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Carl von Linné: Der falsche Elefant

300 Jahre lang galt ein Elefantenfötus als taxonomischer Urtyp aller Asiatischen Elefanten. Doch Carl von Linné lag daneben - eine wissenschaftshistorische Europareise.
Elefant "Hansken"

Uppsala, 1753

Carl von Linné konnte seine Aufregung über seine neueste Erwerbung kaum verbergen. "Ich bin so erfreut, dass der kleine Elefant angekommen ist. Falls er viel gekostet hat, so war er dies wert. Er ist so rar wie ein Diamant", schrieb der Gründervater der modernen Taxonomie in einem Brief an einen Freund am 18. Mai 1753. Auf Linnés Drängen hin hatte König Adolf Frederick von Schweden den in Alkohol aufbewahrten Elefantenfötus für seine bereits riesige naturhistorische Sammlung erworben. Nur wenige Europäer hatten bis dahin einen Elefanten mit eigenen Augen gesehen, und Linné war erpicht darauf, das Tier in seinem Lebenswerk – der "Systema naturae" – aufzuführen.

Die "Systema naturae", erstmals 1735 veröffentlicht und nachfolgend immer wieder aktualisiert, war ein reichlich kühnes Verzeichnis aller bekannten Lebensformen, das mit Hilfe einer zweiteiligen, von Linné formalisierten Nomenklatur organisiert wurde. Er gruppierte die Organismen hierarchisch und beschrieb sie einzeln mit lateinischen Gattungs- und Artnamen. Linnés System basierte auf dem Konzept so genannter Typen – Individuen, die als Basisbeschreibung einer Art dienen. Sie entsprechen in etwa dem Platin-Iridium-Zylinder in Paris, der das Kilogramm definiert. Und da Linné das bis heute gebräuchliche System eingeführt hat, bestimmte er damals auch, was zum Erstmuster wurde.

Der schwedische Gelehrte dachte vielleicht an sich, als er Homo sapiens sapiens beschrieb (1959 wurde er formell zum Typus ernannt). Doch bei den mehr als 10 000 Pflanzen und Tieren, die er klassifizierte, verließ sich Linné auf Sammlungen – etwa jene seines Königs. Der Elefantenfötus, der ungefähr so groß wie eine gut genährte Katze war, wurde zum Typus der Elefanten, die in der "Systema naturae" auftauchten.

Carl von Linné | Der schwedische Naturwissenschaftler begründete die moderne Taxonomie in seinem Jahrhundertwerk "Systema naturae".

Linné betitelte die Art als Elephas maximus, heute allgemein bekannt als Asiatischer Elefant. Er erkannte nur eine einzige Elefantenart weltweit an, und dies sollte der Archetyp sein. Linné wusste zudem, dass weitere Exemplare existierten – darunter einige Stoßzähne und ein Skelett, das der englische Gelehrte John Ray in Florenz beschrieb –, und vermerkte alte künstlerische Darstellungen kurzbeiniger Biester mit unnatürlich aussehenden Rüsseln. All dies floss in seine Beschreibung der Elefanten im Rahmen der Typenserie mit ein. Als Ursprungsort des Elefanten vermerkte der Biologe Zeylonae paludosis beziehungsweise Ceylon, das heutige Sri Lanka.

Obwohl Linné davon ausging, dass die Elefanten aus Südasien stammen, wusste er wahrscheinlich, dass sie in Afrika ebenfalls lebten. Er hatte wohl beispielsweise von den Feldzügen des karthagischen Feldherrn Hannibal gegen das Römische Reich im 3. Jahrhundert v. Chr. gehört, die von Dutzenden Elefanten in Rüstung angeführt wurden. Doch es wird diskutiert, ob er nun wusste, dass sein eingelegtes Exemplar über einen holländischen Sammler aus Afrika kam.

Amsterdam, 1735

Albertus Seba verdiente als Apotheker genügend Geld, um seiner wahren Leidenschaft frönen zu können: der Naturgeschichte. Seine voluminöse Sammlung umfasste die meisten der damals bekannten Säugetiere der Welt, Amphibien, Schlangen, Insekten und sogar Pflanzen und Mineralien. Nachdem er eine große Ladung an den russischen Zaren Peter den Großen 1717 verkauft hatte, trug Seba eine weitere Kollektion zusammen, die er in einem vierbändigen Werk namens "Thesaurus" katalogisierte und illustrierte: Der erste Band erschien um 1735.

