Klimapolitik: Der Fortschritt ist eine Schnecke
Das Wissen ist da und die Absichtserklärungen der Weltgemeinschaft auch. Doch hinter den hehren Worten wider der Erderwärmung verbergen sich eher wenig Taten. Auch die neue Weltversammlung der Klimaschützer machte keine Ausnahme.
Anfang November meldete die Weltwetterorganisation in Genf, dass seit Beginn der Messungen des Treibhausgases Kohlendioxid in der Atmosphäre 2005 einen neuerlichen Rekordwert erreicht hat. Seine Konzentration lag nun offiziell bei 379,1 ppm (Teile pro Millionen Teile) – mehr als ein Drittel höher als noch 1750 in der Zeit vor der Industrialisierung und ein Superlativ für die letzten 650 000 Jahre. Mittlerweile bläst die Weltgemeinschaft mehr als 25 Milliarden Tonnen CO2 in die Luft. Tendenz: weiterhin steigend.
Dieser rasante Anstieg der Werte und die alltäglichen Zeichen der Erderwärmung schrecken Wissenschaftler, Umweltschützer und zunehmend auch Politiker gleichermaßen. Erstere mahnen Maßnahmen an, die Letztere bisweilen aufgreifen und mitunter verabschieden, häufiger aber noch vor sich herschieben oder gar völlig verneinen. Auf der aktiven Seite des Spektrums stehen viele Staaten der Europäischen Union, die sich dem Kyoto-Protokoll zur Eindämmung von Emissionen verpflichtet fühlen und in Einzelfällen wie Großbritannien oder Deutschland schon erste Sparerfolge verzeichnen. Eine völlig gegensätzliche Position nehmen die Vereinigten Staaten – zumindest ihre Bundesregierung in Washington – oder Australien ein, die nichts vermeintlich Wirtschaftsschädigendes tun wollen und lieber auf technische Lösungen zur Entsorgung von Kohlendioxid setzen. Dazwischen tummeln sich alle anderen, darunter Emissionsgrößen wie China oder Winzlinge à la Tuvalu, Kiribati und Somalia, deren Ausstoß fast nicht messbar ist. Sie fühlen sich zum einen von den Folgen des Klimawandels bedroht, fürchten aber auch um ihr Wirtschaftswachstum.
Kyoto II steht in den Sternen
Sie alle unter einen Hut zu bekommen, ist – gelinde gesagt – sehr schwierig. Und doch war dies das Ziel des diesjährigen Weltklimagipfels in Nairobi, der nominell diesen Freitag zu Ende ging. Bis in die Nacht tagten Ausschüsse und Minister; wie so häufig wird kurz vor Schluss die Uhr angehalten, um innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens ein Ergebnis zu erhalten. Oberste Priorität der Verhandlungsrunde hatte die Suche nach einer Anschlussvereinbarung zum Kyoto-Protokoll, das 2012 ausläuft, sowie die Einbindung der wirtschaftlich aufstrebenden Schwellenländer, deren Anteil am globalen CO2-Ausstoß überproportional wächst. Konkrete Vorgaben wer wie viel bis wann eisnparen müsse, standen dagegen nicht zur Debatte.
Damit ein Post-Kyoto-Abkommen rechtzeitig 2013 in Kraft treten könnte, müssten bald die Verhandlungen dazu beginnen – spätestens im Jahr 2008. Dazu bräuchte es allerdings ein entsprechendes Mandat von der Völkergemeinschaft, wonach es nach zähen Diskussionsrunden bis Redaktionsschluss noch nicht aussah: Eine Vertagung scheint wahrscheinlich. Dabei drängt die Zeit, schließlich vergingen zwischen dem so genannten "Berliner Mandat" von 1995 zehn Jahre bis zum Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls. Umweltschützer hegen denn auch die Befürchtung, dass es ohne direktes Anschlussverfahren zu einem Zusammenbruch des europäischen Emissionsrechtehandels kommen könnte. Die Reduktionsziele der Europäischen Union wären dann nur noch sehr schwer einzuhalten. Deutschlands Emissäre schlugen deshalb als Kompromiss vor, mit den Gesprächen im kommenden Jahr zu beginnen und sie bis 2009 abzuschließen.
