Materialforschung: Das Yang des Supraleiters
Einen perfekten Isolator mit unendlichem elektrischen Widerstand gibt es nur am absoluten Nullpunkt - und damit bleibt er technisch unerreichbar. So lautete bislang das Credo der Physik. Doch das Dogma wankt.
Yin und Yang symbolisieren in der chinesischen Philosophie das ideale Gegensatzpaar des fließenden Übergangs. Nach einem solch perfekten Paar suchen auch Physiker: Ein widerstandsloser elektrischer Leiter, der sich in einen perfekten Isolator verwandelt.
In der Nähe des absoluten Temperaturnullpunkts, also bei minus 273 Grad Celsius, herrscht tatsächlich eine derartige Perfektion: Unterschreitet ein so genannter Supraleiter eine charakteristische Temperatur, lässt er plötzlich ohne jeden Widerstand elektrischen Strom fließen. Versetzt man die Elektronen im Supraleiter einmal in Bewegung, wandern sie ohne messbare Verluste weiter.
Auch das Gegenstück, ein "Supraisolator", sollte seinen Zustand beim Abkühlen ändern – nur in die entgegengesetzte Richtung: Seine Fähigkeit, Strom zu leiten, bricht urplötzlich zusammen. Und es gibt noch eine weitere spiegelbildliche Analogie zum Supraleiter: Letzterer verliert seine gigantische Leitfähigkeit, wenn der Strom einen bestimmten kritischen Wert überschreitet. Der unermesslich große elektrische Widerstand eines Supraisolators schaltet sich ebenfalls ab – allerdings nicht durch einen übermäßigen Strom, sondern durch eine angelegte elektrische Spannung, die einen kritischen Wert überschreitet.
Zusammen mit Kollegen aus Russland und Deutschland experimentierte der Materialforscher vom Argonne National Laboratory mit einer fünf Nanometer dünnen Schicht des Metalls Titannitrid, an der die Physiker ein äußeres Magnetfeld anlegten und sie anschließend abkühlten. Nun verhält sich blockförmiges Titannitrid normalerweise wie ein Supraleiter. Eine dünne Folie weist dagegen herstellungsbedingt eine größere Zahl von Unregelmäßigkeiten im Kristallgitter auf. Die Störstellen verhindern, dass die ganze Titannitrid-Schicht durchgängig den Strom leitet. Vielmehr bilden sich viele winzige supraleitende Inseln.
Auf den Inseln verbinden sich die Elektronen zu Paaren wie in einem herkömmlichen Supraleiter. Diese so genannten Cooper-Paare können sich, anders als einzelne Elektronen, reibungsfrei durch das Metall bewegen. Um nun quer über die Schicht zu reisen, müssen die Paare von Insel zu Insel springen. Doch die elektrische Abstoßung durch Cooper-Paare, die sich bereits auf der Zielinsel – der Ladungsenergie – befinden, erschwert das Inselhopping. Mit abnehmender Temperatur gelingt es somit immer weniger Cooper-Paaren zu springen, weil ihre Energie kleiner als die Ladungsenergie ist. Die Leitfähigkeit der Schicht sinkt mit abfallender Temperatur allmählich wie in einem herkömmlichen Isolator.
Warum? Mit der herkömmlichen Theorie ließ sich diese Supraisolation nicht erklären. Die Physiker bieten eine neue Deutung an: Bei sehr tiefen Temperaturen verbinden sich die Cooper-Paare über die Inselgrenzen hinweg zu einer Art Kollektiv und springen alle gleichzeitig. Dabei müssen sie aber auch die riesige kollektive Ladungsenergie sämtlicher Elektronen auf allen Inseln überwinden. Bei zu geringer elektrischer Spannung gelingt dies nicht, und der Strom kommt vollständig zum Erliegen.
Es gelte jetzt, die besonderen elektrischen Eigenschaften des Supraisolators zu untersuchen, betont Mitautor Christoph Strunk von der Universität Regensburg. Vielleicht besitzt der Isolator analoge magnetische Eigenschaften wie ein Supraleiter. Damit könnte er als Schalter dienen und in einem Quantencomputer, der nahe am absoluten Temperaturnullpunkt arbeitet, wertvolle Dienste leisten.