Unter Sebas letzten Erwerbungen befand sich der Elefantenfötus, der ihm von der Niederländischen Westindien-Kompanie entweder verkauft oder geschenkt worden war. Seba starb 1736, und seine Kollektion stand 1752 zum Verkauf, um die Kosten für die Veröffentlichung der letzten beiden Bände seines "Thesaurus" zu decken. Der Auktionskatalog beinhaltete auch eine kurze Beschreibung des Elefanten, den Linné bald in den Händen halten sollte: "Ein besonders schöner ungewöhnlicher Elefantenfötus aus Afrika."

Verschiedene Orte in Europa, spätes 18. Jahrhundert

Gleich ob Linné Kenntnis vom Ursprung seines eingelegten Rüsseltiers hatte oder nicht: Es wurde als Archetyp für Asiatische Elefanten zementiert. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erkannten die Gelehrten den Afrikanischen Elefanten als eigenständige Art an und benannten ihn als Elephas africanus. Ein Jahrhundert später unterteilte man die Afrikanischen Elefanten auf Grund verschiedener Verbreitungsgebiete – Regenwald und Savanne – in zwei Spezies. Und beiden wurde später sogar eine eigene Gattung Loxodonta zugewiesen, deren Name auf dem griechischen Wort für schräge Zähne basiert.

Ausgewachsene Asiatische Elefanten kann man leicht von ihrer afrikanischen Verwandtschaft abgrenzen: Die größeren Ohren der Loxodonta gehören zu den vielen unterschiedlichen Merkmalen. Doch ihre Föten lassen sich nur schwer unterscheiden. Nachdem der Fötus vom Königlichen Palast zum heutigen Naturhistorischen Museum Schwedens zu Beginn des 19. Jahrhunderts überstellt wurde, fragten sich die Kuratoren, ob ihr wertvoller Besitz nicht falsch ausgezeichnet worden war. Auf bestimmte Weise ähnelte der Typus eher einem Afrikanischen Elefanten, deuteten zwei Kuratoren in unveröffentlichten Notizen auf akademischen Tagungen an. Selbst als der gegenwärtige wissenschaftliche Direktor Per Ericson 1990 als ornithologischer Kurator sein Amt antrat, waberten noch einige Fragen zum Fötus umher.

London, um 2000

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts begann auch Anthea Gentry, Säugetierkuratorin am Londoner Naturhistorischen Museum, das Exemplar anzuzweifeln. Die Vogel- und Säugetierexpertin sah den Fötus erstmals 1999: Sie hatte vernommen, dass das Stockholmer Museum einige Speziestypen besaß, die Linné beschrieben hatte, und wollte diese sehen. Sie musste nach Luft schnappen, als die Pfleger der Feuchtpräparatesammlung drei Karren vollgepackt mit Gläsern brachten, in denen Dutzende Vögel, Hörnchen, Fledermäuse und andere Tiere steckten. "Das war ein absoluter Hingucker", sagt Gentry. "Niemand hat jemals dieses Material begutachtet, um zu sehen, was Linné besaß."

Gentry begann das Material zu beschreiben – und erwartete, dass manche von Linnés Beschreibungen nicht mehr mit heutigen Artbestimmungen in Einklang zu bringen sind. Sie gewann Zuschüsse der Europäischen Union, um die Sammlung zu katalogisieren, und fotografierte die Exemplare ausgiebig für spätere Studien. Während einer Reise 2004 mit ihrem Mann, einem Säugetierpaläontologen, zog sie die Aufnahme des Elefantenfötus hervor. "Ich sagte zu ihm, ich glaube nicht daran, dass dies ein Asiatischer Elefant sein soll", erinnert sie sich. "Stimmt, sagte er – es handelt sich um einen Afrikanischen Elefanten." Die Ohren sahen zu groß für einen Asiatischen Elefanten aus, und der gewölbte Schädel erinnerte an den eines afrikanischen Dickhäuters.

