Direkt zum Inhalt

News: Der Frühling kommt früher, der Herbst geht später

Der Frühling kommt in Europa neuerdings früher. Für die Tier- und Pflanzenwelt setzt er eindeutig sechs Tage eher ein als noch vor ungefähr dreißig Jahren. Und auch der Herbst verweilt fünf Tage länger als damals. Seit den sechziger Jahren hat sich die durchschnittliche Wachstumsperiode um 10,8 Tage verlängert.
Zu diesem Ergebnis kamen Annette Menzel und Peter Fabian von der Universität München bei der Auswertung von Beobachtungsdaten der letzten 30 Jahren. Die Verschiebungen sind ihrer Ansicht nach Folge der veränderten Lufttemperaturen (Nature vom 25. Februar 1999).

Die jahreszeitlichen Phasen von Organismen werden beeinflußt durch Temperatur, Licht, Boden, die Wasserversorgung sowie durch genetische Anlagen. Für die Ökologen und Klimatologen sind diese Abläufe nützlich, da sie Veränderungen in der Biosphäre (der Gesamtheit aller Lebensgemeinschaften und Ökosysteme) anzeigen.

Menzel und Fabian nutzten Daten der Internationale Phänologische Gärten Europas (IPG), einem europaweiten Netzwerk von Gebieten, die mit genetisch identischen Bäumen und Sträuchern bepflanzt worden sind, um jahreszeitliche Erscheinungen studieren zu können. Wie die Wissenschaftler entdeckten, entfalten heutzutage (genau wie es Satellitendaten und die veränderten Mengen an Kohlendioxid in der Atmosphäre seit einiger Zeit andeuteten) die Blätter ihre Pracht früher, und auch die Blüten erscheinen oder öffnen sich eher. Außerdem fallen die Blätter heutzutage später von den Bäumen, verglichen mit den ersten Aufzeichnungen aus dem Jahre 1959.

Da sich nur einige wenige der IPG in Stadtgebieten befinden, ist es sehr unwahrscheinlich, daß diese Daten durch die "urbanen Wärmeinseln" beeinflußt worden sind. Die Autoren vertreten zudem die Ansicht, daß die Trends "nicht auf ein höheres Alter der Bäume zurückzuführen sind, denn dann müßte der Frühling später einsetzen."

Statt dessen demonstrieren die Forscher durch Modellrechnungen, daß die vorgezogene Blüte zu siebzig Prozent durch veränderte Tagestemperaturen erklärt werden kann. Jedes Grad, um das die Luft wärmer wird, läßt den Frühling sechs Tage früher beginnen. Dies legt den Schluß nahe, den Grund für die Verschiebung der Jahreszeiten in der globalen Erwärmung zu sehen.

Nach Menzel und Fabian sollte die verlängerte Wachstumsperiode berücksichtigt werden, wenn nach Ursachen für die vermehrte Bildung von Biomasse gesucht wird. Bislang galten als Gründe für das beschleunigte Wachstum von Bäumen in Europa vor allem die erhöhte Stickstoffzufuhr und die gestiegene Kohlendioxidkonzentration. Den Frühling hatte noch niemand in Verdacht.

  • Quellen

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.