Kleine Vögel wie Meisen haben es im Winter schwer: Wenn sie sich tagsüber nicht genug Energiereserven anfressen, drohen sie in der Nacht zu erfrieren. Andererseits sind sie mit vollem Bauch weniger wendig und werden zu einem leichten Opfer für Fressfeinde. Damien Farine von der University of Oxford hat nun einen Hinweis gefunden, wie Kohlmeise und Co dieses Problem lösen: Sie suchen zwar schon morgens nach geeigneten Futterstellen, schlagen sich aber erst nachmittags, kurz vor Sonnenuntergang, den Bauch voll. So können sie sichergehen, dass sie ausreichend Futter finden, um zu überleben, sind aber tagsüber beweglich genug, um Beutegreifern zu entkommen.

Schon länger war bekannt, dass kleine Vögel in der Lage sind, ihr Körpergewicht zu steuern, indem sie die Nahrungsaufnahme im Tagesverlauf steigern und sich erst kurz vor Sonnenuntergang richtig satt fressen. Farine konnte nun zeigen, dass sie dennoch schon morgens verstärkt auf Futtersuche gehen, statt sich nachmittags auf ihr Glück zu verlassen. Dazu wertete er Daten von rund 2000 Kohl-, Blau-, Sumpf- und Tannenmeisen sowie Kleibern aus. Die Vögel waren zuvor mit kleinen Sendern markiert worden. Über mehrere Wochen hinweg hatten die Forscher morgens und nachmittags an unterschiedlichen Orten Futterplätze eingerichtet, die jeweils registrierten, wenn ein Vogel mit einem Sender die Futterstelle aufsuchte.

Es zeigte sich, dass die Vögel morgens signifikant mehr neue Nahrungsquellen entdeckten als nachmittags. Von 18 Futterstellen, die nachmittags aufgestellt wurden, fanden sie nur acht, morgens hingegen 14 von 18. Kurz vor Sonnenuntergang kamen sie dagegen bevorzugt an bekannte Futterplätze. Offenbar erkunden die Vögel also morgens, wo Körner oder Früchte zur Verfügung stehen, und kehren nachmittags zu den Erfolg versprechenden Stellen zurück. Wer also den Vögeln im eigenen Garten etwas Gutes tun möchte, sollte möglichst früh dran sein, damit die geflügelten Wintergäste das Futter bald entdecken.