Widerstände gibt es – außer von den Vereinigten Staaten und Australien – diesmal vor allem von vielen Entwicklungsländern. Sie sehen in eventuellen Reduktionsvorgaben einen Hemmschuh für ihr Wirtschaftswachstum und scheuen folglich, zukünftig einen stärkeren Beitrag zur Eindämmung der CO2-Emissionen leisten zu müssen. Stattdessen plädieren sie allenfalls für kleinere Schritte und eine minimale Überarbeitung der bisherigen Standards. Russland drängt zudem darauf, dass Klimaschutzmaßnahmen auf freiwilliger Basis vollzogen werden und Staaten auch nur Teilen eines Kyoto-II-Abkommens beitreten können. Beides würde den Vertrag schwächen.
Eher kleine Fortschritte
Die Europäer und ihre Verbündeten beharren dagegen auf umfassenderen Einsparvolumina und einer breiteren Staatengruppe, die diesem Ziel verpflichtet ist. Unter anderem im Mittelpunkt ihrer Bemühungen steht ein verstärkter Technologie- und Geldtransfer in ärmere Staaten, um diesen eine "saubere" Entwicklung zu ermöglichen. Gleichzeitig könnten damit die Industrien im Norden einen Teil ihrer Minderungsvorgaben erfüllen. Projekte, die nicht weniger Kohlendioxid-Ausstoß zum Ziel haben, sondern dessen zeitweilige oder dauerhafte Einlagerung in wie auch immer gearteten Speichern, dürfen mit diesen Geldern jedoch nach der neuesten Vereinbarung nicht gefördert werden – die angewendeten Methoden gelten vielen als noch nicht ausgereift.
Ein weiterer kleinerer Erfolg ist der so genannten Anpassungsfonds. Er soll Entwicklungsländern helfen, auftretende Schäden durch den Klimawandel rascher zu beheben oder sich an die Veränderungen anzupassen. Der Geldtopf speist sich unter anderem aus Abgaben des Emissionshandels und soll bis 2012 etwa 300 Millionen Dollar beinhalten. Angesichts der jüngst in einem Gutachten für die britische Regierung postulierten mehreren Billionen Dollar hohen, klimabedingten Verlusten dürfte dies allerdings eher ein symbolischer Betrag sein, was Bundesumweltminister Sigmar Gabriel anscheinend ähnlich sieht: "Meine Sorge ist, dass wir eine Illusion aufbauen über die Mittel, die in diesem Topf stecken", sagte der Politiker gegenüber der Süddeutschen Zeitung.
Am Rande der Konferenz offenbarte die irische EU-Abgeordnete Avril Doyle auch Pläne der Europäer, nach denen Importe aus bestimmten Ländern mit einer Art Klima-Zoll belegt werden könnten, um Wettbewerbsverzerrungen für europäische Unternehmer zu entschärfen. Dies beträfe Staaten, die das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert haben und damit keinen diesbezüglichen internationalen Verpflichtungen unterliegen. Der Aufschlag zielt vor allem auf die Vereinigten Staaten sowie Australien ab. Wie Spiegel-Online unter Berufung auf Doyle weiter meldete, gibt es innerhalb der EU Überlegungen, wenigstens einzelne US-Bundesstaaten ins Kyoto-Protokoll eintreten zu lassen. Schließlich würden Kalifornien unhd verschiedene Bundesstaaten an der Ostküste den Aufbau eines eigenen Emissionshandels erwägen, der sich auf Basis des Kyoto-Abkommens mit jenem Europas oder der restlichen Welt verknüpfen ließe.
Unterhalb der Staatenebene gibt es ebenfalls Fortschritte, denn einige Regionen wie Schottland, Québec, Südaustralien oder Kalifornien schlossen sich zu freiwilligen Bündnissen zusammen, um zumindest auf lokaler und regionaler Ebene intensiver gegen Treibhausgase vorzugehen. Koordiniert werden die bislang 15 Partner von The Climate Group, einer unabhängigen britischen Organisation, die den Austausch von klimarelevanten Erfahrungen und Maßnahmen zwischen Regierungen, Wirtschaft und Umweltverbänden fördern möchte. "Oft haben die Regierungen dieser Bundesstaaten großen gesetzlichen Einfluss auf die Reduzierung von Emissionen, doch sind sie nicht in Verhandlungen auf internationaler Ebene eingebunden", so Sprecher Steve Howard zur BBC. Kalifornien habe beispielsweise schon entsprechend strenge Regelungen erlassen – wider der offiziellen Politik in Washington und damit immerhin ein kleiner Fortschritt.
