Hydrologie: Dauerregen ließ 2011 Meeresspiegel sinken
Vor rund drei Jahren prasselten immense Regenfälle auf Australien herab, weite Teile des Landes versanken im Hochwasser – eine Naturkatastrophe, die sich global bemerkbar machte: Weltweit ging der durchschnittliche Meeresspiegel um sieben Millimeter zurück. Damit durchbrach der Südsommer 2010/2011 einen langjährigen Trend, denn in den Jahrzehnten zuvor waren die Pegel rund um die Erde im Mittel drei Millimeter pro Jahr gestiegen. Der nun von John Fasullo vom National Center for Atmospheric Research in Boulder und seinen Kollegen festgestellte Wert markiert hingegen den markantesten Rückgang der Wasserstände während der letzten 20 Jahre – seit 1992 erlauben moderne Satellitenmessungen eine exakte Bestimmung der Pegel.
Schuld an dieser gegenläufigen Entwicklung war eine Verkettung verschiedener Klima-, Wetter- und hydrogeologischer Bedingungen, die dafür sorgten, dass 2011 deutlich mehr Wasser auf dem australischen Festland zwischengespeichert wurde als in den Jahrzehnten zuvor. So sorgte ein ausgeprägtes La-Niña-Phänomen dafür, dass sich vor der australischen Ostküste sehr warmes Wasser ausbreitete, von dem aus ebenfalls warme und vor allem sehr feuchte Luftmassen Richtung fünfter Kontinent zogen. Gleichzeitig hatte sich die Zone ausgeprägter Westwinde, die um die Antarktis kreisen, weiter nach Süden zurückgezogen. Dadurch verlor sie ihren Einfluss auf das australische Wettergeschehen, was dort den Luftmassentransport in der gegenläufigen Richtung von Ost nach West begünstigte: Regenschwere Tiefdruckgebiete konnten tief ins normalerweise trockene Landesinnere vordringen. Und schließlich heizte sich später im Jahr auch noch der Indische Ozean stark auf, weshalb Westaustralien ebenfalls von sintflutartigen Regenfällen betroffen war. Insgesamt fielen damals über den ganzen Kontinent hinweg 300 Millimeter Regen mehr pro Quadratmeter als normalerweise üblich.
Dieses Wasser floss aber nur zu einem geringen Teil direkt wieder in die Meere ab: Im australischen Westen sind Flüsse selten, weshalb kaum ein kanalisierter Ablauf stattfindet. Stattdessen breitet sich Hochwasser flächig aus – und versickert weit gehend im sandigen Untergrund. Auf der anderen Seite des Kontinents existieren zwar zahlreiche Flussläufe, doch entwässert nur ein Teil davon in den Pazifik. Viele andere führen ins Binnenland und münden beispielsweise im Becken des Eyre-Sees – ein riesiges Binnengewässer, das aber nur in Jahren mit ausreichenden Niederschlägen entsteht: 2010/2011 lief es wie eine Schüssel von den Rändern her voll. Auch hier versickerten große Mengen Flüssigkeit im Untergrund oder verdunsteten und sorgten für lokale Niederschläge, so dass das Wasser erst mit Verzögerung oder gar nicht seinen Weg ins Meer zurückgefunden hat.
Dies habe für den größten Teil des beobachteten Meeresspiegelrückgangs gesorgt, so die Forscher. In geringerem Umfang hätten zudem intensive Niederschläge über Teilen Südamerikas dazu beigetragen, wie die Satellitendaten zeigen: Beide Kontinente wurden durch die Wassermassen schwerer, was sich über regionale Verschiebungen im Erdschwerefeld nachweisen ließ. Doch nur die besonderen klimatologischen und geologischen Bedingungen in Australien sorgten dafür, dass das Wasser lange zurückgehalten wurde. Erst später im Jahr 2011 hatten die Ozeanpegel die "Delle" wieder ausgeglichen. Eine Umkehrung der Zirkulationsmuster im südlichen Indischen Ozean und Pazifik sorgt seitdem dafür, dass der Meeresspiegel wieder schneller anschwillt: In den letzten beiden Jahren betrug der Zuwachs 10 Millimeter pro Jahr.
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