Mikroskopie: Der 3-D-Schnappschuss
Eine neue Form der Mikroskopie macht es möglich, aus nur einer einzigen Aufnahme die dreidimensionale Struktur einer Probe zu rekonstruieren.
Im 3-D-Kino muss jeder Zuschauer eine Brille tragen, um die bewegten Bilder auch in ihrer räumlichen Tiefe zu genießen. Jede Szene im Film besteht aus zwei leicht gegeneinander verschobenen Perspektiven, und die Brille sorgt dafür, dass das rechte Auge nur die eine und das linke nur die andere sieht. Das Gehirn verarbeitet die unterschiedlichen Informationen dann zu scheinbar dreidimensionalen Projektionen.
Auch andere 3-D-Aufnahmeverfahren betrachten das Zielobjekt aus verschiedenen Winkeln. Bei der Computertomografie etwa werden Röntgenaufnahmen des Patienten aus allen Richtungen gemacht und anschließend vom Computer zu einem dreidimensionalen Bild des Körperinneren verrechnet.
Mikrokosmos in 3-D
Um den Mikrokosmos in drei Dimensionen abzubilden, benötigen Wissenschaftler ebenfalls mehrere Aufnahmen. Bei der so genannten Konfokalmikroskopie beleuchten sie das Objekt – zum Beispiel eine Zelle – an einer Stelle, machen ein Bild und beleuchten die benachbarte Stelle. Auf diese Weise wird die gesamte Probe in allen drei Raumrichtungen abgetastet. Aus der Summe aller Aufnahmen ergibt sich schließlich ein 3-D-Abbild.
Das Verfahren basiert auf den von einer Probe gestreuten Röntgenstrahlen. Denn die Richtungen, in die die Strahlen gebeugt – also abgelenkt – werden, lassen Rückschlüsse auf die Struktur des Forschungsobjekts zu. Ein dreidimensionales Abbild ergibt sich, wenn man die Probe im Röntgenstrahl dreht und mehrere Beugungsbilder aufnimmt. Mit Hilfe von Computern lassen sie sich dann in eine plastische Darstellung umwandeln.
Leider lässt sich diese Technik nicht auf beliebige Systeme anwenden. So hat die energiereiche Röntgenstrahlung biologische Proben oftmals bereits nach der ersten Aufnahme unbrauchbar gemacht. Ein weiterer Nachteil: Das Rotieren der Probe dauert, und somit lassen sich keine Zeitsequenzen aufzeichnen.
Nur ein einziges Beugungsbild
Doch diese Probleme könnten bald überwunden werden: Ein Team um Jianwei Miao von der University of California in Los Angeles hat eine Methode entwickelt, mit der sich 3-D-Abbilder mikroskopischer Proben aus nur einem einzigen Beugungsbild erzeugen lassen. Sie bezeichnen ihr neues Verfahren als Ankylografie (zusammengesetzt aus den griechischen Wörtern ankylos für "gekrümmt" und graphein für "schreiben").
Auch hier kommen Röntgenstrahlen einer bestimmten Wellenlänge zum Einsatz, die auf eine Probe gerichtet werden. Die vom Objekt gebeugten Strahlen sollen allerdings auf einer Kugeloberfläche, in deren Mittelpunkt die Probe liegt, aufgezeichnet werden. Wenn dieses kugelschalenförmige Beugungsmuster fein genug aufgenommen werde, sei es möglich, aus ihm die vollständige 3-D-Struktur der Probe zu rekonstruieren, schreiben die Forscher.
Das passende Computerprogramm haben der ebenfalls beteiligte Kevin Raines und seine Kollegen bereits entwickelt. Sie testeten die Software anhand eines simulierten kugelschalenförmigen Beugungsbilds, wie es durch die Röntgenbestrahlung eines Natriumsilikatglas-Würfels mit 1,4 Nanometer Kantenlänge entstehen würde. Dabei erhielten sie eine dreidimensionale Darstellung des Würfels, die die Position der einzelnen Atome sogar im Inneren des Würfels wiedergab. Sie stimmte exakt mit theoretischen Berechnungen der räumlichen Struktur von Natriumsilikatglas überein.