In der Hoffnung, ihre Ahnung zu bestätigen, entschloss sich Gentry 2006 dazu, die DNA des Tiers zu analysieren. Damals waren Biologen erfahren genug, DNA-Sequenzen 2000 Jahre alten Mumien und noch älteren Neandertalerfossilien abzutrotzen. Die Wissenschaftlerin und ihre Kollegen hofften daher, dass der deutlich jüngere Fötus genügend genetisches Material enthielt, um seine afrikanische oder asiatische Herkunft zu bestimmen. Doch reiner Alkohol tut DNA nichts Gutes, und die Sequenzierungsbemühungen blieben ergebnislos. Selbst der hinzugezogene Experte für antike DNA, Tom Gilbert von der Universität Kopenhagen, scheiterte, obwohl er die damals weltbeste Analysetechnologie einsetzte.

Kopenhagen, 2009

Doch Gilbert bekam den Elefanten nicht aus dem Kopf. Er besorgte sich eine Neuauflage von Sebas illustriertem "Thesaurus" und berichtete jedem, der es hören wollte, von dem Fötus und dem Geheimnis seiner Herkunft. Enrico Cappellini war ganz verdattert, als Gilbert ihm von dem Dickhäuter erzählte, während er durch Sebas Katalog blätterte. Cappellini, ein Proteinchemiker, trat 2009 als Postdoc Gilberts Forschungsteam bei, um die Domestizierung von Getreide zu studieren. "Warum redet er über Elefanten?", fragte sich Cappellini.

Elefant "Hansken" | Der niederländische Meister Rembrandt verewigte einen der wohl ersten Asiatischen Elefanten, die es nach Europa verschlagen hat. Dessen Skelett steht heute in Florenz – und macht Hansken zum taxonomischen Urtypus seiner Art.

Immerhin hatte Gilbert eine Idee, wie er den Fall lösen könnte, doch benötigte er hierfür die Hilfe seines neuen Postdocs. 300 Jahre in einem Alkoholbad hatten vielleicht den Großteil der DNA zerstört, doch andere Moleküle wie Proteine sollten intakt geblieben sein, mutmaßte er. Andernfalls hätte sich der Körper auflösen müssen. "Natürlich besaß das verdammte Ding noch Proteine, da es noch existierte", sagte er. Cappellinis vorheriges Projekt umfasste die Analyse von Kollagen, dem wichtigsten Protein in Knochen und Bindegewebe, um damit Arten zu identifizieren, von denen nicht mehr viel übrig war oder deren Ursprung im Dunkeln lag. Nun sollten Proteine den Unterschied zwischen Asiatischen und Afrikanischen Elefanten klären helfen und Linnés Exemplar dingfest machen.

Cappellini, dessen äußere Ähnlichkeit mit Gilbert viele Konferenzgänger amüsiert hat, war fasziniert. Die Erforschung alter DNA wurde durch eine neue Generation von DNA-Sequenzierern revolutioniert, die rasch kurze DNA-Abschnitte lesen konnten – eine Technologie wie gemacht für die Untersuchung jahrhundertealter DNA, die in kurze Schnipsel zerfetzt war. Doch auch die Technik zur schnellen Entzifferung zahlloser Proteine auf einmal hatte Fortschritte erzielt. 2012 veröffentlichten die beiden Biologen eine Studie, in der sie 126 Proteine aus dem Oberschenkelknochen eines 43 000 Jahre alten Mammuts beschrieben – ein Experiment, das das Potenzial historischer Proteomik belegt.

Theoretisch musste Cappellini nur ein einziges Protein isolieren, dass sich zwischen beiden Rüsseltierarten unterscheidet. Doch sein erster Ansatz schlug fehl: Das in der Haut und zwischen Blutgefäßen häufige Kollagen unterscheidet sich zwischen den verschiedenen Dickhäutern nicht. Außerdem mangelt es an vorhandenen genetischen Informationen zu Elefanten, vor allem denjenigen aus Asien. Aus einem Stückchen Speiseröhre zogen die beiden Forscher schließlich ein Protein heraus, das sich ein wenig unterschied – in einer einzigen Aminosäure. Es gehörte zum Hämoglobin-Komplex, das Sauerstoff in den roten Blutzellen transportiert: Bei den asiatischen Vertretern ist es Aspartat, bei den Afrikanern hingegen Glutamat. Cappellinis Tests bestätigten, dass das Protein in Linnés Elefant hier Glutamat enthielt. Das Rätsel war gelöst: Der Fötus, der als Ursprungstyp den Asiatischen Elefant beschreiben sollte, war in Wirklichkeit ein Afrikaner.

