Direkt zum Inhalt

News: Den Schmerz durchschaut

Sichelzellanämie wird häufig von Gefäßkomplikationen und starken Schmerzen begleitet. In dem Gas Stickstoffmonoxid könnte der Schlüssel zum Verständnis und zur Therapie dieser Begleiterscheinungen liegen.
Schon seit Jahrzehnten steht Stickstoffmonoxid (NO) im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Es entsteht bei Verbrennungsprozessen und gehört daher zu den Hauptschadstoffkomponenten von Autoabgasen. Vor einigen Jahren sorgte dieses kleine, reaktionsfreudige Molekül aber auch in der medizinischen Forschung für Aufsehen. Denn Wissenschaftler stellten fest, dass das Gas im menschlichen Körper zahlreiche Funktionen steuert: So erweitert es die Blutgefäße und reguliert damit den Blutdruck. Doch auch bei Sichelzellanämie könnte NO eine Rolle spielen.

Betroffene dieser erblichen Blutkrankheit, die vor allem in Afrika auftritt, besitzen durch eine Mutation im roten Blutfarbstoff – dem Hämoglobin – sichelförmige rote Blutkörperchen, die der Krankheit ihren Namen gaben. Aufgrund dieser Mutation kristallisiert das Hämoglobin im Innern der roten Blutkörperchen aus, sodass die Zellmembran geschädigt wird und die Zelle schließlich aufreißt. An einem einzigen Tag sterben so bis zu zehn Prozent der roten Blutkörperchen ab. Das freigesetzte Hämoglobin lässt dabei – auf bislang unverstandene Weise – starke Schmerzen entstehen.

Die Arbeitsgruppe um Mark Gladwin von den National Institutes of Health in Bethesda hat nun die Ursache der schmerzhaften Komplikationen herausgefunden: Das freigesetzte Hämoglobin zirkuliert im Blut und verschlingt das gefäßerweiternde Signalmolekül NO. Dabei reagiert der freie Blutfarbstoff tausendfach schneller mit NO als die natürliche zellgebundene Form. Wie sich herausstellte, haben Patienten mit Sichelzellanämie tatsächlich einen höheren NO-Verbrauch, sodass bei ihnen zuwenig NO im Blut vorhanden ist.

Die von den Wissenschaftlern vorgeschlagene Therapie liegt auf der Hand: Die Patienten atmen zusätzliches NO-Gas ein und inaktivieren damit das überschüssige Hämoglobin im Blut. Dadurch kann, so hoffen die Forscher, NO seiner natürlichen Rolle als Signalstoff im Herz-Kreislauf-System nachkommen und die Patienten von Schmerzen befreien.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.