Auch mit realen Röntgendaten haben Raines und Co ihre Software getestet. Die Daten stammten von einem in eine Siliziumnitrid-Membran eingravierten Bildchen einer Frau. Die Forscher rechneten das flache Beugungsbild, das sie mit Hilfe eines CCD-Sensors aufgezeichnet hatten, in ein kugelschalenförmiges um und wendeten ihre Software an. Das 3-D-Bild zeigte die Figur und sogar wenige 100 Nanometer große Dellen, die auch auf der rasterelektronenmikroskopischen Aufnahme des Figürchens zu sehen waren. Verbesserungsbedarf vorhanden
Die Autoren räumen ein, dass die Rekonstruktionssoftware noch verbesserungsbedürftig sei. Um Artefakte bei größeren Proben zu vermeiden, müsse das Computerprogramm noch mehr physikalische Randbedingungen berücksichtigen als momentan. Außerdem dürfte das Verfahren in der Praxis nicht leicht umzusetzen sein, so die Wissenschaftler. Denn für ein optimales Ergebnis brauche man kugelförmige Detektoren mit einer hohen Auflösung.
Andreas Schropp vom Institut für Strukturphysik an der TU Dresden, der nicht an der Studie beteiligt war, hält die Methode grundsätzlich für durchführbar und interessant. Die Praxistauglichkeit hänge aber von der Brillanz der Röntgenquelle ab, also davon, wie viele Photonen einer bestimmten Energie die Quelle pro Zeiteinheit auf eine bestimmte Fläche bündeln kann.
Denn das kugelförmige Beugungsbild braucht viele Photonen, die weit von der geraden Ausbreitungsrichtung abgelenkt werden. "Kleine, nichtkristalline Proben lenken aber nur wenige Photonen stark ab", sagt Schropp. Man brauche daher eine sehr brillante Lichtquelle, um überhaupt ein Signal bei großen Streuwinkeln messen zu können.
Auch andere 3-D-Aufnahmeverfahren betrachten das Zielobjekt aus verschiedenen Winkeln. Bei der Computertomografie etwa werden Röntgenaufnahmen des Patienten aus allen Richtungen gemacht und anschließend vom Computer zu einem dreidimensionalen Bild des Körperinneren verrechnet.
Mikrokosmos in 3-D
Um den Mikrokosmos in drei Dimensionen abzubilden, benötigen Wissenschaftler ebenfalls mehrere Aufnahmen. Bei der so genannten Konfokalmikroskopie beleuchten sie das Objekt – zum Beispiel eine Zelle – an einer Stelle, machen ein Bild und beleuchten die benachbarte Stelle. Auf diese Weise wird die gesamte Probe in allen drei Raumrichtungen abgetastet. Aus der Summe aller Aufnahmen ergibt sich schließlich ein 3-D-Abbild.
Auch Röntgenstrahlen benutzen Forscher, um winzige biologische Proben wie etwa Eiweißmoleküle zu untersuchen. Da diese Strahlen eine sehr kleine Wellenlänge besitzen, lassen sich mit ihnen Details bis hin zur Größe einzelner Atome sichtbar machen – eine Eigenschaft, die sich Wissenschaftler beispielsweise bei der so genannten kohärenten Röntgenbeugung zu Nutze machen.
Das Verfahren basiert auf den von einer Probe gestreuten Röntgenstrahlen. Denn die Richtungen, in die die Strahlen gebeugt – also abgelenkt – werden, lassen Rückschlüsse auf die Struktur des Forschungsobjekts zu. Ein dreidimensionales Abbild ergibt sich, wenn man die Probe im Röntgenstrahl dreht und mehrere Beugungsbilder aufnimmt. Mit Hilfe von Computern lassen sie sich dann in eine plastische Darstellung umwandeln.
