News: Der Blick in die Sonne ist besonders für Kinder gefährlich
Daß durch einen Blick in die Sonne das Augenlicht beeinträchtigt werden oder sogar für immer verloren gehen kann, ist seit dem Altertum bekannt. Schon Sokrates wies auf diese Gefahr hin. Dennoch tragen bei jeder Sonnenfinsternis regelmäßig Hunderte von Menschen bleibende Netzhautschäden davon: Bei der Sonnenfinsternis des Jahres 1912 wurden in Deutschland mehr als 3.000 Geschädigte registriert. Wolfgang Schrader, Oberarzt an der Augenklinik: "Nur in der Hälfte aller Fälle erholt sich die Sehfähigkeit innerhalb von sechs Monaten wieder auf hundert Prozent – die restlichen Patienten müssen für immer mit einer eingeschränkten Sehkraft leben." In etwa zehn Prozent der Fälle bleibe sogar eine hochgradige Sehbehinderung zurück.
Kinder seien aus zwei Gründen besonders gefährdet: Zum einen sind sie sich der Gefahr nicht bewußt, zum anderen sind sie den gefährlichen kurzwelligen Anteilen des Sonnenlichtes viel stärker ausgesetzt als Erwachsene. Das liegt daran, daß die Augenlinse von Kindern diese gefährlichen Lichtanteile in weit geringerem Maße wegfiltert. Hinzu kommt, daß die im Fachhandel erhältlichen, in Pappe gefaßten Folienbrillen, die nur noch 0,001 Prozent des Sonnenlichtes durchlassen, bei Kindern unter acht Jahren laut Schrader nur schlecht passen. Deshalb würden diese Spezialbrillen Kindern keinen sicheren Schutz beim Blick in die Sonne bieten.
Schrader hat mit seinem Kollegen Rudolf Horn aus Lahr bereits vor Monaten eine bundesweite Aufklärungskampagne gestartet. Die Mediziner machen auf die bleibenden Netzhautschäden aufmerksam, die der ungeschützte Blick in die Sonne nach sich ziehen kann: "Weil diese Schäden nicht behandelbar sind, muß bei der Beobachtung der Sonnenfinsternis unbedingt auf Sicherheit geachtet werden", warnt Schrader.
Sicherheit sei am besten durch eine indirekte Beobachtungsmethode gewährleistet, bei der das Bild der Sonne durch eine Lochblende projiziert wird: Dazu sticht man mit einer Nadel ein kleines, kreisrundes Loch in einen Karton und bildet dadurch die Sonne auf einen zweiten, weißen Karton ab, der sich in mindestens einem Meter Abstand vom ersten befinden soll. So kann man auf dem weißen Karton beobachten, wie sich der Mond nach und nach vor die Sonne schiebt, und muß nicht direkt in die Strahlen blicken. Gleichermaßen für Erwachsene wie für Kinder unsichere Filter seien dagegen mehrere Sonnenbrillen übereinander aufgesetzt, Gletscherbrillen, berußte Glasscheiben, CDs, CD-ROMs, Floppy Disks oder belichtete Farb- bzw. Schwarzweißfilme, weil sie zuviel Strahlung durchlassen.
Verschiedentlich wurden Sonnensichtbrillen für Kinder bzw. "Riesen-Sonnensichtbrillen" aus metallbeschichteten Rettungsfolien gebastelt. Schrader weist darauf hin, daß solche Filter nicht gewährleisten würden, das Sonnenlicht tatsächlich um den Faktor eins zu 100.000 abzuschwächen. Mehrere Veröffentlichungen, unter anderem von der NASA, hätten schon bei früheren Sonnenfinsternissen auf die Gefährlichkeit solcher selbst gebastelter Filter hingewiesen.
Die sicherste Methode, Netzhautschäden bei Kindern zu verhüten, wurde im vergangenen Jahr in Südamerika praktiziert: Dort fiel die Schule aus und die Kleinen wurden angehalten, sich unter den Betten zu verstecken, damit "die schwarze Sonne sie nicht hole", sagt Schrader. Doch unter Beachtung der genannten Vorsichtsmaßnahmen und unter strenger Aufsicht müsse man Kindern das Erlebnis der Sonnenfinsternis nicht vorenthalten.
Siehe auch
- Spektrum Brennpunkt-Thema
"Die Sonnenfinsternis 1999 – Live im Internet" - Spektrum Brennpunkt-Thema
"Sonnenfinsternis soll Foucault-Pendel beschwingen" - Spektrum Brennpunkt-Thema
"Die Sonnenfinsternis 1999"
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