Dieser rasante Anstieg der Werte und die alltäglichen Zeichen der Erderwärmung schrecken Wissenschaftler, Umweltschützer und zunehmend auch Politiker gleichermaßen. Erstere mahnen Maßnahmen an, die Letztere bisweilen aufgreifen und mitunter verabschieden, häufiger aber noch vor sich herschieben oder gar völlig verneinen. Auf der aktiven Seite des Spektrums stehen viele Staaten der Europäischen Union, die sich dem Kyoto-Protokoll zur Eindämmung von Emissionen verpflichtet fühlen und in Einzelfällen wie Großbritannien oder Deutschland schon erste Sparerfolge verzeichnen. Eine völlig gegensätzliche Position nehmen die Vereinigten Staaten – zumindest ihre Bundesregierung in Washington – oder Australien ein, die nichts vermeintlich Wirtschaftsschädigendes tun wollen und lieber auf technische Lösungen zur Entsorgung von Kohlendioxid setzen. Dazwischen tummeln sich alle anderen, darunter Emissionsgrößen wie China oder Winzlinge à la Tuvalu, Kiribati und Somalia, deren Ausstoß fast nicht messbar ist. Sie fühlen sich zum einen von den Folgen des Klimawandels bedroht, fürchten aber auch um ihr Wirtschaftswachstum.
Kyoto II steht in den Sternen
Sie alle unter einen Hut zu bekommen, ist – gelinde gesagt – sehr schwierig. Und doch war dies das Ziel des diesjährigen Weltklimagipfels in Nairobi, der nominell diesen Freitag zu Ende ging. Bis in die Nacht tagten Ausschüsse und Minister; wie so häufig wird kurz vor Schluss die Uhr angehalten, um innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens ein Ergebnis zu erhalten. Oberste Priorität der Verhandlungsrunde hatte die Suche nach einer Anschlussvereinbarung zum Kyoto-Protokoll, das 2012 ausläuft, sowie die Einbindung der wirtschaftlich aufstrebenden Schwellenländer, deren Anteil am globalen CO2-Ausstoß überproportional wächst. Konkrete Vorgaben wer wie viel bis wann eisnparen müsse, standen dagegen nicht zur Debatte.
Damit ein Post-Kyoto-Abkommen rechtzeitig 2013 in Kraft treten könnte, müssten bald die Verhandlungen dazu beginnen – spätestens im Jahr 2008. Dazu bräuchte es allerdings ein entsprechendes Mandat von der Völkergemeinschaft, wonach es nach zähen Diskussionsrunden bis Redaktionsschluss noch nicht aussah: Eine Vertagung scheint wahrscheinlich. Dabei drängt die Zeit, schließlich vergingen zwischen dem so genannten "Berliner Mandat" von 1995 zehn Jahre bis zum Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls. Umweltschützer hegen denn auch die Befürchtung, dass es ohne direktes Anschlussverfahren zu einem Zusammenbruch des europäischen Emissionsrechtehandels kommen könnte. Die Reduktionsziele der Europäischen Union wären dann nur noch sehr schwer einzuhalten. Deutschlands Emissäre schlugen deshalb als Kompromiss vor, mit den Gesprächen im kommenden Jahr zu beginnen und sie bis 2009 abzuschließen.
Widerstände gibt es – außer von den Vereinigten Staaten und Australien – diesmal vor allem von vielen Entwicklungsländern. Sie sehen in eventuellen Reduktionsvorgaben einen Hemmschuh für ihr Wirtschaftswachstum und scheuen folglich, zukünftig einen stärkeren Beitrag zur Eindämmung der CO2-Emissionen leisten zu müssen. Stattdessen plädieren sie allenfalls für kleinere Schritte und eine minimale Überarbeitung der bisherigen Standards. Russland drängt zudem darauf, dass Klimaschutzmaßnahmen auf freiwilliger Basis vollzogen werden und Staaten auch nur Teilen eines Kyoto-II-Abkommens beitreten können. Beides würde den Vertrag schwächen.