Leider lässt sich diese Technik nicht auf beliebige Systeme anwenden. So hat die energiereiche Röntgenstrahlung biologische Proben oftmals bereits nach der ersten Aufnahme unbrauchbar gemacht. Ein weiterer Nachteil: Das Rotieren der Probe dauert, und somit lassen sich keine Zeitsequenzen aufzeichnen.
Nur ein einziges Beugungsbild
Doch diese Probleme könnten bald überwunden werden: Ein Team um Jianwei Miao von der University of California in Los Angeles hat eine Methode entwickelt, mit der sich 3-D-Abbilder mikroskopischer Proben aus nur einem einzigen Beugungsbild erzeugen lassen. Sie bezeichnen ihr neues Verfahren als Ankylografie (zusammengesetzt aus den griechischen Wörtern ankylos für "gekrümmt" und graphein für "schreiben").
Auch hier kommen Röntgenstrahlen einer bestimmten Wellenlänge zum Einsatz, die auf eine Probe gerichtet werden. Die vom Objekt gebeugten Strahlen sollen allerdings auf einer Kugeloberfläche, in deren Mittelpunkt die Probe liegt, aufgezeichnet werden. Wenn dieses kugelschalenförmige Beugungsmuster fein genug aufgenommen werde, sei es möglich, aus ihm die vollständige 3-D-Struktur der Probe zu rekonstruieren, schreiben die Forscher.
Das passende Computerprogramm haben der ebenfalls beteiligte Kevin Raines und seine Kollegen bereits entwickelt. Sie testeten die Software anhand eines simulierten kugelschalenförmigen Beugungsbilds, wie es durch die Röntgenbestrahlung eines Natriumsilikatglas-Würfels mit 1,4 Nanometer Kantenlänge entstehen würde. Dabei erhielten sie eine dreidimensionale Darstellung des Würfels, die die Position der einzelnen Atome sogar im Inneren des Würfels wiedergab. Sie stimmte exakt mit theoretischen Berechnungen der räumlichen Struktur von Natriumsilikatglas überein.
Auch mit realen Röntgendaten haben Raines und Co ihre Software getestet. Die Daten stammten von einem in eine Siliziumnitrid-Membran eingravierten Bildchen einer Frau. Die Forscher rechneten das flache Beugungsbild, das sie mit Hilfe eines CCD-Sensors aufgezeichnet hatten, in ein kugelschalenförmiges um und wendeten ihre Software an. Das 3-D-Bild zeigte die Figur und sogar wenige 100 Nanometer große Dellen, die auch auf der rasterelektronenmikroskopischen Aufnahme des Figürchens zu sehen waren. Verbesserungsbedarf vorhanden
Die Autoren räumen ein, dass die Rekonstruktionssoftware noch verbesserungsbedürftig sei. Um Artefakte bei größeren Proben zu vermeiden, müsse das Computerprogramm noch mehr physikalische Randbedingungen berücksichtigen als momentan. Außerdem dürfte das Verfahren in der Praxis nicht leicht umzusetzen sein, so die Wissenschaftler. Denn für ein optimales Ergebnis brauche man kugelförmige Detektoren mit einer hohen Auflösung.
Andreas Schropp vom Institut für Strukturphysik an der TU Dresden, der nicht an der Studie beteiligt war, hält die Methode grundsätzlich für durchführbar und interessant. Die Praxistauglichkeit hänge aber von der Brillanz der Röntgenquelle ab, also davon, wie viele Photonen einer bestimmten Energie die Quelle pro Zeiteinheit auf eine bestimmte Fläche bündeln kann.
Denn das kugelförmige Beugungsbild braucht viele Photonen, die weit von der geraden Ausbreitungsrichtung abgelenkt werden. "Kleine, nichtkristalline Proben lenken aber nur wenige Photonen stark ab", sagt Schropp. Man brauche daher eine sehr brillante Lichtquelle, um überhaupt ein Signal bei großen Streuwinkeln messen zu können.
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