News: Den Faden wieder aufgenommen
Die hohe Belastung war dem Team im europäischen Raumfahrtzentrum in Kourou (Französisch-Guyana) anzusehen, als nicht einmal eine Minute vor dem Start der Countdown abgebrochen wurde. In der Startprozedur hätte ein Spannungswert eines Bodensystems ausgelesen werden müssen, das war nicht erfolgt. Nach etwa 20 Minuten setzte der Countdown bei minus sieben Minuten wieder ein.
Doch nun lief alles wie am Schnürchen. Einzige Ausnahme: Die Satellitenverbindung zwischen Kourou und dem ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt brach zusammen. Mehrere hundert Gäste aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Medien genossen den Start wie in der guten alten Zeit des Dampfradios, den Stimmen von Missionsleiter und Kommentatoren lauschend. "Dix, neuf,..." Die Außenmikrophone übertrugen das Zwitschern exotischer Vögel, dann bei "zero" das Dröhnen des gezündeten Haupttriebwerks. Noch sieben Sekunden lang wurde dessen Funktion überprüft, hätte der Start abgebrochen werden können, dann zündeten auch die beiden Feststoffraketen.
Diese Booster sind die auffälligste Neuerung an Ariane 5 gegenüber ihren Vorgängermodellen. Jeder soll 130 Sekunden lang Schub erzeugen, maximal 6254 Kilonewton. Gemeinsam mit dem Haupttriebwerk kann die Trägerrakete dann bis zu 6,3 Tonnen Nutzlast – das entspricht etwa zwei schweren Satelliten – in eine geostationäre Bahn bringen. Weil verschiedene finanzielle Aufwendungen unabhängig von der Größe des Projektils konstant bleiben, sinken die Transportkosten, und das System verschafft Martkvorteile.
Zwei Minuten und 20 Sekunden nach dem Abheben wurden diese Feststoffraketen abgestoßen. Ein kritischer Moment, denn jeder Booster wiegt immerhin noch fast 40 Tonnen, übt also erhebliche Kräfte auf die vergleichsweise fragile Hauptstufe aus. Doch auch diese Phase verlief nach Plan, ebenso die nächsten: Abtrennen der Hauptstufe und Zünden des Oberstufen-Triebwerks, Abstoßen der oberen Hülle, Freisetzen der Nutzlast.
Die bestand aus zwei Satellitendummies, Maqsat B und H, die mit zahlreichen Sensoren ausgestattet waren, um die einwirkenden Kräfte während des Fluges zu protokollieren. Der obere Dummy trug aber auch die Forschungsplattform Teamsat mit fünf Experimenten, die junge Ingenieure und Studenten engagiert innerhalb weniger Monate bauten; sie wurden dabei von der niederländischen ESA-Zentrale ESTEC betreut. Spannend wurde es denn auch noch zum Schluß, als die Bodenstation in Australien das Signal von Teamsat erst nach Durchlaufen mehrerer Suchroutinen entdeckte. Ein unvorhergesehenes Ereignis gab es allerdings noch: Der verfrühte Abschuß führte Ariane in eine Umlaufbahn 524 Kilometer über der Erde, 57 Kilometer niederiger, als es geplant war. "Auch wenn die Umlaufbahn etwas anders ist als geplant, wird sie in der Lage sein, ihre Mission zu erfüllen", sagte Daniel Mugnier, Direktor für Raumfahrt an der CNES, Frankreichs Raumfahrtbehörde.
Vermutlich wird innerhalb weniger Monate der dritte und letzte Qualifikationsflug der Trägerrakete folgen. Dann soll Ariane 5 wie ihre Vorgängerin eine Zuverlässigkeit von 98,5 Prozent aufweisen, ein Bestwert weltweit. Übrigens: Die Satellitenverbindung nach Darmstadt konnte wieder aufgebaut werden, und die Gäste sahen in der Wiederholung, was sie sich live lebhaft vorgestellt hatten.
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