Neurobiologie: Der Geruch des Immunsystems
Um miteinander zu kommunizieren, setzen Säugetiere kleine, flüchtige oder wasserlösliche Moleküle als chemische Signale frei. Auch bestimmte Proteine des Immunsystems im Urin fungieren offenbar als Informationsträger – zumindest bei Mäusen.
An der Basis der Nasenscheidewand besitzen die meisten Säugetiere ein spezielles Organ des Geruchsapparates, dessen Name wie ein Zungenbrecher klingt: das Vomeronasalorgan (VNO). Eine wichtige Rolle spielt es bei der chemischen Kommunikation, denn die dort ansässigen Nervenzellen reagieren auf Pheromone und andere Botenstoffe, die Informationen über das Geschlecht, den sexuellen und sozialen Status und die Individualität von Artgenossen preisgeben. Doch bislang erwies es sich als schwierig, die molekulare Natur dieser chemischen Signale zu enthüllen. Es gelang zwar, einige kleine, aus Urin abgeleitete flüchtige Verbindungen zu identifizieren, die Neuronen in der oberflächlichen – der apikalen – Zone des VNO-Epithels aktivieren. Reize für Nervenzellen in der tiefen – der basalen – Zone konnten Forscher indes noch nicht aufspüren.
Um ihre Vermutung zu überprüfen, testeten die Wissenschaftler an intakten Vomeronasalorgan-Präparaten von Mäusen, ob bekannte Liganden der MHC-Klasse-I-Moleküle Antworten der Neuronen hervorrufen. Und tatsächlich: Die beiden eingesetzten Peptide lösten abhängig von ihrer Konzentration unterschiedlich starke Reaktionen aus. Kontrollpeptide, die statt der charakteristischen Reste der MHC-Klasse-I-Liganden Alanin-Moleküle aufwiesen, vermochten die Nervenzellen hingegen nicht zu reizen. Folglich könnten für deren Aktivierung bestimmte strukturelle Eigenschaften von Peptiden zwingend notwendig sein.
Im nächsten Schritt untersuchten die Forscher die ablaufenden Prozesse im VNO optisch: Dazu statteten sie die Neuronen mit einem Ca2+-Indikator-Farbstoff aus, denn jene Zellen lassen als Reaktion auf eine chemische Stimulation die interne Ca2+-Konzentration in die Höhe schnellen. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass strukturell unterschiedliche MHC-Klasse-I-Peptide aus Mäuseurin jeweils bei individuellen Untergruppen der Nervenzellen eine spezifische Antwort auslösen. Und die erregten Neuronen befanden sich größtenteils in der basalen Hälfte des Epithels, also tief innerhalb des Vomeronasalorgans.
"Unsere Experimente identifizierten eine unerwartete Rolle für MHC-Klasse-I-Peptide als chemosensorische Reize", betonen die Forscher. Da diese Proteine bei jedem Individuum einzigartig sind, könnten die Tiere anhand dieses persönlichen "Fingerabdrucks" womöglich sogar einzelne Artgenossen erkennen. Zudem gewähren jene Peptide im Urin oder anderen Körperflüssigkeiten einen flüchtigen "Blick" auf das Immunsystem des Lebewesens – und liefern somit Informationen, die bei der Partnerwahl, der Embryonen-Einnistung oder dem Vermeiden von Inzucht wichtig sein könnten.
Auch Menschen besitzen ein Vomeronasalorgan, allerdings scheint es nicht mehr zu funktionieren. Ob ähnliche Immunsystem-Moleküle in ihrem Schweiß oder Speichel auftreten und welche Funktionen sie erfüllen, gilt es noch herauszufinden.
Als exzellente Kandidaten erschienen Trese Leinders-Zufall von der University von Maryland und ihren Kollegen Peptidliganden der so genannten MHC-Klasse-I-Moleküle. Hinter "MHC" verbirgt sich der ebenfalls zungenbrecherische Begriff Haupthistokompatibilitätskomplex. Er benennt eine Genfamilie, deren Produkte im Rahmen einer Immunantwort Bruchstücke eines Fremdproteins – des Antigens – einfangen und benachbarten T-Zellen präsentieren. Da die einzelnen MHC-Moleküle je nach ihrer Architektur unterschiedliche Peptide binden, liefern sie eine einzigartige molekulare Signatur für jedes Individuum. Verharren die Peptid-MHC-Komplexe nicht an der Zelloberfläche, sondern erscheinen im Urin oder anderen Körpersekreten, so könnten sie Artgenossen vielleicht Hinweise über das eigene Immunsystem liefern.
Um ihre Vermutung zu überprüfen, testeten die Wissenschaftler an intakten Vomeronasalorgan-Präparaten von Mäusen, ob bekannte Liganden der MHC-Klasse-I-Moleküle Antworten der Neuronen hervorrufen. Und tatsächlich: Die beiden eingesetzten Peptide lösten abhängig von ihrer Konzentration unterschiedlich starke Reaktionen aus. Kontrollpeptide, die statt der charakteristischen Reste der MHC-Klasse-I-Liganden Alanin-Moleküle aufwiesen, vermochten die Nervenzellen hingegen nicht zu reizen. Folglich könnten für deren Aktivierung bestimmte strukturelle Eigenschaften von Peptiden zwingend notwendig sein.
Im nächsten Schritt untersuchten die Forscher die ablaufenden Prozesse im VNO optisch: Dazu statteten sie die Neuronen mit einem Ca2+-Indikator-Farbstoff aus, denn jene Zellen lassen als Reaktion auf eine chemische Stimulation die interne Ca2+-Konzentration in die Höhe schnellen. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass strukturell unterschiedliche MHC-Klasse-I-Peptide aus Mäuseurin jeweils bei individuellen Untergruppen der Nervenzellen eine spezifische Antwort auslösen. Und die erregten Neuronen befanden sich größtenteils in der basalen Hälfte des Epithels, also tief innerhalb des Vomeronasalorgans.
"Unsere Experimente identifizierten eine unerwartete Rolle für MHC-Klasse-I-Peptide als chemosensorische Reize", betonen die Forscher. Da diese Proteine bei jedem Individuum einzigartig sind, könnten die Tiere anhand dieses persönlichen "Fingerabdrucks" womöglich sogar einzelne Artgenossen erkennen. Zudem gewähren jene Peptide im Urin oder anderen Körperflüssigkeiten einen flüchtigen "Blick" auf das Immunsystem des Lebewesens – und liefern somit Informationen, die bei der Partnerwahl, der Embryonen-Einnistung oder dem Vermeiden von Inzucht wichtig sein könnten.
Auch Menschen besitzen ein Vomeronasalorgan, allerdings scheint es nicht mehr zu funktionieren. Ob ähnliche Immunsystem-Moleküle in ihrem Schweiß oder Speichel auftreten und welche Funktionen sie erfüllen, gilt es noch herauszufinden.
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