In der Nähe des absoluten Temperaturnullpunkts, also bei minus 273 Grad Celsius, herrscht tatsächlich eine derartige Perfektion: Unterschreitet ein so genannter Supraleiter eine charakteristische Temperatur, lässt er plötzlich ohne jeden Widerstand elektrischen Strom fließen. Versetzt man die Elektronen im Supraleiter einmal in Bewegung, wandern sie ohne messbare Verluste weiter.
Auch das Gegenstück, ein "Supraisolator", sollte seinen Zustand beim Abkühlen ändern – nur in die entgegengesetzte Richtung: Seine Fähigkeit, Strom zu leiten, bricht urplötzlich zusammen. Und es gibt noch eine weitere spiegelbildliche Analogie zum Supraleiter: Letzterer verliert seine gigantische Leitfähigkeit, wenn der Strom einen bestimmten kritischen Wert überschreitet. Der unermesslich große elektrische Widerstand eines Supraisolators schaltet sich ebenfalls ab – allerdings nicht durch einen übermäßigen Strom, sondern durch eine angelegte elektrische Spannung, die einen kritischen Wert überschreitet.
Bislang hielten Forscher diesen supraisolierenden Zustand nur am absoluten Nullpunkt für möglich – und damit schlicht für unerreichbar. Doch Wissenschaftler um Valerii Vinokur entdeckten jetzt einen Leiter, der sich vollkommen unerwartet verhielt.
Zusammen mit Kollegen aus Russland und Deutschland experimentierte der Materialforscher vom Argonne National Laboratory mit einer fünf Nanometer dünnen Schicht des Metalls Titannitrid, an der die Physiker ein äußeres Magnetfeld anlegten und sie anschließend abkühlten. Nun verhält sich blockförmiges Titannitrid normalerweise wie ein Supraleiter. Eine dünne Folie weist dagegen herstellungsbedingt eine größere Zahl von Unregelmäßigkeiten im Kristallgitter auf. Die Störstellen verhindern, dass die ganze Titannitrid-Schicht durchgängig den Strom leitet. Vielmehr bilden sich viele winzige supraleitende Inseln.
Auf den Inseln verbinden sich die Elektronen zu Paaren wie in einem herkömmlichen Supraleiter. Diese so genannten Cooper-Paare können sich, anders als einzelne Elektronen, reibungsfrei durch das Metall bewegen. Um nun quer über die Schicht zu reisen, müssen die Paare von Insel zu Insel springen. Doch die elektrische Abstoßung durch Cooper-Paare, die sich bereits auf der Zielinsel – der Ladungsenergie – befinden, erschwert das Inselhopping. Mit abnehmender Temperatur gelingt es somit immer weniger Cooper-Paaren zu springen, weil ihre Energie kleiner als die Ladungsenergie ist. Die Leitfähigkeit der Schicht sinkt mit abfallender Temperatur allmählich wie in einem herkömmlichen Isolator.
Auch die von Vinokur und Co konstruierte Folie verhielt sich entsprechend. Doch bei einer Temperatur von 20 Millikelvin erlebten die Forscher eine Überraschung: Die Leitfähigkeit der Titannitrid-Schicht stürzte abrupt ab.
Warum? Mit der herkömmlichen Theorie ließ sich diese Supraisolation nicht erklären. Die Physiker bieten eine neue Deutung an: Bei sehr tiefen Temperaturen verbinden sich die Cooper-Paare über die Inselgrenzen hinweg zu einer Art Kollektiv und springen alle gleichzeitig. Dabei müssen sie aber auch die riesige kollektive Ladungsenergie sämtlicher Elektronen auf allen Inseln überwinden. Bei zu geringer elektrischer Spannung gelingt dies nicht, und der Strom kommt vollständig zum Erliegen.
Es gelte jetzt, die besonderen elektrischen Eigenschaften des Supraisolators zu untersuchen, betont Mitautor Christoph Strunk von der Universität Regensburg. Vielleicht besitzt der Isolator analoge magnetische Eigenschaften wie ein Supraleiter. Damit könnte er als Schalter dienen und in einem Quantencomputer, der nahe am absoluten Temperaturnullpunkt arbeitet, wertvolle Dienste leisten.
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