Nachdem er Linnés Elefanten vom Sockel gestoßen hatte, fragte sich Gilbert, ob ihre Entdeckung in der kleinen Welt der Elefantentaxonomie Chaos anrichten würde. "Ich stellte mir den Aufruhr unter den Systematikern vor, wenn sie feststellten, dass ihr Typexemplar falsch ist", sagt er. Würde Elephas maximus der neue lateinische Name für den Afrikanischen Elefanten – was die Taxonomen zu einem neuen Namen für den asiatischen Vertreter zwänge? Könnten sie irgendeinen Asiatischen Elefanten als neuen Typus benennen?

"Unglücklicherweise sind Taxonomen gerissene Leute, die sich immer ein Hintertürchen offenhalten", so Gilbert. Regeln der International Commission on Zoological Nomenclature – den Schiedsrichtern aller Tierarten – besagen, dass – wo immer möglich – jeder neue Arttyp zuerst anhand anderer, von Linné selbst in der "Systema naturae" aufgeführter oder begutachteter Exemplare beschrieben werden muss. Mögliche Kandidaten in diesem Sinne wären dabei die Beschreibung eines Skeletts durch John Rays sowie ein Zahnfragment, das Linné erwähnt hatte. Nur wenn beide nicht für eine Bewertung taugen, würde die Kommission einen anderen Asiatischen Elefanten als Urtypus von Elephas maximus zulassen.

Am naheliegendsten war der Zahn, der mittlerweile in einem Museum in Uppsala liegt. "Kein besonders befriedigender Typus, wenn man nur einen halben Backenzahn besitzt", meint Gilbert. Als sie sich langsam an diese Vorstellung gewöhnten, erhielt Cappellini eine E-Mail von einem Paläontologen am Natural History Museum, der sich auf Elefanten spezialisiert hat. Die kurze Nachricht beinhaltete ein Dokument, das John Ray auf seinen Reisen angefertigt hatte.

Europa, 1663 bis 1667

Im Frühjahr 1663 machte sich der 35-jährige Ray auf zu einer Tour durch Europa. Er hatte gerade am Trinity College in Cambridge gekündigt, wo er Griechisch und Mathematik gelehrt, gelegentlich gepredigt und im Übrigen seinem persönlichen Interesse an Naturgeschichte gefrönt hatte. Nach seiner Reise durch Nordeuropa erreichte er Florenz im Sommer 1664, wo er auf die Überreste eines Elefanten im Palast des Herzogs Ferdinand II. stieß. "Wir sahen (…) die Haut und das Skelett eines Elefanten, der in Florenz acht bis zehn Jahre zuvor ausgestellt worden war und dort starb", schrieb Ray.

Ray war ein Denker ganz nach dem Modell des britischen Philosophen Francis Bacon, der die direkte Beobachtung in der Wissenschaft betont hat. Deshalb beachtete Ray auch besonders die anatomischen Details des Skeletts, in dem einige fehlende Knochen durch hölzerne Kopien ersetzt worden waren. "Insgesamt existieren 20 Paar falsche und echte Rippen, aber ich konnte nicht herausfinden, wie viele genau echt oder falsch waren, da der Brustknochen und die Knorpel des Florentiner Skeletts fehlten", schrieb er.

Kopenhagen, 2012

Der Reisebericht war im schulmeisterlichen Latein verfasst, das von europäischen Wissenschaftlern im 17. Jahrhundert verwendet wurde. Cappellini musste daher sein gesamtes klassisches Lateinwissen aufwenden, an das er sich noch aus Schulzeiten erinnern konnte. Und mit Hilfe von Google kämpfte er sich durch den Text. Da er seinen Doktor zehn Jahre vorher in Florenz gemacht hatte, blitzte etwas in seinem Kopf auf, als er Rays Elefantenbeschreibung las. "Ich dachte, das Skelett müsste dort in der Zoologischen Sammlung noch herumstehen. Ich wusste, dass es dort ein Elefantenskelett gab, denn es handelte sich um mein Institut", erzählt Cappellini.

