktuieren und er zitterte zunehmend chaotisch. Letzlich pendelte die Nanometerlatte zwischen zwei halbwegs stabilen Vibrationsfrequenzen. Der Takt, mit dem das Lättchen seine Schwingungsvorliebe wechselte, blieb dabei unvorhersehbar – purer Zufall.
Das änderte sich als Mohanty und sein Mitarbeiter Robert Badzey die Nanovibration mit so genanntem weißen Rauschen – einer Mischung aller möglichen Frequenzen – störten. Plötzlich pendelte der feine Balken in ebenmäßigem Takt zwischen den beiden Schwingfrequenzen. Die zusätzliche Unordnung zähmte also das Chaos.
"Im Prinzip kann man mit diesem System Information speichern", meint Mohanty, der sich den Nanooszillator in ähnlicher Form als Element von Quantencomputern vorstellen kann. "Dabei entsprechen die beiden stabilen Schwingungen den binären Zuständen 0 und 1."
Wer nun zweifelt und denkt, dieser Dreh mit dem Sinn stiftenden Unsinn sei zwar ganz kurios, habe aber im professionellen Informationswesen nichts verloren, täuscht sich. Denn vor drei Jahren stießen japanische Wissenschafler auch beim Wahrnehmungs-Management im menschlichen Hirn auf stochastische Resonanz.
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