Eher kleine Fortschritte
Die Europäer und ihre Verbündeten beharren dagegen auf umfassenderen Einsparvolumina und einer breiteren Staatengruppe, die diesem Ziel verpflichtet ist. Unter anderem im Mittelpunkt ihrer Bemühungen steht ein verstärkter Technologie- und Geldtransfer in ärmere Staaten, um diesen eine "saubere" Entwicklung zu ermöglichen. Gleichzeitig könnten damit die Industrien im Norden einen Teil ihrer Minderungsvorgaben erfüllen. Projekte, die nicht weniger Kohlendioxid-Ausstoß zum Ziel haben, sondern dessen zeitweilige oder dauerhafte Einlagerung in wie auch immer gearteten Speichern, dürfen mit diesen Geldern jedoch nach der neuesten Vereinbarung nicht gefördert werden – die angewendeten Methoden gelten vielen als noch nicht ausgereift.
Ein weiterer kleinerer Erfolg ist der so genannten Anpassungsfonds. Er soll Entwicklungsländern helfen, auftretende Schäden durch den Klimawandel rascher zu beheben oder sich an die Veränderungen anzupassen. Der Geldtopf speist sich unter anderem aus Abgaben des Emissionshandels und soll bis 2012 etwa 300 Millionen Dollar beinhalten. Angesichts der jüngst in einem Gutachten für die britische Regierung postulierten mehreren Billionen Dollar hohen, klimabedingten Verlusten dürfte dies allerdings eher ein symbolischer Betrag sein, was Bundesumweltminister Sigmar Gabriel anscheinend ähnlich sieht: "Meine Sorge ist, dass wir eine Illusion aufbauen über die Mittel, die in diesem Topf stecken", sagte der Politiker gegenüber der Süddeutschen Zeitung.
Am Rande der Konferenz offenbarte die irische EU-Abgeordnete Avril Doyle auch Pläne der Europäer, nach denen Importe aus bestimmten Ländern mit einer Art Klima-Zoll belegt werden könnten, um Wettbewerbsverzerrungen für europäische Unternehmer zu entschärfen. Dies beträfe Staaten, die das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert haben und damit keinen diesbezüglichen internationalen Verpflichtungen unterliegen. Der Aufschlag zielt vor allem auf die Vereinigten Staaten sowie Australien ab. Wie Spiegel-Online unter Berufung auf Doyle weiter meldete, gibt es innerhalb der EU Überlegungen, wenigstens einzelne US-Bundesstaaten ins Kyoto-Protokoll eintreten zu lassen. Schließlich würden Kalifornien unhd verschiedene Bundesstaaten an der Ostküste den Aufbau eines eigenen Emissionshandels erwägen, der sich auf Basis des Kyoto-Abkommens mit jenem Europas oder der restlichen Welt verknüpfen ließe.
Unterhalb der Staatenebene gibt es ebenfalls Fortschritte, denn einige Regionen wie Schottland, Québec, Südaustralien oder Kalifornien schlossen sich zu freiwilligen Bündnissen zusammen, um zumindest auf lokaler und regionaler Ebene intensiver gegen Treibhausgase vorzugehen. Koordiniert werden die bislang 15 Partner von The Climate Group, einer unabhängigen britischen Organisation, die den Austausch von klimarelevanten Erfahrungen und Maßnahmen zwischen Regierungen, Wirtschaft und Umweltverbänden fördern möchte. "Oft haben die Regierungen dieser Bundesstaaten großen gesetzlichen Einfluss auf die Reduzierung von Emissionen, doch sind sie nicht in Verhandlungen auf internationaler Ebene eingebunden", so Sprecher Steve Howard zur BBC. Kalifornien habe beispielsweise schon entsprechend strenge Regelungen erlassen – wider der offiziellen Politik in Washington und damit immerhin ein kleiner Fortschritt.
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