Fluss aus Eisen: Der Erdkern hat einen Jetstream
Der polare Jetstream hoch über unseren Köpfen hat ein Gegenstück im Erdinneren: Etwa 3000 Kilometer unter der Erdoberfläche, auf halber Strecke zum Mittelpunkt der Erde, reicht ein gigantischer Strom geschmolzenen Eisens von Kanada über Sibirien fast bis nach Europa – und er wird immer schneller. Wie die Gruppe um Philip Livermore von der University of Leeds berichtet, hat sich die Geschwindigkeit der Strömung seit dem Jahr 2000 etwa verdreifacht, auf nun zirka 40 Kilometer pro Jahr. Das sei vermutlich die höchste Geschwindigkeit im Inneren der Erde überhaupt, so die Forscher. Derartige Strömungen geben Aufschluss über die Dynamik des Erdkerns und damit auch des Geodynamos, der das Erdmagnetfeld erzeugt. Womöglich ließe sich auf diesem Weg auch sagen, ob sich das Feld derzeit wirklich umkehrt.
Beobachtet hat Livermores Team den unterirdischen Strahlstrom mit Hilfe der Swarm-Satellitenmission der ESA, bei der drei Satelliten das Erdmagnetfeld mit hoher Genauigkeit vermessen. Dabei fielen den Forschern mehrere Regionen im Bereich Alaska und Sibirien auf, in denen sich das Magnetfeld im Erdinneren sehr schnell ändert – verursacht durch Magnetfeldstrukturen, die sich nach Westen bewegen. Als Ursache identifizierten sie den über 400 Kilometer breiten Fluss aus geschmolzenem Material, der vermutlich durch einen ähnlichen Mechanismus entsteht wie die Jetstreams der Atmosphäre: dem Zusammenspiel von Druckdifferenzen und der Erdrotation. Anders als bei den atmosphärischen Jetstreams gibt es aber kein südliches Gegenstück des Erdkern-Jets, berichten die Forscher. Dass sich der unterirdische Strahlstrom derzeit so drastisch verstärkt, ist nach Ansicht der Arbeitsgruppe vermutlich Teil eines sehr langen Zyklus der Strömungen im Erdkern, die seit Milliarden von Jahren das Erdmagnetfeld erzeugen.
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