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Wandernder Vulkan: Der Ätna rutscht Richtung Meer

Dass Vulkane immer wieder ihre Form ändern, weiß man. Der Ätna auf Sizilien allerdings ändert auch seinen Standort - der erste Feuerberg, bei dem man dieses bizarre Verhalten nachweisen konnte.
Ätna

Europas größter aktiver Vulkan wandert Richtung Mittelmeer. Zu diesem Schluss kommt ein Team um John B. Murray von der Open University in Milton Keynes anhand von GPS-Messungen von Referenzstationen an den Flanken des Bergs. Wie das Team im »Bulletin of Vulcanology« berichtet, gleitet der Vulkan mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von etwa anderthalb Zentimetern pro Jahr in Richtung Ostsüdost auf das nahe gelegene Mittelmeer zu. Ursache ist, dass der Vulkan auf Schichten lockerer Sedimente steht, die in diese Richtung leicht abfallen und eine schiefe Ebene bilden. Langfristig birgt die Vulkanwanderung das Risiko, dass die Flanke in Bewegungsrichtung immer steiler wird und schließlich abrutscht, was einer Katastrophe gleichkommt. Nach Angaben der Arbeitsgruppe besteht diese Gefahr in naher Zukunft nicht. Die Bewegung beeinflusst aber die Geometrie der Magmagänge im Inneren des Vulkans und damit sein Ausbruchsverhalten.

Vulkane verformen sich permanent unter ihrem Eigengewicht. Die Bewegungen des Ätna jedoch sind Gegenstand einer größeren wissenschaftlichen Debatte. Üblicherweise rutschen bei Vulkanen die Flanken radial vom Gipfel weg, entlang dem allgemeinen Gefälle des Bergs; beim Ätna schien aber das Zentrum der Bewegung etwa fünf Kilometer nordwestlich des Gipfels zu liegen. Das versuchten Fachleute zuvor durch Modelle zu erklären, in denen die Magmakammer des Vulkans entweder sehr weit an einer Flanke liegt oder seltsam geformt ist.

Das Team um Murray dagegen schlägt vor, dass der ganze Berg rutscht. Um diese These zu belegen, verwendet die Arbeitsgruppe nicht nur die Daten von etwa 100 GPS-Empfängern aus den Jahren 2001 bis 2012, sondern auch ein Modell des Ätna aus Sand und Knetmasse. Dabei kommt die Arbeitsgruppe zu dem Schluss, dass die Verformungen des um nur ein Grad gekippten Sandmodells etwa jenen entsprechen, die sie mit den Sensoren am echten Ätna gemessen hatte. Mit Hilfe statistischer Verfahren berechnete das Team außerdem einen hypothetischen gemeinsamen Bewegungsvektor des Vulkans: ebenjenes Gleiten um etwa 14 Millimeter pro Jahr. Zieht man diese Bewegung von den gemessenen Verformungen der Vulkanflanken ab, erhält man exakt das Bild, das man von einem großen Vulkan erwartet – die Flanken rutschen radial vom Gipfel nach außen.

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