Mit diesem Hinweis machte er sich daran festzustellen, ob das Skelett aus seinen Studienerinnerungen zu den Notizen von Ray passte, die Linné neben dem jetzt degradierten Fötus aufführte. Als Cappellini Rays Spur durch digitalisierte Texte verfolgte, fand er heraus, dass der Elefant Hansken genannt wurde. Er gelangte um 1630 als Geschenk ins niederländische Königshaus, nachdem er von der Niederländischen Ostindien-Kompanie importiert worden war – ein Fakt, der bereits stark auf eine asiatische Herkunft hindeutete. Später zeichnete ihn dann der niederländische Meister Rembrandt. Bald wurde das Tier zu einer Belastung, weshalb man es an einen Schausteller verkaufte, der ihm Tricks beibrachte, etwa, ein Schwert aus dem Schaft zu ziehen, und dafür Eintrittsgelder verlangte. Nachdem er durch die Niederlande, Deutschland und Italien getourt war, starb Hansken am 9. November 1655 in Florenz. Er war erst wenige Jahre tot, als ihn Ray betrachtete.

Cappellini kontaktierte das Florentiner Museum und erzählte dessen Mitarbeitern von seiner Ahnung. Das Skelett, an das er sich erinnerte, befand sich immer noch in der Sammlung. Es war eindeutig ein Asiatischer Elefant, und seine Proportionen entsprachen praktisch genau jenen von Hansken, wie sie Ray und andere beschrieben hatten. Entscheidend waren schließlich die hölzernen Rippen, die zu den falschen Knochen passten, die Ray schon vor 350 Jahren bemerkt hatte.

"Es ist ausgezeichnet erhalten. Man sieht deutlich, dass das Sternum durch eine Holzkopie ersetzt wurde", sagt Cappellini. "Ich denke, wir waren in einer aussichtsreichen Position, um den Florentiner Elefanten als Lektotypus oder neuen Typus für die Art Elephas maximus zu benennen." Dies geschah nun tatsächlich mit einer Veröffentlichung im "Zoological Journal of the Linnean Society".

Epilog

"Das ist zuallererst eine richtig coole wissenschaftliche Detektivgeschichte", meint Kris Helgen, Säugetierkurator an der Smithsonian Institution in Washington D. C. Niemand habe heute mehr Probleme damit, Asiatische und Afrikanische Elefanten zu unterscheiden. "Doch ein wichtiger Aspekt dieser Arbeit liegt darin, dass wir 200 Jahre später keine Irrungen und Wirrungen mehr haben möchten, wenn es darum geht, die wissenschaftlichen Namen korrekt anzuwenden", sagt er. Gilbert denkt, dass ihre Studie auch für andere Forschungsbereiche wie Paläontologie oder den Naturschutz Folgen haben dürfte. Neue Arten oder Unterarten lebender oder ausgestorbener asiatischer Rüsseltiere werden in Bezug auf den Arttypus definiert. Derartige Vergleiche benötigten einen korrekten Referenzrahmen, so Gilbert.

Ericson, der Stockholmer Museumsdirektor, ist begeistert, dass das Rätsel gelöst wurde – auch wenn dies bedeutet, dass das gefeierte Museumsexemplar herabgestuft werden muss. "Doch das ist nun einmal die Folge für fragwürdige Typen", fügt er an. Gilbert und Cappellini schätzen, dass ihre Proteinanalyse noch weitere Typus-Missverständnisse in den Museen aus dem Weg räumen wird. Momentan versuchen sie beispielsweise zu klären, wie das ausgestorbene Toxodon – ein südamerikanisches Säugetier, das den Flusspferden ähnelt – mit anderen Arten verwandt ist.

Linnés Vermächtnis wird vielleicht auch noch weiter korrigiert werden. Gentry möchte bald einen Katalog über Linnés Vögel und Säuger veröffentlichen. Neben dem Elefanten hat sie noch weitere, weniger eindeutig fehlbestimmte Arttypen entdeckt, darunter Fledermäuse und Nagetiere. "Es ist schade, dass wir dies tun müssen, doch es führt kein Weg daran vorbei."

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