Versorgungsforschung: Wartezeit kostet Therapieerfolg
Wer an einer seelischen Erkrankung leidet, muss in Deutschland oft mehrere Monate auf den Beginn einer Psychotherapie warten. Welche Folgen diese Zeit auf der Warteliste hat, ist bislang kaum erforscht. Ein Team um die niederländische Psychologin Dyllis van Dijk von der Universität Maastricht hat daher untersucht, wie sich eine solche Verzögerung auf den Behandlungserfolg bei einer Depression auswirkt.
Die Wissenschaftler analysierten die Daten von insgesamt 715 Patientinnen und Patienten, die an einem von sieben Therapiezentren wegen einer depressiven Episode behandelt worden waren. Zu verschiedenen Zeitpunkten hatten sie Fragebogen zu ihren Symptomen, zu möglicher Suizidalität und zur Alltagsbewältigung ausgefüllt.
Fazit: Je länger die Teilnehmenden nach dem Erstgespräch auf den Start der Behandlung warten mussten, desto geringere Erfolge waren sechs Monate nach dem Beginn der eigentlichen Therapie zu verzeichnen. Die Auswertung einer Teilgruppe der Patienten ergab, dass sich die depressiven Symptome mit zunehmender Dauer der Wartezeit nicht verschlechterten – der Effekt lässt sich also nicht dadurch erklären, dass Patienten nach längerem Ausharren besonders depressiv in die Behandlung starten. Die Schwere der Depression zum Zeitpunkt der Diagnose spielte ebenfalls keine Rolle.
Stattdessen sei wohl eine fortschreitende Chronifizierung für den schlechteren Behandlungserfolg verantwortlich, argumentieren die Wissenschaftler. Auch könne eine lange Wartezeit demotivierend wirken und noch vorhandene Selbstheilungskräfte schwächen. Die Verkürzung von Wartelisten sei deshalb vermutlich ein probates Mittel, um die Effektivität von Depressionsbehandlungen zu verbessern.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.