Weinchemie: Der Fingerabdruck des Weißweins
Riesling, Grauburgunder oder Hauptsache zwölf Prozent – am richtigen Weißwein scheiden sich die Geister, und die genaue Sorte zu identifizieren ist eine Wissenschaft für sich. Bisher ging das nur über Geschmack, Geruch und andere sensorische Eigenschaften. Man braucht dazu Menschen mit viel Erfahrung. Doch inzwischen sind technische Verfahren auf dem Vormarsch, die diese menschlichen Sinne nachbilden oder ersetzen sollen. Zum Beispiel jenes, das eine Arbeitsgruppe um Uwe Bunz von der Universität Heidelberg vorstellt. Der Chemiker verwendet ein mit verschiedenen fluoreszierenden Molekülen bestücktes Sensorfeld: Die im Wein enthaltenen Stoffe hindern diese Sensormoleküle unterschiedlich stark am Leuchten, so dass jeder Wein einen leicht unterschiedlichen "Fingerabdruck" erzeugt. Das Verfahren soll vor allem helfen, gefälschte hochpreisige Weine zu identifizieren und aus dem Verkehr zu ziehen.
Weißweine sind chemisch betrachtet eine Mischung aus Zuckern, Mineralien, Säuren und vielen anderen, oft nur in Spuren vorhandenen Stoffen in den beiden Lösungsmitteln Wasser und Ethanol. Für eine klassische chemische Analyse ist diese Vielfalt zu unüberschaubar, viele der enthaltenen Moleküle sind kaum oder überhaupt nicht bekannt. Deswegen beschränkt man sich darauf, den Wein mit Hilfe relativ unspezifischer Wechselwirkungen zu identifizieren, die das gesamte Substanzgemisch erfassen, ohne dass man dessen genaue Zusammensetzung kennen muss.
Die Gruppe von Uwe Bunz verwendet dazu geladene, wasserlösliche Polymere namens Polyparaphenylenethinylene (PPE), die leuchten, wenn sie mit Licht bestimmter Wellenlänge bestrahlt werden. Doch wenn andere organische Moleküle in der Nähe sind, nehmen sie einen Teil der vom PPE aufgenommenen Energie ab, bevor sie zu Licht umgewandelt wird. Deswegen befüllte der Chemiker vier Felder mit zwei unterschiedlichen PPEs sowie zwei Kombinationen beider, so dass jedes Feld auf eine bestimmte Stoffzusammensetzung charakteristisch reagiert. Die Kombination aller vier Felder soll jeden Wein eindeutig identifizieren – in diesem ersten Versuch gelang das mit 51 von 52 Weinen: Nur einen davon ordnete das System falsch zu.
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