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Corona-Pandemie: Der erste coronaarme Sommer seit drei Jahren

Die Corona-App ist im Ruhemodus, die regelmäßigen Berichte vielerorts eingestellt. Alles wieder gut? Es scheint so. Denn auch die Zahl der schwer Erkrankten ist drastisch gesunken.
Eine Coronamaske im Sonnenuntergang
Die Entscheidung, sämtliche verpflichtenden Coronaschutzmaßnahmen auslaufen zu lassen, scheint nicht zu einem erneuten dramatischen Anstieg der Coronainfektionen geführt zu haben.

Das Gefühl, dass das Coronavirus Sars-CoV-2 für die allermeisten Menschen in Deutschland keine Rolle mehr spielt, ist nicht nur ein Gefühl. Es lässt sich auch mit Zahlen belegen. Die dem Robert Koch-Institut (RKI) offiziell gemeldeten und PCR-bestätigten Neuinfektionen sind zwar schon seit Monaten kaum noch aussagekräftig, da sich nur noch die wenigsten testen lassen. Doch auch die Zahl der mit oder wegen Covid-19 ins Krankenhaus eingelieferten Menschen sowie derer, die daran sterben – was nach wie vor genau gezählt wird –, ist drastisch gesunken.

Die Hospitalisierungsrate liegt laut RKI aktuell bei 0,59 stationär aufgenommenen Patienten pro 100 000 Einwohnern. Derzeit werden deutschlandweit 730 Menschen im Krankenhaus mit Covid-19 behandelt, davon 180 intensivmedizinisch. So niedrige Zahlen wurden zuletzt im Sommer 2021, also vor zwei Jahren gemeldet. Nachdem das RKI zum 8. Juni seine Wochenberichte über Sars-CoV-2 einstellte, kommt es wenig überraschend, dass nun auch die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) mit dem heutigen 14. Juni etliche Daten nur noch in einem Repositorium zur Verfügung stellt. Ebenso ist die Corona-Warn-App zum 1. Juni in den Ruhemodus versetzt worden.

Mehr als drei Jahre ist es nun her, dass Sars-CoV-2 erstmals in Deutschland nachgewiesen und die Bevölkerung in den ersten von mehreren Lockdowns geschickt wurde. Der fast tägliche, bange Blick in die Coronastatistiken wurde für viele Menschen Alltag. Selbst für Kinder waren Begriffe wie 7-Tage-Inzidenz, R-Wert oder mRNA-Impfung plötzlich keine Fremdwörter mehr. Zahlreiche Aktivitäten hingen von den jeweiligen Inzidenzen in den Kommunen ab. Die Erfassung der belegten und freien Behandlungskapazitäten in der Intensivmedizin gehörte ebenso zu den wichtigen Neuerungen wie die Überwachung der Virenlast im Abwasser oder die Entwicklung neuartiger Impfstoffe.

Alle pandemierelevanten Zahlen sind rückläufig

Nun aber ist ein Großteil der Bevölkerung mindestens einmal geimpft und alle pandemierelevanten Zahlen sind rückläufig. Die Intensivstationen sind zu gerade einmal 0,9 Prozent mit Covid-19-Patienten belegt. Zwischenzeitlich hatte dieser Wert im Winter 2021/22 an der kritischen 40-Prozent-Marke gekratzt. Dass in der vergangenen Woche zwar noch immer 129 Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 an das RKI gemeldet wurden, ist beklagenswert, jedoch weit entfernt von den mehr als 6000 Toten in nur einer Woche im Winter 2020/21.

Blickt man auf die Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Influenza, die Daten zu sämtlichen akuten Atemwegserkrankungen (ARE) erfasst, zeigt sich ein gemischtes Bild. Insgesamt ist die ARE-Aktivität auf einem für diese Zeit hohen Niveau im Vergleich zur vorpandemischen Zeit – es dominierten in den vergangenen Wochen allerdings Rhinoviren und B-Influenzaviren. Absolut betrachtet geht die Arbeitsgemeinschaft Influenza von etwa vier Millionen akuten Atemwegserkrankungen in der Bevölkerung in Deutschland aus, unabhängig von einem Arztbesuch. Das ist aber keineswegs ungewöhnlich für einen zu Beginn recht nasskalten Frühling. Die Zahl schwer verlaufender Atemwegsinfektionen bleibt dagegen weiterhin auf einem niedrigen Niveau.

Die Entscheidung der Bundesregierung, sämtliche verpflichtenden Coronaschutzmaßnahmen mit dem 7. April auslaufen zu lassen und auf Freiwilligkeit zu setzen, hat also offenbar nicht zu einem erneuten dramatischen Anstieg der Coronainfektionen geführt. Nun sei es jedoch wichtig, die langfristigen Folgen der Pandemie im Blick zu behalten, hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bereits Mitte März gesagt. So gebe es zahlreiche Menschen, die sich mit anhaltenden gesundheitlichen Einschränkungen im Anschluss an eine Covid-19-Infektion herumplagen. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass auch die psychischen Auswirkungen in der Bevölkerung nicht zu unterschätzen sind – insbesondere Kinder und Jugendliche stehen hier im Fokus. »73 Prozent der jungen Menschen sind durch die Einschränkungen während der Pandemie bis heute enorm gestresst«, hatte Bundesjugendministerin Lisa Paus bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Karl Lauterbach im Februar erklärt. Um all das abzufedern, hat der Bund umfangreiche finanzielle Hilfen zugesagt. Dem ersten coronafreien Sommer seit drei Jahren sollte also für die allermeisten Menschen in Deutschland nichts im Wege stehen.

In einer ersten Version hatten wir geschrieben, dass die DIVI den Tagesreport eingestellt hat. Das stimmt so nicht. Es werden lediglich die Zeitreihen für Deutschland, die Bundesländer, die Landkreise sowie zur Altersstruktur nur noch auf Github bereitgestellt. Die Tagesreports sind weiterhin auf der Download-Seite des Intensivregisters verfügbar.

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